Kugelmühlen statt Lösungsmittel Wie Licht und Mahlkugeln chemische Prozesse grüner machen

Quelle: Ruhr-Universität Bochum

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Eine Kombination aus Foto- und Mechanochemie spart 98 % Lösungsmittel und 80 % Energie bei ausgewählten Reaktionen. Außerdem laufen sie Wissenschaftlern der Ruhr-Universität Bochum auch noch schneller ab als in Lösung.

Licht- und mechanische Energie wirken in diesem Reaktor zusammen.
Licht- und mechanische Energie wirken in diesem Reaktor zusammen.
(Bild: RUB/ Marquard)

Lichtgetriebene chemische Reaktionen waren bisher nur mit viel oft giftigem Lösungsmittel möglich. Durch die Kombination mit mechanischer Kraft in Kugelmühlen ist es dem Team von Prof. Dr. Lars Borchardt am Lehrstuhl für Anorganische Chemie I der Ruhr-Universität Bochum gelungen, sie in der festen Phase ohne große Mengen Lösungsmittel durchzuführen. „Damit haben wir eine nachhaltige Alternative zu etablierten Syntheseverfahren“, so Borchardt. Die Forschenden berichten in der Zeitschrift „Angewandte Chemie“ vom 24. Februar 2023.

Licht gilt als ideale Triebkraft chemischer Reaktionen: Es ist günstig, reichlich vorhanden und erzeugt keinen Abfall. Daher sind lichtgetriebene, sogenannte fotochemische Reaktionen, besonders attraktiv zur Herstellung chemischer Verbindungen. Jedoch werden sie in aller Regel in gewaltigen Mengen Lösungsmittel durchgeführt. Letztere sind oft toxisch und erzeugen enorme Mengen gefährlichen Abfalls. Fotochemische Reaktionen in fester Phase, ohne Lösungsmittel, könnten eine Alternative darstellen. Allerdings waren sie bisher kaum realisierbar, da die unzureichende Durchmischung eine Aufskalierung in relevante Größenordnungen nicht zuließ.

Nachhaltigere Reaktionen

Damit fotochemische Reaktionen ablaufen können, müssen Photonen die Ausgangsstoffe erreichen. Um die Reaktion zügig und vollständig ablaufen zu lassen, ist eine gute Durchmischung unverzichtbar. In herkömmlichen Reaktionen sorgt dafür das Lösungsmittel: Es löst die Substanzen, macht sie mobil und steigert Massentransport sowie Diffusion. Bisher gab es kein Pendant in der festen Phase.

Die Bochumer Forschenden verwendeten Kugelmühlen als Reaktoren. Darin werden die Ausgangsstoffe gemeinsam mit Mahlkugeln in Becher gegeben und bei hohen Frequenzen geschüttelt. Das sorgt für hochenergetische Stöße, die die mechanische Energie für die Reaktion bereitstellen und die Substanzen durchmischen. In einem speziell an die Mühle angepassten Fotoreaktor gelang es den Forschenden, die Kugelvermahlung unter simultaner Bestrahlung durchzuführen. Das ermöglichte die foto-mechanochemische Synthese von Nanographenen in der festen Phase.

„Mit dem neuen Verfahren konnten wir deutlich nachhaltiger ausgewählte Reaktionen durchführen und chemische Substanzen synthetisieren“, berichtet Lars Borchardt. „Die Reaktionszeiten ließen sich um bis zu 56 % reduzieren, während wir 98 % weniger Lösungsmittel einsetzen mussten als in vergleichbaren Synthesen auf herkömmliche Art und Weise. Und schließlich verbraucht der neue Fotoreaktor knapp 80 % weniger Energie als herkömmliches Equipment.

Originalpublikation: Daniel M. Baier, Carolina Spula, Stephen Fanenstich, Sven Grätz, Lars Borchardt: Shedding UV-Light on Mechanochemistry: The regioselective solid-state photochemical synthesis of nanographenes, in: Angewandte Chemie International Edition, 2023, DOI: 10.1002/ange.202218719, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ange.202218719

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