Anlagentechnik Analyse von Detonationen in Rohrleitungen

Redakteur: Gabriele Ilg

Im Rahmen eines Forschungsvorhabens analysieren Wissenschaftler der Materialprüfungsanstalt der Universität Stuttgart (MPA) Detonationen in Rohrleitungen.

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Bei Siedewasserreaktoren und in chemischen Anlagen ist es theoretisch möglich, dass sich in Rohrleitungen ein Wasserstoff/Sauerstoff-Gemisch (Knallgas) bildet, das sich entzünden und zur Detonation im Rohr führen könnte. Um das Verhalten von Rohrleitungen besser voraussagen zu können, führen die Wissenschaftler der MPA deshalb experimentelle und numerische Untersuchungen zum Rohrleitungsverhalten durch. Hierzu simulieren sie Situationen, bei denen sich das Knallgas entzündet. Als Versuchsmaterial verwenden die Forscher dünnwandige Geradrohre mit einer Weite von 100 Millimetern mit und ohne eingeschweißte Rohrkrümmer und bringen das Knallgas im stöchiometrischen Verhältnis von rund 66 Volumenprozent Wasserstoff und 34 Volumenprozent Sauerstoff mit einem Fülldruck von 70 bar in die Rohre ein.

Bei den Versuchen wird zusätzlich Stickstoff in Anteilen zwischen null und 60 Prozent eingesetzt, sodass nach gezielter Zündung unterschiedlich starke Gasreaktionen realisiert werden. Je niedriger der Stickstoffanteil, desto mehr Energie wird freigesetzt. Hierbei entstehen Druckspitzen von bis zu 1500 bar, die sich mit Überschallgeschwindigkeit von rund 3000 Metern pro Sekunde im Rohr ausbreiten. Zu derartigen hochdynamischen Rohrleitungsbelastungen gibt es bislang noch kaum Versuchsergebnisse.

Im Gegensatz zu den weitläufig angewandten quasistatischen Berstversuchen können bei diesen hochdynamischen Beanspruchungen Mehrfachlängsriss- und -bruchbildungen bis hin zu Splitterbrüchen auftreten. Die Versuche werden im 32 Meter tiefen Prüfschacht der MPA durchgeführt und mithilfe von Messtechnik aufgezeichnet. Eine High-Speed-Kamera filmt zudem die Abläufe mit bis zu 100 000 Bildern pro Sekunde.

Die Versuche nutzen die Wissenschaftler nicht nur für die experimentelle Analyse des Rohrleitungsverhaltens. Die Ergebnisse dienen auch der Verifikation von numerischen Berechnungen zur Beschreibung des Materialverhaltens bei derartig hochdynamischen Beanspruchungen und fließen in die Entwicklung von Werkstoffgesetzen mit ein.

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