China Market Insider China stampft neuen Petrochemie-Vorzeigestandort aus dem Boden
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„Gulei“, bis vor kurzem eher ein unbekannt Fleck auf Google Maps, macht sich in der internationalen petrochemischen Industrie zunehmend einen Namen. Der Standort an der chinesischen Küste, gegenüber der Insel Taiwan gelegen und mit einem Tiefseehafen und politischer Förderung aus Peking gesegnet, zieht ein Mitglied der „Fortune 500“ nach dem anderen an.

Peking/China – Ende August hat der saudi-arabische Chemiekonzern Sabic ein neues Joint-Venture für den Betrieb eines großen Verbundstandortes in Gulei unterzeichnet, berichtet PROCESS (China). Gemeinsam mit der „Fujian Petroleum and Chemical Group“ investieren die Araber in einen Ethylen-Steamcracker mit einer Jahreskapazität von 1,5 Millionen Tonnen und eine ganze Reihe nachgeordneter Anlagen.
Unter anderem sind in dem 40 Milliarden Yuan (rund 5,2 Mrd. Euro) teuren Verbund eine Ethlyen-Glykol-Anlage, zwei für Polyethylen, zwei für Polypropylen und eine für Polycarbonat geplant. Der offizielle Name für den neuen Chemie-Verbund lautet „China-Saudi-Arabia Gulei Ethylene Project“.
Damit nimmt ein Plan Gestalt an, den die Pekinger Zentralplaner schon 2014 entwickelt hatten. Die „Gulei Petrochemical Base“ soll zu einem von insgesamt sieben großen Standorten der petrochemischen Industrie in der Volksrepublik ausgebaut werden. In der Nähe der Fünf-Millionen-Stadt Zhangzhou ganz im Süden der Küstenprovinz Fujian entsteht so ein neuer Hotspot der globalen Petrochemie.
Taiwan wir umgarnt
Einer der größten Vorteile des Standortes ist neben seinem Tiefseehafen auch die Nähe zur Meerenge von Taiwan, durch die rund 80 Prozent aller chinesischen Rohöl-Importe verschifft werden. Die geografische Lage bringt es auch mit sich, dass Gulei ein Hotspot der wirtschaftlichen Umarmungs-Strategie Pekings in Richtung Taipeh ist. Neben internationalen Chemiegrößen wie Sabic werden gezielt Gemeinschaftsunternehmen mit taiwanesischen Investoren angelockt.
Ein Beispiel dafür ist ein neues Schlüsselprojekt des chinesischen Chemieriesen Sinopec. Die „China Petroleum and Chemical Corporation“ hat am 17. August dieses Jahres die erste Phase ihres neuen Gulei-Raffinerie-Projektes begonnen, berichtet PROCESS in Peking. Hier handelt es sich um ein Gemeinschaftsunternehmen mit der „Taiwan Xuteng Investment Corporation“. Beide Seiten halten jeweils genau die Hälfte der Anteile.
Umgerechnet 5,22 Milliarden Euro investieren beide Partner in einen Ethylen-Cracker für 800.000 Jahrestonnen und insgesamt sieben nachgeordnete Chemiefabriken, die 18 verschiedene Produkte herstellen werden, darunter Polypropylen, Ethylen-Glykol und Styrene. Man wolle damit „hochwertige Rohmaterialien für Industrien wie Plastik, Gummi, Textilien, Elektronik und die Instrumenten-Herstellung bereitstellen,“ heißt es bei Sinopec.
Die „Integration beider Seiten der Meeresenge von Taiwan“ sei wieder einen Schritt weitergekommen, jubelten chinesische Medien. Dies ist ein seit Jahrzehnten benutzter Jargon, der die wirtschaftliche Kooperation mit Taiwan beschreibt, die aus Sicht der politischen Führung in Peking eine „abtrünnige Insel“ ist, mit der man aber trotzdem sehr gute Geschäfte machen kann. Gulei spielt in dieser Strategie nun eine zentrale Rolle.
Internationalisierung des „Goldenen Gebiets“
Zwei weitere internationale Großkonzerne aus der petrochemischen Industrie haben sich schon in Gulei angesiedelt – Linde Gas und Royal Vopak. Linde, das in Deutschland groß geworden ist, mittlerweile nach einer Fusion mit der amerikanischen Firma Praxair ein internationaler Multi mit Firmensitzen in Irland und England geworden ist, hat seinen Vertrag für einen neuen Standort in Gulei im Juli dieses Jahres unterschrieben. Royal Vopak aus den Niederlanden, der weltgrößte Dienstleister für Hafen-Tanks, folgte im selben Monat, berichtet die chinesische Chemiezeitung Zhongguo Huagong Bao.
„Die Chemiegiganten der Erde lassen sich einer nach dem anderen in Gulei nieder, was sich aus den einzigartigen Standortvorteilen Guleis erklärt,“ schreibt die Chemiezeitung. Gulei entwickele sich zu einem „goldenen Gebiet“ für die petrochemische Industrie, schreibt die Chemiezeitung.
* Henrik Bork, langjähriger China-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Rundschau, ist Managing Director bei Asia Waypoint, einer auf China spezialisierten Beratungsagentur mit Sitz in Peking. „China Market Insider“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Vogel Communications Group, Würzburg, und der Jigong Vogel Media Advertising in Beijing.
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