Optische Sauerstoffmessung Sauerstoffmessung: Damit ihrer Zellkultur nicht die Puste ausgeht

Von Dr. Klaus-Peter Mang

Anbieter zum Thema

Ohne Sauerstoff geht nichts in Fermentation und Zellkultur. Nur der fein austarierte Ausgleich zwischen Verbrauch und Zufuhr des lebenswichtigen Gases garantiert optimale Bedingungen für die Zellen. Was Betreiber bei der Sensorauswahl beachten sollten und warum der Trend zu optischen Sensoren geht.

Optischer Sensor für gelösten Sauerstoff
Optischer Sensor für gelösten Sauerstoff
(Bild: Mettler Toledo)

Sauerstoffgehalt und pH-Wert sind die wichtigsten chemischen Prozessparameter, die während eines biotechnologischen Prozesses überwacht und gesteuert werden. Beides hat einen signifikanten Einfluss auf Zellwachstumsraten, Produktausbeute und -qualität. Die Auswahl des Messsystems ist deshalb von großer Bedeutung, um gleichbleibende Chargen und Produktqualität zu erreichen. Installation, Wartung und Systemsicherheit sind die Faktoren beim Einsatz von Sensoren, auf die Anwendern besonders achten.

Deshalb werden in den letzten Jahren zur Sauerstoffmessung überwiegend optische Sensoren eingesetzt, die gegenüber amperometrischen Sensoren mehrere Vorteile aufweisen:

Bildergalerie
Bildergalerie mit 5 Bildern
  • Es ist keine Polarisation erforderlich.
  • Das System ist Elektrolytfrei, deshalb benötigt man keine aggressiven Chemikalien.
  • Die Konditionierung vor dem ersten Einsatz entfällt.
  • Die Sensoren müssen seltener gewartet werden und
  • weisen keinen Drift auf.

(Bild: Mettler Toledo)

Im Gegensatz zu den amperometrischen Sensoren, die das Prinzip der Elektrochemie nutzen, ermitteln optische Sensoren die Sauerstoffkonzentration genau und schnell mittels Fluoreszenzlichtlöschung (siehe Kasten). Mettler Toledo hat vor einigen Jahren das Optocap-Element entwickelt, das die fotosensitiven Bestandteile des Sensors in einem Bauteil bündelt und als Ganzes ausgetauscht werden kann. Das Sensorelement verhindert die Bildung von Luftblasen am Sensor, vermeidet das Rauschen des Messsignals und führt zu einer stabilen und zuverlässigen Sauerstoffmessung.

So arbeitet die optische Sauerstoffmessung
Ohne Physik und Chemie geht nichts

Optische Sensoren arbeiten nach dem Prinzip der Auslöschung (Quenching) von Fluoreszenzlicht. Ein Farbstoff (Chromophor) ist in einer Silikonschicht immobilisiert und bildet den sensitiven Teil des optischen Messsystems in einer austauschbaren Baugruppe (Optocap). Eine LED-Lichtquelle sendet ein gepulstes Signal aus, das den Farbstoff zur Fluoreszenz anregt. Dieses Fluoreszenzlicht wird auf einen lichtempfindlichen Detektor geführt. Diffundiert aus dem Messmedium Sauerstoff in die Silikonschicht, verringert sich die Intensität des Fluoreszenzlichts. Bei niedriger O2-Konzentration ist das Fluoreszenzsignal in seiner Intensität höher als bei hoher O2-Konzentration. Es unterscheidet sich jedoch auch die Reaktionszeit (Abklingzeit der Fluoreszenz). Bei niedriger O2-Konzentration wird das Fluoreszenzlicht vom Farbstoff mit einer größeren Zeitverzögerung als bei hoher O2-Konzentration ausgesandt. Primär wird die Abklingzeit zur Berechnung der O2-Konzentration ausgewertet.

Signalverhalten eines optischen O2-Sensors
Signalverhalten eines optischen O2-Sensors
(Bild: Mettler-Toledo)

Die Grundlage dazu liefert die Stern-Vollmer-Gleichung. Dabei wird die Zeitverzögerung nicht in direkten Zeiteinheiten, sondern als sogenannter Phasenwinkel phi ausgewertet. Als Bezugspunkt dient ein Referenzstrahl, der direkt auf den Lichtdetektor geführt wird und als gepulstes Signal gleichzeitig mit dem Messstrahl erzeugt wird. Der Messstrahl wird im Sensor über Lichtwellenleiter von der Lichtquelle zur Optocap geführt, das dort erzeugte Fluoreszenzlicht wird ebenfalls über Lichtwellenleiter auf den Detektor geführt. Abbildung 1 zeigt das prinzipielle Signalverhalten eines optischen O2-Sensors.

Integrierte Diagnose spricht Klartext

Moderne optische Messsysteme verfügen über integrierte Diagnosefunktionen, die den Anwender im Klartext darüber informieren, wann ein Austausch des Optocap-Elements erforderlich ist und wie lange . es unter den gegebenen Prozessbedingungen noch eingesetzt werden kann. Eine Timerfunktion weist darauf hin, wann die nächste Kalibrierung und Justierung erfolgen soll. Die automatische Stabilitätskontrolle berechnet anhand der Kalibrierdaten und der aktuellen Prozessbedingungen voraus, welche Sensordrift zu erwarten ist und korrigiert den Messwert um die zu erwartende Abweichung, so dass eine maximale Langzeitstabilität erreicht wird. Auch die Anzahl der Reinigungszyklen (CIP - Cleaning in Place) und Sterilisations- oder Autoklavierzyklen (SIP - Sterilisation in Place) wird automatisch detektiert. So kann eine maximale Anzahl CIP und SIP Zyklen definiert werden.

