Modularer Anlagenbau Dezentral und modular: Wie eine Gerberei ihre eigenen Chemikalien herstellt
Lanxess hat mit der modularen Reel-Anlage einen dreifachen Hattrick geschafft: Der Anlagencontainer steht für ein neues Geschäftsmodell, hat einen Umweltpreis eingeheimst und ist gleichzeitig ein Showcase für den modularen Anlagenbau. Wie die modulare Anlage Chemikalienherstellung zum Endanwender bringt.
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Die Wege auf denen modulare Anlagenbaukonzepte den Weg in die Praxis finden, sind oft verschlungen. Manchmal hilft auch Google auf die Sprünge. So war das jedenfalls bei dem Reel-Projekt, für das die Partner Lanxess, Invite und Leder Heller im letzten Jahr mit dem Deutschen Innovationspreis für Klima und Umwelt 2017 ausgezeichnet wurden.
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Modulare Anlage, Process Skids und Package Units
Durchblick im Anlagen-Baukasten: Zwischen Skids, Package-Units und Modulen
„Bei der Google-Suche nach Herstellern kleiner, dezentraler Anlagen landeten wir bei Invite in Leverkusen – 150 Meter von unserer eigenen Produktion weg“, erzählt Dr. Thomas Brackemeyer, Leiter der Business Line Organic Leather Chemicals bei Lanxess. So ist also aus einer eher unkonkreten Suchabfrage ein sehr konkretes Projekt geworden: eine dezentrale modulare Anlage, die gemeinsam mit Lanxess im Forschungsinstitut Invite in Leverkusen entwickelt wurde.
Das Kürzel Reel steht für Resourceneffiziente Herstellung von Lederchemikalien und für ein spannendes Konzept, das Lanxess ein ganz neues Geschäftsmodell bescheren soll. „Die Idee ist, den Gerbereien die Anlage per Leasing zu überlassen. Lanxess bleibt also Eigentümer. Außerdem bieten wir ein Maintenance-Konzept an, um die Instandhaltung zu gewährleisten“, erklärt Brackemeyer.
Abfall in Rohstoff verwandeln
X-Biomer heißt die Chemikalie, um die sich die Überlegungen drehen. Die als Nachgerbstoff eingesetzte Substanz spielt im Gerbprozess eine zentrale Rolle und verleiht dem Leder den letzten Schliff, also die gewünschten Eigenschaften. Das neue Anlagenkonzept nutzt Falzspäne aus der Lederindustrie und verwandelt diese in X-Biomer, das die Gerber normalerweise von Lanxess kaufen.
Für alle Beteiligten entsteht so eine Win-Win-Situation: Die Anlage kann in Gerbereien direkt an Ort und Stelle betrieben werden und hilft so, Abfälle in den Kreislauf zurück zu führen, statt diese teuer zu entsorgen. Allein die Kosten für den Abtransport der eiweißhaltigen Lederabfälle addieren sich auf eine erhebliche Summe.
Die Falzspäne, um die es hier geht, entstehen, wenn das Leder in der Gerberei auf die gewünschte Dicke gebracht wird. Zunächst durch Spalten und dann durch eine Falzmaschine, welche die Fasern quasi abhobelt. Bei einer Gerberei mittlerer Größe fallen etwa ein bis zwei Tonnen Falzspäne pro Tag an. Mit einer geleasten Produktionsanlage könnte der Betrieb daraus direkt vor Ort eine vergleichbare Menge an flüssigem X-Biomer-Produkt zur Nachgerbung herstellen. Die eingesetzten Falzspäne werden dabei zu 100 Prozent verwertet, es gibt also keine Rückstände und auch keine Emissionen.
Der Clou sei der hohe Automatisierungsgrad der Anlage und die Einfachheit der Bedienung, sagt Brackemeyer. Die in der Chemie unerfahrenen Kräfte in den Gerbereien sollen die Anlage schließlich auch bedienen können.
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