Überarbeitete Sicherheitsnorm API 2350 für Erdöllagertanks Überfüllrisiko senken – was Sie jetzt beachten sollten

Von Johan Sandberg, Senior Business Development Manager für Tankmessungen, Emerson

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Die fünfte Ausgabe der Sicherheitsnorm API 2350 in Bezug auf drucklose, oberirdische und große Erdöllagertanks enthält einige wesentliche Änderungen. Der Beitrag zeigt auf, wie diese zu einer einfacheren Umsetzung von Überfüllsicherungslösungen beitragen, was wiederum die Personal- und Anlagensicherheit steigert.

Ein großer Teil der Norm API 2350 widmet sich der wiederkehrenden Prüfung kritischer Sensoren und Systeme im Sicherheitskreis der Überfüllsicherung. Die in modernen Füllstandsmessgeräten verfügbare digitale Technologie ermöglicht dem Bedienpersonal die Durchführung der wiederkehrenden Prüfung von der Leitwarte aus.
Ein großer Teil der Norm API 2350 widmet sich der wiederkehrenden Prüfung kritischer Sensoren und Systeme im Sicherheitskreis der Überfüllsicherung. Die in modernen Füllstandsmessgeräten verfügbare digitale Technologie ermöglicht dem Bedienpersonal die Durchführung der wiederkehrenden Prüfung von der Leitwarte aus.
(Bild: Emerson)

In der Norm API 2350 sind die Konzepte der Sicherheitsmanagementsysteme definiert, die für Tankfüllvorgänge gelten. Dies wird als Überfüllsicherungsprozess (Overfill Prevention Process/OPP) bezeichnet. Der OPP umfasst das Personal und die Einrichtungen, die mit den Tankfüllvorgängen verbunden und erforderlich sind, um ein optimal abgestimmtes System für eine hohe Leistung ohne Überfüllungen zu erhalten. Die Aufnahme des OPP in die Norm API 2350 ist entscheidend, da sich die Norm somit nicht mehr ausschließlich auf die Auslegung, den Betrieb und die Pflege von Managementsystemen bezieht, sondern auch auf die Art und Weise, wie ein Unternehmen seine mit Tankfüllvorgängen verbundenen Prozesse und Verfahren durchführen sollte.

Um das Überfüllrisiko zu reduzieren, wird in der Norm API 2350 nun von Tankeigentümern und -betreibern die Entwicklung und Umsetzung eines Sicherheitsmanagementsystems gefordert, in dem Aspekte wie Betriebsverfahren, Tankdaten, Alarmschwellen und Kalibrierungsdaten klar definiert werden. Jedoch schreibt die neue Ausgabe der Norm nicht vor, wie dies erreicht werden soll. Stattdessen liegt es an den Unternehmen zu bestimmen, was in ihrer Anlage am besten funktionieren würde.

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Risikobewertung

Die Wissenschaft der Risikobewertung läuft auf eine grundlegende Formel hinaus: Risiko = Folge x Wahrscheinlichkeit. Die Risikobewertung ist ein notwendiges Werkzeug, um zu bestimmen, welche Schutzebenen umgesetzt, wie sie ausgelegt und im Laufe der Zeit verwaltet werden sollten. Wenn ein Überfüllsicherungssystem zur Risikominderung eingesetzt wird, wird in der Risikobewertung das geforderte Sicherheitsintegritätslevel bestimmt.

In der Norm API 2350 wird der Einsatz eines Risikobewertungssystems gefordert, wobei für jeden Tank eine Risikobewertung vorgenommen werden muss, um die Notwendigkeit einer Risikominderung zu bestimmen. Es wird nicht genau vorgeschrieben, wie ein Unternehmen bei der Durchführung einer Risikobewertung in seiner Anlage vorgehen sollte. Die fünfte Ausgabe enthält jedoch drei sehr informative Anhänge, die Eigentümern und Betreibern als Leitfaden dienen:

  • Anhang E – ein informativer Überblick über die Techniken der Risikobewertung,
  • Anhang F – Überlegungen zur Schnittstelle zwischen Transportunternehmen und Eigentümer (Übergabe),
  • Anhang G – informative Beschreibung der Kategorisierung von Tanks für eine Risikobewertung.

Unternehmen können entscheiden, ob sie diese Methode der Kategorisierung für die Risikobewertung einsetzen. So wird aus diesem Anhang eine „normative“ Anforderung als Teil der fünften Ausgabe. Es muss angemerkt werden, dass in der fünften Ausgabe bei der Klassifizierung die Kategorie 0 für Tanks eingeführt wurde, die lediglich eine manuelle Messung aufweisen.

