Leit- und Sicherheitssysteme für die Wasserstofftechnik Wasserstoff – aber sicher
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Wie kann die Automatisierungstechnik dazu beitragen, den Übergang zu einer Wirtschaft mit sauberen Brennstoffen zu beschleunigen? Der Beitrag zeigt die entscheidenden Schritte für eine sicherere Produktion von grünem Wasserstoff.

Die Herstellung von grünem Wasserstoff steckt immer noch in den Kinderschuhen, d. h. dass die Industrie immer noch lernt und weiterentwickelt, wodurch kurzfristig ein größeres Sicherheitsrisiko entsteht. So birgt Wasserstoff – wie alle Brennstoffe – ein entsprechendes Gefahrenpotenzial. Er ist leicht entflammbar, auch wenn sich nur geringe Mengen mit Luft vermischen – eine Entzündung ist bei einem Luft-Wasserstoff-Verhältnis von nur vier Prozent möglich. Daher ist es wichtig, Situationen zu verhindern, in denen Luft und Wasserstoff zusammenkommen und die Gefahr einer Entzündung durch einen Funken oder Wärme besteht. Die sichere Produktion, Handhabung und Verwendung erfordern geeignete Kontroll- und Sicherheitssysteme sowie die Aufstellung von Richtlinien.
Während des Elektrolyseprozesses sind eine hochgenaue Messung und Kontrolle erforderlich, um einen ausreichend sicheren Wasserdurchfluss mit hohem Druck sicherzustellen, wodurch Temperaturen verhindert werden, bei denen sich Wasserstoffgas entzünden kann. Zudem muss die Unversehrtheit der Membranen von Elektrolyseuren überwacht werden, um Flammen zu vermeiden, die Vermischung von Sauerstoff und Wasserstoff präzise zu erkennen und vor Wasserdampf im System zu schützen. Schließlich müssen die Leitfähigkeit des Wassers, das den Elektrolyse-Stacks zugeführt wird, streng kontrolliert und die Füllstände in Abscheidern gemessen werden, um Überfüllungen und eine Kontamination des Wassersystems durch den Sauerstoff zu vermeiden.
Leit- und Sicherheitssysteme
Prozesssicherheit ist für Anlagen zur Herstellung von grünem Wasserstoff durchaus erreichbar, Hersteller müssen jedoch bewährte Verfahren und internationale Sicherheitsstandards sorgfältig einhalten. Die Normen der International Electrotechnical Commission IEC 61508 und IEC 61511 definieren Anforderungen an die Prozesssicherheit und enthalten Verfahren für die Anwendung, Auslegung, Nutzung und Pflege automatisierter sicherheitsgerichteter Systeme. Die Gewährleistung der anlagenweiten Sicherheit neuer grüner Produktionsanlagen kann eine Herausforderung darstellen. Kritische Anlagen wie Elektrolyseure, Kompressoren sowie Brand- und Gassicherheitsinfrastruktur werden oft von verschiedenen Herstellern geliefert. Auch wenn jede Anlagenkomponente ein gewisses Maß an Maschinensicherheitsfunktionen aufweisen kann, haben OEMs oft nur wenig Einblick in bzw. Verständnis für die anlagenweite Prozesssicherheit. Im Allgemeinen können Anlagenbetreiber die Verantwortung für die anlagenweite Prozesssicherheit nicht an OEMs abgeben.
In großen Produktionsanlagen ist es gängige Praxis, alle Prozesssicherheitsfunktionen in der Anlage zu zentralisieren und mit einem integrierten Leit- und Sicherheitssystem (ICSS) zu verwalten. Diese Systeme werden bereits in 100-Megawatt-Anlagen eingesetzt sowie vermehrt in Anlagen mit 20 MW und mehr übernommen. Anlagenweite ICSS fungieren als Gehirn für Elektrolyseanlagen und tragen zur Vereinfachung des Betriebs und Steigerung der Produktionseffizienz bei, während sie die Anlagen gleichzeitig zuverlässig schützen. ICSS erlauben den Betrieb mehrerer großer, miteinander verbundener Elektrolyseure. In Kombination mit erweiterter Instrumentierung einschließlich Druck-, Temperatur- und Wasserleitfähigkeitssensoren, Durchflussmessgeräten, Aktoren und Gaserkennungsensoren kann die ICSS-Software die Leistung und den Zustand der Anlage kontinuierlich überwachen. Kommt es zu einem Problem, ist das Sicherheitssystem in der Lage, den Betrieb in einen sicheren Zustand zu versetzen.
Eine stabile Prozessregelung ist entscheidend. Eine gut geregelte Anlage, die möglicherweise sogar autonom sein kann, ist immer sicherer als eine Anlage mit vielen Prozessschwankungen und mit Regelkreisen im manuellen Zustand, die ein Eingreifen des Bedienpersonals erfordern. Die Herausforderung bei der Elektrolyse wird noch größer, wenn die Energie direkt aus erneuerbaren Energien wie Windkraftanlagen kommt. Eine schwankende Energieversorgung kann die Prozessstabilität beeinflussen, das ICSS muss die Anlage jedoch weiterhin effizient und sicher betreiben.
