Baustein der Antibiotikaherstellung Synthetische Biologie ermöglicht umweltfreundliche Herstellung von D-Phenylglycin

Redakteur: MA Alexander Stark

Durch einen synthetischen Biologie-Ansatz ist Forschern gelungen, D-Phenylglycin herzustellen. Dieser Wirkstoff ist besonders für die Herstellung von Antibiotika von Bedeutung. Mit dem fermentativen Herstellungsverfahren kann auf den Einsatz von petrochemischen Rohstoffen verzichtet werden.

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Über den Weg des Genetic Engineering haben die Forschenden um Prof. Dr. Yvonne Mast einen Mikroorganismus so umprogrammiert, dass er die industriell relevante Aminosäure D-Phenylglycin produziert.
Über den Weg des Genetic Engineering haben die Forschenden um Prof. Dr. Yvonne Mast einen Mikroorganismus so umprogrammiert, dass er die industriell relevante Aminosäure D-Phenylglycin produziert.
(Bild: DSMZ)

Braunschweig – Einem Team um Professorin Yvonne Mast vom Leibniz-Institut DSMZ - Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen in Braunschweig ist es gelungen, einen wichtigen Baustein für Produkte der Pharmaindustrie, D-Phenylglycin, erstmals auf biosynthetischem Weg in Actinomyceten herzustellen. Ihre Ergebnisse publizierte die Leiterin der Abteilung Bioressourcen für Bioökonomie und Gesundheitsforschung jetzt im international renommierten Fachjournal Applied Microbiology and Biotechnology. Mit dem neu etablierten Syntheseweg eröffnet sich die Möglichkeit, wichtige Bausteine für Antibiotika, Süßstoffe oder Deodorants umweltfreundlich und ressourcenschonend zu produzieren.

Phenylglycin ist eine seltene, nicht-proteinogene Aminosäure und kommt nur als Bestandteil von mikrobiellen Naturstoffen wie bestimmten Antibiotika vor. In der Natur liegt die Aminosäure als L-Phenylglycin (L-Phg) vor, viel interessanter für die industrielle Nutzung ist aber das stereoisomere D-Phenylglycin (D-Phg). Dies kommt aber nicht in der Natur vor und muss synthetisch erzeugt werden. D-Phg wird als Baustein zur Herstellung zahlreicher semisynthetischer ß-Lactam Antibiotika wie beispielsweise Ampicillin verwendet. Derzeit werden weltweit jährlich mehr als 5000 Tonnen D-Phg auf konventionelle Art hergestellt. Dabei werden petrochemische Rohstoffe als Ausgangsmaterial eingesetzt und verschiedene Chemikalien und Lösungsmittel für die Herstellung verwendet.

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Bei der fermentativen Produktion stellen Mikroorganismen definierte Substanzen her. Die Vorteile der Fermentation sind vielfältig: die Ausgangsstoffe sind meist erneuerbare Substrate wie Glukose (Traubenzucker) und die Endprodukte weisen eine hohe enantiomere (optische) Reinheit auf. Für ihre Versuche nutzten Professorin Mast und ihr Team Stretomyces pristinaespiralis, ein Bakterium, das zu der Gruppe der Actinomyceten gehört. Dieses Bakterium produziert natürlicherweise die Aminosäure L-Phg als Bestandteil des Antibiotikums Pristinamycin. Durch einen Synthetischen Biologie-Ansatz ist es der Arbeitsgruppe gelungen, den natürlichen L-Phg-Biosyntheseweg aus S. pristinaespiralis dahingehend zu modifizieren, dass eine Produktion des gewünschten D-Phg erfolgt. Der künstliche Biosyntheseweg kann nun auch zur Produktion in anderen Wirtsstämmen verwendet werden. Die Produktionsraten sind zwar noch gering. Doch die Forscher wollen auch die Möglichkeiten des Genetic Engineering noch voll ausschöpfen und forschen aktuell an einer Steigerung der Produktionsrate. Denn nur so ist die nachhaltige Produktion von solch vielfältig einsetzbaren Bausteinen wie D-Phenylglycin auch für die Industrie wirklich interessant.

Originalpublikation: Moosmann D, Mokeev V, Kulik A, Osipenkov N, Kocadinc S, Ort-Winklbauer R, Handel F, Hennrich O, Youn JW, Sprenger GA, Mast Y. Genetic engineering approaches for the fermentative production of phenylglycines. Appl Microbiol Biotechnol. 2020 Feb 20. doi: 10.1007/s00253-020-10447-9.

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