Geltungsbereich der Norm API 2350

Die Norm API 2350 des American Petroleum Institute mit dem Titel „Overfill Prevention for Storage Tanks in Petroleum Facilities“ (Überfüllsicherung bei Lagertanks in Erdölanlagen) ist eine der wichtigsten globalen Normen hinsichtlich Überfüllsicherung und definiert Mindestanforderungen zur Einhaltung moderner Best Practices für diesen speziellen Anwendungsfall der drucklosen, oberirdischen und großen Erdöllagertanks. Die Norm wurde von und für die Erdölindustrie unter Beteiligung verschiedener Branchenvertreter einschließlich Tankeigentümern und -betreibern, Transportunternehmen, Fertigungsbetrieben und Sicherheitsexperten erstellt. Sie richtet sich an Eigentümer und Betreiber von Kraftstoffverteilerterminals, Raffinerien, Chemieanlagen und anderen Einrichtungen, die Erdöl oder Chemieprodukte lagern. Die Norm ist weltweit gültig und soll nicht mit anderen Sicherheitsnormen wie der IEC 61511 der International Electrotechnical Commission konkurrieren, sondern diese ergänzen.

Die Norm API 2350 gilt für oberirdische Lagertanks mit einer Kapazität von mehr als 5.000 l (1.320 Gallonen), in denen flüssige Erdölprodukte der Klasse I, II oder III gelagert werden und die über Pipelines oder Schiffe mit Flüssigkeiten befüllt werden. Sie gilt ausdrücklich nicht für unterirdische Tanks mit einer Kapazität von weniger als 5.000 l, die in einen Prozess integriert sind und die über Fahrzeuge beladen oder beliefert werden. Ferner gilt sie nicht für LPG- und LNG-Tanks, Tanks an Tankstellen und Tanks, die die Richtlinien PEI 600 des Petroleum Equipment Institute erfüllen.

Auch wenn sich die Norm API 2350 auf diese speziellen Branchenanwendungen konzentriert, können ihre Grundsätze auf jeden Tank angewandt werden, bei dem ein Überfüllrisiko besteht. Das hat dazu geführt, dass die Norm große Akzeptanz in Anwendungen außerhalb ihres speziellen Geltungsbereichs findet, z. B. bei Lagertanks in der Chemieindustrie.

Die erste Ausgabe der Norm API 2350 wurde im März 1987 veröffentlicht. In den darauffolgenden Ausgaben wurde der Geltungsbereich der Norm deutlich erweitert.

Betriebsparameter

Unternehmen, welche die Norm API 2350 anwenden, müssen Tankbetriebsparameter aufstellen oder validieren. Diese umfassen Kenntnisse über Tankkategorien, Besorgnisgrade (Level of Concern/LOC), Alarme, Warnmeldungen, automatisierte Überfüllsicherungssysteme (Automated Overfill Prevention Systems/AOPS) und die Art der Instandhaltung. In der fünften Ausgabe der Norm vermittelt Anhang D einen detaillierten Ansatz zur Bestimmung dieser Parameter und unterstützt die Mitarbeiter in Unternehmen somit bei der Einhaltung der Norm.

In der Norm sind mehrere LOC dargelegt, bei denen es sich um Flüssigkeitsfüllstände handelt, die von den Unternehmen für Warnmeldungen, Alarme und andere AOPS-Funktionen festgelegt werden. Die richtige Bestimmung dieser Füllstände bei jedem Tank in einer Anlage ist ein entscheidender Aspekt der Überfüllsicherung, da dies die Feststellung potenzieller Probleme ermöglicht, bevor es zum Überlaufen kommt. Der Höchste dieser LOC ist der kritische Hochstand, bei dem die Flüssigkeit einen Füllstand erreicht hat, der zum Überlaufen oder zu einer Beschädigung führen kann. Darauf folgt der Hoch-Hoch-Alarm, wenn der Füllstand sich dem kritischen Hochstand nähert. Dabei handelt es sich um den einzigen Alarm, der in der Norm API 2350 gefordert wird, und der Füllstand des AOPS wird an oder über diesem Punkt eingestellt. Als Nächstes kommt der maximale Betriebsfüllstand, d. h. der höchste Füllstand, bis zu dem ein Tank normal befüllt werden kann. Bei diesem Füllstand kann je nach Wahl des Bedieners eine Warnmeldung gegeben werden.