Das Projekt Po-S-Hydon in der Nordsee soll beispielsweise die Realisierbarkeit der Offshore-Produktion von grünem Wasserstoff belegen. Das ICCS von Emerson verwaltet die Elektrolyseeinheit, den Entsalzungsvorgang, die schwankende Energieversorgung und die Vermischung mit Erdgas für den Transport über die vorhandene Gas-Pipeline.
Die Technologie des digitalen Zwillings, die eine virtuelle Nachbildung der physikalischen Produktionsanlagen und Herstellungsprozesse auf Software-Basis einsetzt, stellt ein Instrument von unschätzbarem Wert für die Analyse verschiedener „Was-wäre-wenn“-Szenarien dar, wie z. B. die Verwendung verschiedener Gleichrichter oder Wasserreinigungssysteme, Ideen zur Verbesserung des Balance-of-Plant-Designs u. v. m. Mit einem digitalen Zwilling können auch optimierte Steuerungs- und Sicherheitsschemata validiert werden, einschließlich erweiterter Steuerungsmodelle sowie Start-/Stopp-Verfahren. Die Technologie des digitalen Zwillings kann sich auch im Bereich der Einhaltung von Vorschriften und der Validierung eines vorgeschlagenen Sicherheitskonzepts, bei dem die Elektrolyseanlage in vorhandene Industrieanlagen integriert werden soll, als äußerst wichtig herausstellen. Grundsätzlich ermöglicht sie die kostengünstige Einhaltung von Vorschriften und die Validierung des Prozessleitsystems sowie der Betriebsverfahren.
Überwachung von Temperatur und Durchfluss
Es ist extrem wichtig, den Wasserdurchfluss zum Elektrolyseur zu überwachen, da ein unzureichender Durchfluss ein Risiko für einen Temperaturanstieg darstellt, durch den sich das entflammbare Gas entzünden könnte. Normalerweise erfordert diese Anwendung mehrere Durchflussmessgeräte – eins für die Regelung und eins zur Unterstützung des Sicherheitsabschaltsystems. Eine weitere Herausforderung kann der für Messgeräte verfügbare Platz angesichts der kompakten Ausführung von kleinen Elektrolyseuren sein. Die neuesten Vortex-Durchflussmessgeräte liefern zwei unabhängige Durchflussmessungen in einem Messgerätegehäuse und erfordern nur sehr kurze gerade Messstrecken für präzise Messungen. Diese lösen das Problem des begrenzten Platzangebotes, während gleichzeitig der sichere Betrieb des Elektrolyseurs gewährleistet wird.
Überdies ist die genaue und zuverlässige Temperaturmessung wichtig. Schutzrohre liefern die nötige Genauigkeit für diese Anwendung, sie gestalten die Auslegung jedoch komplexer und erhöhen die Gefahr von Lecks. Idealerweise sind Temperaturmessungen nicht-intrusiv. Eine Option ist die Messung an der Rohroberfläche. Allerdings liefert diese generell nicht die nötige Genauigkeit und Zuverlässigkeit. Eine Lösung dieses Problems ist eine Technologie, die die Umgebungs- und die Rohroberflächentemperaturen misst und die Prozesstemperatur mit einem Wärmeleitfähigkeitsalgorithmus berechnet. Diese liefert eine extrem genaue, nicht-intrusive Temperaturmessung, die zudem sehr einfach umzusetzen ist.
Durchflussregelung
Eine präzise Durchflussregelung ist erforderlich, diese kann jedoch durch eine mangelhafte Leistung des Regelventils aufgrund einer falschen Bemessung oder Auswahl des Regelventils sowie Verschleiß beeinträchtigt werden. Eine regelmäßige Wartung sollte sowohl aus Kostengründen als auch aus Gründen der Sicherheit des Bedienpersonals verhindert werden. Alle Ventile und Aktoren müssen unter starken Vibrationen und hohen Drücken zuverlässig funktionieren und ohne Lecks betrieben werden können. Wie bei allen Prozessanwendungen ist die Auswahl des richtigen Ventils entscheidend, wobei Ventile ein hohes Stellverhältnis bieten, um eine genaue Durchflussregelung, die Abdeckung eines großen Druck- und Temperaturbereichs sowie einfach zu wartende Ausführungen zu gewährleisten. Anwendungsspezifische Hochdruckventile mit zweistufigen Stellantrieben und Block-and-Bleed-Ausführung (Absperrung und Entlüftung) sind nötig, um die strengen Absperranforderungen – insbesondere in Notfällen – einzuhalten. Eine anspruchsvolle Ventilpackungstechnologie mit gesenkgeschmiedetem, expandiertem Graphit, die bei ihrer Ausführung die höchstmögliche Emissionsklasse erreicht, sollte verwendet werden, um
Emissionsnormen zu erfüllen, Produktverluste zu minimieren und die Sicherheit zu erhöhen.
