Wasserstoff-Erdgas-Gasgemisch Ultraschallwandler messen günstig die Gaskonzentration
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Künftig sollen vorhandene Erdgas-Pipelines grünen Wasserstoff transportieren. Um das Gasgemisch zu bestimmen, sind Gaschromatographen zu teuer. Günstiger geht es laut dem Fraunhofer IPMS mit kapazitiven mikromechanischen Ultraschallwandlern.

Wasserstoff als Energieträger ist ein essentieller Baustein für die Energiewende. Neben der Herstellung sind der Transport und die Verteilung wichtige Aspekte für grünen Wasserstoff. Für den Transport des Wasserstoffs sollen unter anderem vorhandene Erdgas-Pipelines verwendet werden. Bereits in wenigen Jahren wird Wasserstoff als Gemisch mit Erdgas in das deutsche Gasleitungsnetz eingespeist. Dann steht Wasserstoff für Industrie und private Haushalte zur Verfügung.
Damit Kunden vor Ort die Gasgemische sicher und effektiv nutzen können, ist eine genaue Kenntnis des Gasgemisches essentiell. Der Gehalt an Wasserstoff muss dabei in den verschiedenen Phasen des Verteilungsprozesses genauestens überwacht werden. Das Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS entwickelt dafür Sensorik, die den Wasserstoffanteil in Rohrleitungen und an potenziellen Leckstellen detektiert und überwacht. Zugleich erfolgt eine Volumendurchflussmessung. Dadurch kann ein Beitrag zur Energiewende weg von fossilen Brennstoffen hin zu klimafreundlicheren Energien geleistet werden.
Ultraschallsensoren messen Wasserstoff-Erdgas-Gemische
Für die Endnutzer hat das den Vorteil, mit der bereitgestellten Sensorik das Gasgemisch selbst überwachen zu können. So kann der Wasserstoffanteil festgestellt werden, welcher den Brennwert beeinflusst und zur Steuerung des Brenners benötigt wird. Im Sinne der Wirtschaftlichkeit wird dadurch Transparenz für die Endkunden geschaffen, da der Preis im direkten Zusammenhang mit dem Wasserstoffgehalt stehen sollte. Auch für die Industrie ist eine genaue und zeitnahe Abschätzung des Wasserstoffgehalts zu Kontrollzwecken wichtig, um die Konstanz industrieller Prozesse zu gewährleisten.
Die Charakterisierung gasförmiger Systeme, wie beim Wasserstoff im Erdgassystem, wird heute hauptsächlich mit Gaschromatographen realisiert. Gerade für kleinere Gassysteme beim Endnutzer (Heim und Industrie) ist das Verfahren allerdings zu teuer. Dort werden immer noch Balgengaszähler, Drehkolbenzähler oder Turbinenradzähler eingesetzt. Sollen in Zukunft jedoch Wasserstoff-Erdgas-Gemische verwendet werden, ist eine genaue Messmöglichkeit erforderlich, um die Eignung bestehender Heizungsanlagen bei den Endverbrauchern sicherzustellen.
Wasserstoffgehalt in einem binären Gemisch messen
Bestehende Anlagen sind bis zu einer Beimischung von 10 Volumenprozent Wasserstoff geeignet, darüber hinaus müssen die Anlagen angepasst werden. Das neuartige Messsystem des Fraunhofer IPMS basiert auf Ultraschallmessungen mit mikromechanischen Ultraschallelementen (Micromachined Ultrasonic Transducers – MUT), die eine preiswerte und unkomplizierte Messung von Gasanteilen ermöglicht.
Ultraschallsensoren können eine direkte, integrierte Messung des Wasserstoffgehaltes in einem binären Gemisch leisten. Das Messprinzip beruht auf der Laufzeitmessung eines Ultraschallsignals: Wenn sich die Zusammensetzung eines binären Gemisches verändert (wobei eine Komponente auch aus verschiedenen Gasen bestehen kann, solange die Einzelkonzentrationen nicht variieren), schwanken auch die Partialdrücke der Gasanteile und die Gesamtdichte des Gemisches.
