Neubau auf Industriebrache Wenn Stellungsregler umziehen: Was steckt hinter Samsons „Main Change“?
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Stellventil- und Automatisierungsspezialist Samson verlässt nach 100 Jahren Frankfurt und zieht um – nicht etwa ins preisgünstige Ausland, sondern nach Offenbach. Warum die Geschäftsführung einen dreistelligen Millionenbetrag in die Hand nimmt, um eine komplette Fabrik zu verlegen.

Die Städtefehde zwischen Frankfurt und Offenbach ist ebenso legendär wie die zwischen Köln und Düsseldorf oder Marburg und Gießen. Nun gibt es noch einen weiteren Grund, warum sich die beiden Städte beharken könnten: Ein großer Gewerbesteuerzahler verlässt Frankfurt und zieht auf die andere Mainseite: nach Offenbach. Hier, auf der sprichwörtlichen „grünen Wiese“ will Samson „sich neu erfinden“ wie Vorstandschef Andreas Wiedl es auf einer Pressekonferenz während der Achema nannte.
Viel Umsatz – wenig Ergebnis: Es musste etwas passieren
Die Geschichte, die Widl erzählt, ist eigentlich ganz simpel. Das Unternehmen, 17 Standorte, 3000 Mitarbeiter und rund 700 Millionen Euro Jahresumsatz, habe am Standort die Grenzen des profitablen Wachstums erreicht. Deutlich spürbar sei das in den Jahren 2018/219 gewesen. Hier habe man trotz Umsatzsteigerungen ein geringeres Ergebnis erzielt.
Vor allem die mangelhafte Infrastruktur an der Weismüllerstraße im Frankfurter Osthafen macht der CEO dafür verantwortlich. Und wer einmal das weitläufige Gelände besucht hat, weiß wovon er spricht: Drei öffentliche Straßen durchziehen das Werksgelände, eine große Zahl an größeren und kleineren Gebäuden, die Wege zwischen den Produktionsstätten sind weit. Hier einen optimalen Materialfluss aufrecht zu erhalten, ist eine echte Herausforderung. Widl glaubt daher, dass Samson deutlich mehr Stellungsregler verkaufen könnte, wenn das Unternehmen nicht ständig an seine Kapazitätsgrenzen stoßen würde.
Optimaler Materialfluss, Nachhaltigkeit, Begegnungsstätte
Nun also das Projekt „Main Change“, das für Samson die größte Investition der Firmengeschichte ist und mit dem Widl drei Ziele verfolgt:
- die Umsetzung des optimalen Wertstroms in der Fertigung, CO2-optimiertes Bauen mit möglichst CO2-neutraler Fertigung,
- die optimale Begegnungsstätte für Mitarbeiter und Kunden.
Die knapp 15 Hektar, die Samson gekauft hat, liegen in einer 36 Hektar großen Industriebrache, auf der bis 2010 Clariant Chemikalien herstellte. Nun soll dort nach dem Willen der Stadt Offenbach, die das Gelände 2020 gekauft hat, ein Innovationscampus entstehen und die 1900 Mitarbeiter des Stellventilherstellers werden demnächst ein Teil davon werden.
Zwei Jahre veranschlagt Widl für die Planungsphase, die bereits gestartet ist und weitere vier Jahre bis die gesamte Belegschaft umgezogen ist. Bereits Ende 2024 soll die Elektronikproduktion und damit das Stellungsreglergeschäft ihren Betrieb aufnehmen. Die gesamte mechanische Wertschöpfung inklusive Zerspanung, Galvanik, Lackierung, Montage und Prüfung soll bis Ende 2026 in Offenbach sein. Main Change sei ein Wachstumsprojekt sagt Widl, Ziel sei es, die Zahl der produzierten Stellungsregler deutlich zu erhöhen. Platz für weitere Expansion gibt es auf dem neuen Gelände auch, da zunächst nur Teilbereiche bebaut werden.
Das vor drei Jahren neu gebaute Sandvoss-Innovationszentrum wird übrigens in der Weismüllerstraße bleiben und die Verbindung zu Frankfurt aufrecht erhalten.
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