Kalibrierung und Justierung per PC oder Notebook

Nur ein korrekt kalibriertes Messsystem liefert korrekte Messwerte. Die Kalibrierung eines optischen O2-Sensors wird an zwei Punkten durchgeführt: An Luft als kostenlosem Kalibriermittel, die sehr konstant zusammengesetzt ist und 20,95 Vol-% Sauerstoff enthält, und in sauerstofffreiem Medium wie z.B. Stickstoff mit einer Reinheit von mindestens 99,995 Vol-%. Bei der Kalibrierung an Luft sind sowohl die Luftfeuchte als auch der aktuelle Atmosphärendruck zu berücksichtigen und während der Kalibrierroutine in das Messgerät einzugeben, damit dieses den korrekten O2-Partialdruck berechnen kann.

Diese Daten sind heute leicht über das Internet oder eine Wetter-App zugänglich. Der O2-Sensor lässt sich aber auch direkt am PC/Notebook über ein USB-Interface kalibrieren und justieren, das einen Luftdruck- und eine Luftfeuchte-Sensor enthält. Die Kalibriersoftware für PC/Notebook stellt noch weitere nützliche Funktionen bereit wie Sensorverwaltung in einer Datenbank, Benutzermanagement und umfassende Sensordiagnose.

Die Lebensdauer des fotosensiblen Sensorelementes ist von den Prozessbedingungen abhängig und kann in biotechnologischen Anwendungen bei zwei Batches pro Woche bis zu einem halben Jahr erreichen. Bei O2-Partialdrücken größer 60 hPa und einer Batchdauer von drei bis fünf Tagen reicht in der Regel eine 1-Punkt-Kalibrierung an Luft alle fünf bis zehn Batches aus, bei längeren biotechnologischen Prozessen (Fed-Batch oder Perfusion) und O2-Partialdrücken größer als 60 hPa sollte eine 1-Punkt-Kalibrierung an Luft vor jedem Batch durchgeführt werden.

Nach dem Tausch eines Optocap-Elements rmuss erneut eine 2-Punkt-Kalibrierung durchgeführt. Zu Beginn eines Batches wird der Messwert nach Belüftung mit einer speziellen Prozesskalibrierroutine ("Scaling") auf den gewünschten Startpunkt von 100 Prozent Luftsättigung gestellt.

Hoher Sauerstoffgehalt erniedrigt die Standzeit

Die Lebensdauer der Sensoren ist prinzip

iell von drei Faktoren abhängig: Sie verringert sich bei hoher Temperatur, bei hoher O2-Konzentration und gleichzeitiger Belichtung des Chromophors. Darum sollte während CIP- und SIP-Zyklen und Nichtgebrauch des Sensors die LED-Lichtquelle im optischen Sensor ausgeschaltet werden. Die Abschaltung kann durch das Messgerät erfolgen, wenn dieses ein digitales Signal von der Prozesssteuerung erhält. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Definition einer Abschalttemperatur, z.B. 42 °C. Wird diese erreicht, wird die LED im Sensor automatisch ausgeschaltet.

Tipps und Tricks für die Prozessintegration

Optische Sensoren lassen sich leicht in vorhandene Prozesse integrieren, da sie mit denselben Prozessanschlüssen und Abmessungen (Durchmesser und Einbaulänge) sowie hygienischen Eigenschaften (CIP-/SIP-tauglich, konforme medienberührte Materialien, Oberflächengüte) verfügbar sind. Im Gegensatz zu den konventionellen amperometrischen Sensoren, die als Rohwert einen Sensorstrom im nA-Bereich liefern, stellen optische Sensoren ein digitales Signal (Phasenwinkel phi) zur Verfügung.

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung

Die optimale Konfiguration stellt ein optischer Sensor in Kombination mit einem kompatiblen Transmitter dar, da nicht nur der reine Messwert, sondern auch noch eine Vielzahl von Diagnosedaten verarbeitet werden können. Für die Anbindung an vorhandene Fermentersteuerungen (Biocontroller) oder Transmitter stehen ausreichend Optionen für die analoge oder digitale Anbindung zur Verfügung.

Rauschunterdrückung - aber wie?

In Benchtop Fermentern werden O2-Sensoren meist vertikal durch den Deckel installiert. In aeroben Prozessen kann es zu erheblichem Signalrauschen kommen, wenn Luftblasen, die durch die Begasung in das Medium eingetragen werden, an der Sensorspitze verweilen. Diesen Effekt findet man oft bei konventionellen amperometrischen Sensoren vor, aber auch je nach Design bei optischen Sensoren. Abhilfe schaffen hier eine abgeschrägte Spitze und hydrophobe Oberfläche. Luftblasen können nicht anhaften und werden sofort weggetragen, wodurch das Signalrauschen vollkommen eliminiert wird.

Der gleiche Sensortyp für verschiedenen Fermentergrößen

Optische O2-Sensoren bieten eine Reihe von Vorteilen, wenn biotechnologische Prozesse optimal überwacht und gesteuert werden sollen. Konsistente Messwerte werden durch Verwendung ein- und desselben Sensortyps in Benchtop-Kleinfermentern in der F+E (Forschung und Entwicklung) über Midsize Fermenter im Upscaling bzw. in der Prozessentwicklung (PD - Process Development) bis hin zu Großfermentern in der Produktion erreicht. Für die Umrüstung konventioneller amperometrischer Sensoren auf moderne optische Sensoren steht eine Vielzahl flexibler Integrationsmöglichkeiten zur Verfügung.

* Der Autor ist Mitarbeiter im Segment Management Mettler-Toledo GmbH, Gießen

(ID:47105021)