Ethernet-Gateway Ethernet-Kommunikation jetzt auch in explosionsgeschützten Bereichen
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Mit dem ersten Ethernet-Gateway für das I/O-System Excom öffnet Turck die Welt der Prozessindustrie für Digitalisierung und Industrie 4.0. Sämtliche Prozessdaten gelangen so erstmals in ausreichender Geschwindigkeit über einen parallelen Datenkanal in IT-Systeme zur Analyse und Auswertung – ein schneller und einfacher Weg zu effizientem Condition Monitoring und vorausschauender Wartung.

Die länger gestreckten Innovationszyklen der Prozessautomation erfordern vor allem bei Neuanlagen einen Blick in die Zukunft – in die Zukunft der Anlage wie in die der Automatisierungstechnik. Man muss kein Prophet sein, um dabei zu erkennen, dass ein tiefer gehender diagnostischer Blick auf die Prozesse und die Instrumentierung noch wichtiger werden wird. Anlagenplaner stehen vor der Frage, wie sie Automatisierungssysteme auf jeder Ebene auslegen, damit weiterführende Daten auch effektiv genutzt werden können. Und selbst wenn er heute noch gar nicht zwingend genutzt werden soll, so müssen Produktionsanlagen – die oft über Dekaden betrieben werden – heute schon einen Kanal für datengetriebene Optimierung integrieren. Wer konkrete Projekte auf dem Tisch hat, muss sein Automatisierungssystem für Monitoring und Optimierung (M+O), wie die Namur es nennt, öffnen.
Bei den klassischen Feldbuslösungen, sei es mit Profibus-DP, Profibus-PA oder Foundation Fieldbus, bildet die Busphysik einen Flaschenhals für weitergehende Diagnosen, die nicht vom Sensor selbst stammen, sondern in überlagerten Systemen außerhalb der Leitsysteme erfolgen sollen. Das bedeutet: Viele der Metadaten, die Hart-, Profibus-PA- oder Foundation-Fieldbus-Feldgeräte heute bereits liefern und übertragen können, werden aufgrund der begrenzten Bandbreite der Feldbusse (31,25 kBit/s mit Profibus PA und Foundation Fieldbus, 1,5 Mbit/s mit Profibus-DP-IS) nur sporadisch beim Gerätetausch oder zur Kalibrierung genutzt. Die Chancen zur datengestützten Optimierung von Prozessen oder zum frühzeitigen Erkennen von Verschleiß und Verschmutzung, Stichwort Predictive Maintenance, bleiben ungenutzt.
Paralleler Datenzugriff für Monitoring und Optimierung
Die Namur hat diesen Bedarf erkannt und mit ihrem Konzept der Namur Open Architecture (NOA) darauf reagiert: NOA sieht die Etablierung eines weiteren Datenkanals parallel zur Automatisierungspyramide vor. Die Strecken zwischen Feldgeräten, I/O- und Leitsystemebene bleiben damit unangetastet. Die Daten werden unterhalb der Leitsystemebene in den parallelen Kanal geschoben und können dort unabhängig von der klassischen Automatisierungstechnik analysiert werden. Der Parallelkanal kann somit stärker von den kurzen Innovationszyklen der IT-Welt profitieren als man es in der „Operational Technology“ der Anlagenautomatisierung und -steuerung wagen würde. Zudem verhindert diese Architektur den externen Zugriff auf Leitsysteme.
Mit dem ersten Zone-2-Ethernet-Gateway öffnet Turck sein hochverfügbares I/O-System Excom für den parallelen Datenzugriff in explosionsgeschützten Bereichen. Bereits im Herbst 2019 präsentierte der Automatisierungsspezialist ein Ethernet-Gateway für Excom im sicheren Bereich.
Das jetzt vorgestellte Gateway ist zum Einsatz in Zone 2 ausgelegt. Das modulare I/O-System mit unterschiedlichen Elektronikmodulen für Ein- und Ausgänge sowie andere Signalformen bleibt von einem etwaigen Tausch des Gateways vollkommen unberührt. Wie bisher können also geeignete eigensichere Feldgeräte zum Einsatz bis in Zone 0 angeschlossen werden. Module und Modulträger bestehender Installationen können weiterhin auch mit den neuen Ethernet-Gateways eingesetzt werden.
