Die zwei Phasen der Digitalisierung
Im Deutschen wird so nicht unterschieden und dementsprechend beschreibt „Digitalisierung“ entweder den primär technischen Vorgang der Aufbereitung von Information in digitale Daten oder den Prozess des sozio-ökonomischen Wandels, der durch Einführung digitaler Technologien, darauf aufbauende Anwendungssysteme und ihre Vernetzung angestoßen wird. Diese Form der „Digitalisierung“ ist allerdings nicht gleichzeitig und gleichmäßig in allen Wirtschaftsbereichen.
Der Industriesoziologe Hartmut Hirsch-Kreinsen beschreibt zwei Phasen der Veränderung. Die erste Phase seit Ende der 1990er Jahre umfasst den Bereich, in dem Produktion, Konsum und Kommunikation unmittelbar auf immateriellen Transaktionen und der Nutzung von Daten und Informationen basieren. Musikproduktion und -distribution, Verlage oder Finanzdienstleistungen. Aktuell können wir die zweite Phase dieser Digitalisierung beobachten. Die Phase, in der sich in so unterschiedlichen Bereichen wie industrieller Produktion, Medizin, Infrastruktur und Wohnen neue Nutzenpotenziale eröffnen und Digitalisierung sich auf Kernbereiche ökonomischen Handelns ausrichtet. Dabei kommen auch sogenannte Cyber-Physische Systeme zum Einsatz.
Digitalisierung produziert eigene Ideologien
Die Wirkungen dieser Digitalisierung erstrecken sich in viele Gesellschaftsbereiche. Das Leben wird durch digitale Technologien gemessen und vermessen, was Einfluss nicht nur auf die Prozesse in einem Bereich, sondern auch auf die Subjekte, die Personen hat, die darin agieren. Zudem wandeln sich durch die Digitalisierung die tradierten politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Organisations- und Umgangsformen.
Hier ist vor allem die soziale Produktion von Wissen, dessen Archivierung und dessen Reproduktion zu betrachten, die neue Formen annimmt. Und, um Arias-Maldonado zu folgen, die Digitalisierung produziert eigene Ideologien, die die Wahrnehmung von Realität und des Selbst beeinflussen und dabei neue soziale Interaktionsformen und Sitten erzeugen. Es verändert sich die Art und Weise, wie wir Probleme, Konzepte, Erklärungen definieren und wie wir Wissen generieren, zugänglich machen, vermitteln und bewahren.
(ID:44427148)