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Sicherheitsbereich

In der fünften Ausgabe der Norm API 2350 werden standardmäßige Mindestansprechzeiten gefordert – d. h. die Zeit, die benötigt wird, um einen LOC zu erkennen, einen Alarm auszulösen und den Füllvorgang zu stoppen. Diese Ansprechzeiten variieren je nach Kategorie des entsprechenden Tanks. In der Norm wird zudem ein Sicherheitsbereich beim Flüssigkeitsfüllstand von mindestens 75 mm (3 Zoll) zwischen zwei LOC gefordert, beispielsweise dem kritischen Hochstand und Hoch-Hoch-Alarm. Eine weitere Anforderung der fünften Ausgabe besteht darin, dass gemäß OPP alle LOC regelmäßig überprüft und aktualisiert werden müssen. Alle Änderungen der LOC müssen einen Änderungsmanagementprozess durchlaufen, der ein Teil des Managementsystems der Überfüllsicherung ist.

Wireless-Technologie

Die Wireless-Technologie wird in Messanwendungen in Prozessanlagen bereits großflächig eingesetzt, ihr Einsatz in Sicherheitsfunktionen ist jedoch nicht zulässig. In der Norm API 2350 wird anerkannt, dass hohe Installationskosten wegen fehlender Kabelinfrastruktur in vielen Anlagen eine wirtschaftliche Hürde sein können, obwohl die Überfüllsicherung bei Tankeigentümern und -betreibern Priorität haben sollte. Als probates Mittel für die Überfüllsicherung wird auf den Einsatz moderner, digitaler Wireless-Netzwerke hingewiesen, die die Standards der International Electrotechnical Commission (IEC) und Industry Standard Architecture (ISA) nutzen, die heute bei vielen Geräteherstellern verfügbar sind.

Buchtipp

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Wiederkehrende Prüfung

In der Norm API 2350 wird nicht besprochen, welche Ausrüstung oder Technologie in einer Überfüllsicherung verwendet werden sollte. Ein großer Teil der Norm widmet sich jedoch Verfahren, die den korrekten, kontinuierlichen Betrieb der Anlage sicherstellen, wie der wiederkehrenden Prüfung (oder Überprüfung) kritischer Sensoren und Systeme im Sicherheitskreis der Überfüllsicherung. Wenn Systeme wie Tankwarnmeldungen, Alarme oder AOPS ausfallen, bleiben die Ausfälle größtenteils unerkannt. Große Fortschritte wurden bei den Selbstdiagnosefunktionen in Füllstandsensoren und automatischen Tankmesssystemen gemacht. Diese ermöglichen die Überwachung vieler Ausfallarten und die Ausgabe eines Diagnosealarms in solchen Fällen, obwohl kein System eine hundertprozentige Wahrscheinlichkeit bietet, dass Systemfehler diagnostiziert werden. Die einzige Möglichkeit, um alle möglichen gefährlichen, unerkannten Ausfälle wirklich zu identifizieren, ist die wiederkehrende Prüfung des gesamten Messkreises vom Sensor zum finalen Ausgang (Sensor, Logiksystem und Aktor oder Ventil). Es wird empfohlen, die für das AOPS spezifizierten Anforderungen der wiederkehrenden Prüfung auch auf alle Alarme anzuwenden.

In der fünften Ausgabe der Norm wird gefordert, dass alle Komponenten, die an der Beendigung des Füllvorgangs beteiligt sind, mindestens einmal pro Jahr einer wiederkehrenden Prüfung unterzogen werden, sofern keine anderweitige technische Begründung vorliegt (d. h. eine Berechnung der Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls bei Anforderung). Verschiedene Sensortypen werden in Anhang C angesprochen, wobei mit jedem Typ unterschiedliche Testverfahren verbunden sind. In Anhang H erhalten Eigentümer und Betreiber Informationen zur Entscheidung über einen Ansatz für die wiederkehrende Prüfung.

Vorteile

Die Einführung und Umsetzung von Prozessen und Verfahren gemäß der Norm API 2350 stellt eine große Herausforderung dar, die Minderung eines möglichen Überfüllrisikos aufgrund eines ausgefallenen Geräts oder menschlichen Versagens ist jedoch entscheidend. Auch wenn die Norm hauptsächlich dazu dient, Unternehmen bei der Erhöhung der Sicherheit durch Vermeidung von Überfüllungen zu unterstützen, kann die Anwendung der Norm auch andere wichtige Vorteile im Tagesgeschäft einschließlich einer besseren Betriebseffizienz und Nutzung des Tanks mit sich bringen.

Operative Vorteile können sich durch vereinfachte und klare Reaktionen auf Alarme, eine bessere Schulung und Qualifizierung des Bedienpersonals, verbesserte Verfahren sowohl für normale als auch abnormale Zustände und optimierte Prüfungs-, Wartungs- und Testverfahren ergeben. 

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