Biokatalyse Biokatalyse – eine nachhaltige und ressourcenschonende Chemie

Autor / Redakteur: Prof. Dr. Andreas Liese / Dipl.-Ing. (FH) Tobias Hüser

Die Biokatalyse verhilft der Chemie zur Nachhaltigkeit. Aber die Königsdisziplin ist die Kopplung von chemischen mit biologischen Schritten. Erst dann können Chemie und Biochemie Synergien nutzen und ihre volle Stärke ausspielen.

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Trend der Anwendung des biologischen Prinzips „Nutzung von Reaktionssequenzen“ (A. Bruggink, R. Schoevaart, T. Kieboom, Org. Process Res. Dev. 7 (2003) 622-640)
Trend der Anwendung des biologischen Prinzips „Nutzung von Reaktionssequenzen“ (A. Bruggink, R. Schoevaart, T. Kieboom, Org. Process Res. Dev. 7 (2003) 622-640)
(Bild: TU Hamburg-Harburg)

Ein Prinzip ist eine Gesetzmäßigkeit, die eine breite Anwendbarkeit besitzt und zudem von einer Vielzahl von Personen über einen langen Zeitraum getestet wurde. Biologische Prinzipien sind solche, welche von der Natur entwickelt wurden und seit tausenden von Jahren eingesetzt werden. Im Laufe der Zeit wurden sie durch die Evolution immer weiter optimiert. Einige solcher Prinzipien sind:

  • Lebende Systeme gehorchen physikalischen und chemischen Gesetzmäßigkeiten.
  • Alle Organismen speichern und übertragen Energie.
  • Alle Organismen sind an ihre Umgebung angepasst.
  • Evolution ist irreversibel.
  • Wachstum ist ein grundlegendes Charakteristikum von Leben.
  • Energiefixierung in Pflanzen basiert auf Photosynthese.

Die Übertragung von biologischen Prinzipien und Konzepten in technische Anwendungen führt häufig zu erstaunlich erfolgreichen Ergebnissen. Selbst wenn die Übertragung im ersten Sinne nicht wirklich ge-plant war, so weist die Lösung zu einem vergleichbaren Problem oft eine hohe Ähnlichkeit auf. Ein Beispiel ist die Entwicklung von hoch spezialisierten Werkzeugen für das Bohren von harten Materialien. Der von Ingenieuren entwickelte Holzbohrer, der Löcher in harte Materialien bohrt, nutzt das gleiche Prinzip, das die aus Nordamerika stammende gelbköpfige Wespe (Ichneumonidae) mit ihrem Stachel, der aus Chitin besteht, anwendet.

Auch Leonardo da Vinci (1452-1519) nutzte die Natur als Quelle der Inspiration. Basierend auf seinen Beobachtungen wie Vögel fliegen, plante er die ersten Maschinen, die es dem Menschen ermöglichen sollten zu fliegen. Beide Beispiele zeigen, dass von der Natur inspiriertes Design und Entwicklung Lösungen zu technischen Fragestellungen aufzeigt. Aber welche Prinzipien aus der Natur können in die chemische Synthese übertragen werden?

Chemische Synthese in der Natur

Chemische Synthese wird in der Natur seit Bestehen der Welt durchgeführt. Und so formuliert G. v. Kiedrowski: „...mimicry of biological functions and processes means learning chemistry from biology with chemical means“ (ChemBioChem 2 (2001) 597-598).

Betrachten wir die Syntheseleistung des Menschen an ATP (Adenosintriphosphat), dem Energieträger im Menschen, mit dem wir in unserem Körper die chemische, osmotische und mechanische Arbeit bezahlen, so ist diese mehr als beachtlich.

Ein nicht trainierter Mensch hat im Durchschnitt eine Syntheseleistung an ATP von etwa der Hälfte seines Körpergewichtes, d.h. bei 70 kg Körpergewicht, von 35 kg ATP pro Tag. Leistungssportler erzielen sogar ein Vielfaches des eigenen Körpergewichtes, bis zu 200 kg. Wir brechen unter dieser Last aber nicht zusammen, was daran liegt, dass die Stationärkonzentration gerade mal bei rund 150 g in unserem Körper liegt.

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