Der Druckschutz wird durch Druckentlastungsventile gewährleistet. Sind diese jedoch überdimensioniert, wird zu viel Produkt freigesetzt. Die Geräte müssen eine Sitzdichtheit aufweisen, die gefährliche Lecks verhindert. Die neuesten modulierenden Sicherheitsventile erlauben für einen größeren Systemdurchsatz den Betrieb bei einem Druck, der näher am Einstelldruck liegt, sorgen für proportionale Entlastungen zur Reduktion von Emissionen und bieten eine Sitzdichtheit bis 98 Prozent, um Lecks zu verhindern. Mit diesen Geräten sind Online-Druckprüfungen ganz einfach durchführbar, was Vertrauen erzeugt.
Wasserstoff-Sauerstoffabscheider
Die Überwachung des Füllstands in den Wasserstoff- und Sauerstoffabscheidern ist wichtig, um Überfüllungen und das Einschleppen von Wasserstoff- und Sauerstoffgas in das Wassersystem zu verhindern. Hierbei handelt es sich selbst für Radarmessgeräte mit geführter Mikrowelle um eine anspruchsvolle Anwendung, die im Allgemeinen extrem genaue und zuverlässige Messungen liefert. Der Einsatz eines Radarmessgerätes mit Probe-End-Projection-Technologie ermöglicht genaue Messungen von Medien mit sehr niedrigen Dielektrizitätskonstanten, wie sie in dieser Anwendung vorliegen. Zudem können Radarmessgeräte mit dynamischer Dampfkompensation Genauigkeitsfehler, die bei Dampf mit schwankenden Drücken und Temperaturen verbunden sind, beseitigen. Diese Funktionalität bietet Messsicherheit und gewährleistet einen sicheren und effizienten Betrieb mit optimiertem Durchsatz ohne das Risiko von Überfüllungen.
Neben größerer Prozesssichtbarkeit können nicht-intrusive Wireless-Sensoren die Wasserstoff-Sauerstoff-Mischung zuverlässig bestimmen, Lecks feststellen und mögliche Wartungsprobleme aufzeigen, bevor es zu Abschaltungen kommt. Ebenso können Wireless-Sensoren durch die frühzeitige Anzeige von Problemen mit der Wasserqualität vor dem Eintritt in die Elektrolyseure irreversible Schäden an der Hardware verhindern. Lösungen mit einem digitalen Zwilling ermöglichen es Technikern, neue Auslegungen mit Echtzeit-Dashboard-Prozessmodellen virtuell zu simulieren und zu testen, so dass Schwachstellen und Möglichkeiten für Effizienzsteigerungen besser verstanden werden können, ohne dass tatsächliche Auswirkungen auf die Produktion drohen.
Erkennung von Lecks
Materialversprödung in Wasserstoffprozessen erhöht die Leckage-Gefahr. Die frühe Feststellung der Freisetzung von Druckgas in die Atmosphäre ist daher wichtig. Wie bei Erdgas kann die Leckortung jedoch schwierig sein. Eine Option ist die Beimischung eines Geruchsstoffes, allerdings können Geruchsstoffe die Brennstoffzellen verunreinigen, so dass sich diese Methode nicht für alle Anwendungen eignet. Im Allgemeinen werden nur wenige Lecks mit herkömmlichen Lösungen wie der personengebundenen Überwachung oder fest eingebauten Gaserkennung festgestellt. Diese Systeme können zudem anfällig für Fehlalarme sein. Die Nutzung der Gasleckerkennung mit Ultraschall-, Punkt- und Open-Path-Gasdetektoren erhöht die Nachweiswahrscheinlichkeit und liefert sogar bei Außenanwendungen präzise Alarme.
Sollte sich eine Gasleckage entzünden, muss die Leckstelle schnell gefunden werden, und eine Abschaltung der Versorgung bis zu dieser Stelle ist entscheidend. Wasserstoff brennt mit einer Flamme, die für das bloße Auge nahezu unsichtbar ist, optische Flammensensoren hingegen erkennen die elektromagnetische Strahlung, die von den Flammen ausgeht. Die Flammen können mit UV-/IR-Flammendetektoren gesehen werden. Multi-IR-Detektoren wurden entwickelt, um Flammen in einer Entfernung von bis zu 90 m in Millisekunden erkennen zu können.
Fazit: Mit automatisierten Sicherheitsfunktionen und anlagenweiter Transparenz von Informationen zum Prozess und Maschinenzustand wird es die fortschrittliche Automatisierungstechnik ermöglichen, einen grünen Wasserstoffproduktionspark autonom und sicher von einem zentralen Kontroll-, Wartungs-, Diagnose- und Optimierungszentrum aus zu betreiben.
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