Batterien der neuen Generation Festkörperbatterien sollen Elektroautos von morgen antreiben

Redakteur: MA Alexander Stark |

Anders als heute gebräuchliche Lithium-Ionen-Zellen sollen Festkörperbatterien nur noch aus Feststoffen bestehen und keine brennbaren flüssigen Elektrolyte mehr enthalten. Die Kooperation zwischen der Empa und dem Fraunhofer ISC hat das Ziel, die wichtigsten technologischen Barrieren für eine industrielle Fertigung dieser Festkörperbatteriezellen zu beseitigen.

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Stephan Bücheler stellt mit Hilfe von Dünnschichtmethoden Modellsysteme für die nächste Generation der Batterien her.
Stephan Bücheler stellt mit Hilfe von Dünnschichtmethoden Modellsysteme für die nächste Generation der Batterien her.
(Bild: Empa)

Dübendorf/Schweiz; Würzburg – Im Rahmen eines strategischen, internationalen Kooperationsprogramms der Fraunhofer-Gesellschaft starteten die Empa im schweizerischen Dübendorf und das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg (D) Anfang Januar ein dreijähriges gemeinsames Forschungsprojekt, um die Basis für eine produktionstaugliche nächste Generation von Antriebsbatterien für Elektroautos zu schaffen.

Die weltweite Produktion hochmoderner Lithium-Ionen-Batteriezellen liegt heute größtenteils in den Händen asiatischer Unternehmen. Beim Umstieg vom Verbrennungsmotor auf Elektroantrieb wäre die europäische Automobilindustrie mit ihren 3,4 Millionen Beschäftigten also auf Antriebsbatterien asiatischer Hersteller angewiesen – falls es nicht gelingt, diese Schlüsseltechnologie nach Europa zu holen.

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Der kommende Technologiesprung hin zu Festkörperbatterien bietet eine große Chance. Diese Batteriezellen kommen ohne brennbare flüssige Elektrolyte aus und bringen damit eine deutlich verbesserte Betriebssicherheit, aber auch Vorteile bei Baugröße und Gewicht, weil eine weniger aufwändige Sicherheitskapselung notwendig ist. Darüber hinaus versprechen Festkörperbatterien durch den Einsatz von metallischem Anodenmaterial (Lithium) (anstatt der heute üblichen Graphit-Anoden) sowohl eine höhere Energiedichte als auch deutlich kürzere Ladezeiten.

Während die einzelnen Komponenten (Anode, Kathode, Elektrolyt) künftiger Festkörperbatterien im Labor bereits gut untersucht sind, besteht die größte Herausforderung darin, diese zu einem stabilen Gesamtsystem zusammenzuführen. Dabei ist es wichtig, eine lange Lebensdauer bei hoher Leistung über möglichst viele Lade- und Entladezyklen zu erreichen, und so heute übliche Batteriesysteme in ihrer Leistungsfähigkeit zu übertreffen.

Weltweite Partnerschaften

Das Projekt namens IE4B (Interface Engineering for Safe and Sustainable High-Performance Batteries) startete am 1. Januar 2019 und läuft für drei Jahre im Rahmen der Fraunhofer-Förderlinie Icon (International Cooperation and Networking). Mit Icon möchte die Fraunhofer-Gesellschaft die strategische Zusammenarbeit ihrer Institute mit ausgewählten internationalen Exzellenzzentren in verschiedenen Bereichen ausbauen. So wurden bislang etwa Projekte mit der University of Cambridge und der Johns Hopkins University initiiert.

Auf Seiten der Empa liegen die Schwerpunkte in dem gerade gestarteten IE4B-Projekt in der Entwicklung von Festkörperelektrolyten, Herstellung und Charakterisierung von dünnen Schichten mit massgeschneiderten elektronischen Eigenschaften sowie in der Entwicklung nanostrukturierter Anodenmaterialien. Das Fraunhofer ISC mit seinem „Fraunhofer Forschungs- und Entwicklungszentrum Elektromobilität Bayern“ arbeitet an Lithium-leitenden Polymeren sowie an der Entwicklung von Schutzschichten aus Sol-Gel-Materialien mit spezifischen Eigenschaften für Batterien. Darüber hinaus entwickelt, fertigt und testet es Prototypen und Kleinserien von Batteriezellen.

Am IE4B-Projekt sind von Anfang an auch Industrieunternehmen aus Deutschland und der Schweiz als Teil einer Lenkungsgruppe beteiligt, die das Projekt unter industriellen Aspekten begleiten: unter anderem aus der chemischen Industrie wie Heraeus, dem Maschinenbau wie die Bühler Gruppe oder Applied Materials, Zellfertiger wie Varta sowie Technologieunternehmen wie ABB.

In zwei Etappen zum Ziel

Ziel des Projekts ist die Entwicklung einer Festkörperbatterie, die einen stabilen Lade- und Entladezyklus bei Raumtemperatur ermöglicht und sich zugleich zügig aufladen lässt. Das Projekt ist in zwei Phasen unterteilt: Die erste Phase behandelt grundlegende Aspekte und nutzt Batterie-Modellsysteme, die mit Dünnschichtmethoden an der Empa und am ISC hergestellt werden. In dieser ersten Phase sollen die an den Grenzflächen zwischen Kathode, Festkörperelektrolyt und Anode ablaufenden Prozesse genau verstanden und besser kontrolliert werden.

In der zweiten Phase soll dieses Wissen genutzt werden, um mit der verfahrenstechnischen Expertise des Fraunhofer ISC eine funktionsfähige Festkörperzelle herzustellen und in einer Kleinserie zu produzieren. Gemeinsames Ziel ist es, am Ende nicht nur die Grenzflächen besser zu verstehen, sondern dieses Wissen auch in einen Herstellprozess überführen können. Hier ergänzen sich laut Henning Lorrmann, Leiter des Fraunhofer Forschungs- und Entwicklungszentrum Elektromobilität Bayern (FZEB) am Fraunhofer ISC das Fraunhofer- und das Empa-Knowhow ideal.

Der zweistufige Ansatz bietet entscheidende Vorteile: Als Modellsystem in Phase 1 ist der Aufbau der Dünnschichtzellen einfacher zu analysieren. Damit können die am besten zusammenpassenden Elektroden- und Elektrolytkombinationen identifiziert werden. Der komplexere dreidimensionale Aufbau größerer Batteriezellen in Phase 2 wird durch die vorher abgestimmten Materialien wesentlich erleichtert.

Pierangelo Gröning, Mitglied der Direktion der Empa, ist einer der Koordinatoren des Projekts. Er betont, dass die Lithium-Ionen Feststoffbatterie in ihrem Aufbau sehr komplex sei und große Herausforderungen an die Materialwissenschaft stelle. Die Kooperation verbinde herausragende Kompetenzen aus Materialwissenschaft und Verfahrenstechnik. Genau das sei erforderlich um die Entwicklung der Feststoffbatterie erfolgreich voranzutreiben, so Gröning.

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