Das wiederum führt zu einer Änderung der Schallgeschwindigkeit in diesem Medium. Die Übertragung von Ultraschallimpulsen und die Messung der Laufzeit ermöglicht eine Berechnung der zusammensetzungsabhängigen Schallgeschwindigkeit im Gasgemisch. Gleichzeitig werden Druck und Temperatur erfasst.
Kapazitive mikromechanische Ultraschallwandler
Durch die Aussendung von Ultraschallimpulsen entlang eines festen Weges ermöglicht die Messung der Signallaufzeit eine Berechnung der Schallgeschwindigkeit im Medium, die direkt mit der Wasserstoffkonzentration korreliert. Für Weglängen im Zentimeterbereich entspricht die erwartete Signallaufzeit einige Zehntel Millisekunden. Die Basis für die Messung bilden kapazitive mikromechanische Ultraschallwandler (sogenannte CMUTs). CMUTs sind in der Lage, durch Änderung des elektrischen Feldes zwischen einer festen und einer flexiblen Elektrode Druckwellen zu übertragen oder zu detektieren.
Im Sendemodus wird eine oszillierende Spannung zwischen den beiden Elektroden angelegt, wodurch die flexible Elektrode ein Luftvolumen periodisch verdrängt und so Ultraschallwellen generiert. Im Empfangsmodus verursachen die einfallenden Ultraschallwellen eine Schwingung der flexiblen Elektrode, die als druckabhängige Kapazität gemessen werden kann.
Kapazitive mikromechanische Ultraschallwandler
Ultraschallwandler senden und empfangen Ultraschallwellen und sind damit Sensoren und Aktoren gleichermaßen. Etabliert haben sie sich für die störungsarme Überwachung und Analyse statischer und dynamischer Prozesse in der industriellen Prüfung und der Automatisierungstechnik. Ein weiteres Einsatzgebiet für Ultraschallsensoren ist die medizinische Diagnostik.
Kapazitive mikromechanische Ultraschallwandler (CMUT) sind miniaturisierte Sensorstrukturen, deren elektrostatisches Wirkprinzip das Senden und die Detektion von Ultraschallwellen ermöglicht. Diese neue Generation von Ultraschallwandlern wird mit Verfahren der Halbleitertechnologie gefertigt und ermöglicht dadurch eine große Flexibilität im Sensordesign bei einer hohen Präzision und Reproduzierbarkeit im Fertigungsprozess für ein- und mehrkanalige Systeme.
Darüber hinaus enthalten der Herstellungsprozess sowie die CMUT-Elemente selbst keine toxischen Stoffe, wie beispielsweise Blei. Die kapazitiven Wandler des Fraunhofer IPMS sind daher RoHS konform.
Kapazitive mikromechanische Ultraschallwandler
Der am Fraunhofer IPMS erstellte Demonstrator zur Messung der Gaskonzentration umfasst zwei verschiedene CMUT-Implementierungen, die beide am Institut entwickelt wurden und für unterschiedliche Frequenzbänder geeignet sind. Der Out-of-plane CMUT (oder einfach nur CMUT) basiert auf einer Membran, die in vertikaler Richtung schwingen, also in Richtung der Wellenausbreitung. Die genutzten Frequenzen liegen im unteren MHz-Bereich, in dem die Membran resonant schwingt.
Der In-plane CMUT (lateraler CMUT oder L-CMUT) basiert auf Biegebalken aus Silizium, die seitlich schwingen, also senkrecht zur Wellenausbreitungsrichtung. Das erfordert akustische Kammern, durch die Luft auf die Vorder- und Rückseite des Chips geleitet werden kann. Die Resonanzfrequenz der Mikrobalken in aktuellen L-CMUTs liegen bei einigen zehn Kilohertz.
Die CMUT-Einheiten sind im Demonstrator in den beiden Betriebsarten senden und empfangen implementiert, während die L-CMUT-Einheiten nur als Sender betrieben werden und ein kommerzielles MEMS-Mikrofon als Empfänger verwenden. Um die Entwicklung voranzubringen, erfolgen parallel zur Evaluation des Messsystems Gespräche mit potentiellen Anwendern sowie ein Austausch mit dem Lausitzer Wasserstoffnetzwerk „DurcH2atmen“.
* Dr. Jörg Amelung ist Bereichsleiter Aktive Mikromechanische Systeme und stellvertretender Institutsleiter am Fraunhofer-Institut IPMS.
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