In Greenfield-Projekten lässt sich das Automatisierungssystem der Anlage mit Excom heute bereits für den parallelen Datenzugriff auslegen. In Brownfield-Projekten kommt eine Umrüstung auf Ethernet wohl für die meisten Betreiber nur dann in Frage, wenn das Leitsystem ohnehin aktualisiert werden muss. Dann lässt sich aber mit excom unter Beibehaltung der bestehenden Feldgeräte in unterschiedlichen Szenarien die Anlage für den parallelen Datenzugriff über Ethernet auslegen. Das I/O-System kann sowohl zentral im MSR-Raum als auch dezentral in Zone 2 installiert werden.
Platzsparende Installation im MSR-Raum
Da Excom die Ex-Trennung integriert, entfallen die Interfacetechnik und die entsprechenden Schaltschränke. Das System ersetzt die I/O-Module des Leitsystems und nimmt die Signale der Feldgeräte direkt auf. Diese Installationen sind daher viel kompakter als Lösungen mit klassischer Interfacetechnik. Auch im Vergleich zu anderen I/O-Systemen mit integrierter Ex-Trennung benötigt Turcks I/O-System generell weniger Platz. Dieser Vorteil kann insbesondere bei Retrofit-Projekten oder in modularen Prozessanlagen entscheidend sein.
Das Alleinstellungsmerkmal ist dabei der umfassende Systemgedanke: Sowohl für den Einsatz im sicheren Bereich wie auch in Zone 2 und Zone 1 kann das System eingesetzt werden. Wenngleich sich die Gateways und Module für den sicheren Bereich von den eigensicheren Modulen leicht unterschieden, so ist das System vom Leitsystem aus gesehen identisch. Der Anwender kann daher über alle Zonen und Anlagenteile hinweg einen DTM und dieselbe Bedienphilosophie nutzen, was wiederum den Schulungsaufwand minimiert und einen flexiblen Einsatz des Bedienpersonals erlaubt.
Neuzulassung bei Erweiterungen entfällt
Aus dem konsequenten Systemgedanken leitet sich eine weitere Eigenschaft ab: Excom ist als Gesamtsystem zugelassen. Die Zulassung schließt also nicht nur Elektronikmodule und Modulträger ein, sondern auch den Einbau im Gehäuse samt kundenspezifischer Komponenten. Im Rahmen dieser Zulassung ist jede Bestückungskombination mit I/O-Modulen und Gateways des Systems möglich. Damit ist nicht nur der Austausch eines Feldbus- durch ein Ethernet-Gateway erlaubt, sondern sogar eine komplette Neubestückung mit Excom-Komponenten – ohne erneute Abnahme durch die Zulassungsstelle. Die erforderliche Neubewertung der Temperaturwerte im Gehäuse nimmt der Anlagenbetreiber selbst vor.
Multiprotokoll und Cloudanbindung
In der Fabrikautomation ist Turcks Multiprotokoll-Standard schon viele Jahre bekannt. Multiprotokoll-Geräte können mit oder ohne Anwendereingriff in den drei Ethernet-Protokollen Profinet, Ethernet/IP und Modbus TCP eingesetzt werden. Die Excom-Ethernet-Gateways profitieren von dieser Entwicklung. Das System ist aus dem Stand mit allen Leitsystemen einsetzbar, die Ethernet/IP, Profinet oder Modbus TCP unterstützen: z.B. Siemens, Honeywell, Rockwell, Yokogawa, Emerson oder Supcon.
Des Weiteren unterstützt das I/O-System neben der Profinet-S2-Redundanz (zwei Steuerungen) auch Ring-Topologien. Sogar für Ethernet-Protokolle, die keine eigene Redundanzspezifikation haben, etabliert es Systemredundanz analog zum S2-Standard, Gateway-Redundanz oder Kombinationen der beiden. So können höchste Verfügbarkeiten auch mit Ethernet-Protokollen erreicht werden, die diese Funktion eigentlich nicht nativ unterstützen.
Neben der Übertragung der zeitkritischen Nutzdaten zum Leitsystem verfügt Excom über einen zweiten Kanal, der den parallelen Datenstrom in ein beliebiges System etabliert. Es bietet sich aber an, Daten zunächst in einem Edge Device zu analysieren und nur deren Ergebnisse dann in die Cloud zu senden. Hier bietet Turck neben seiner eigenen Cloud-Lösung mit industriespezifischer Datenvisualisierung und dem verschlüsselten Cloud-Protokoll Kolibri für höchste Sicherheitsanforderungen alternative Wege an. Über die Turck-Cloud-Hardware können Daten aber auch per MQTT oder OPC UA an in eines der großen Cloud-Systeme übertragen werden.
* Der Autor ist Produktmanager Feldbustechnik Prozessautomation bei der Hans Turck GmbH & Co. KG, Mülheim an der Ruhr.
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