Digitale Wende

The Digital Turn - Transformation von der Informations- zur Wissensgesellschaft

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Fazit

Trotz aller Skepsis gegenüber akademischen Kreisen, die schnell eine Wende nach der anderen diagnostizieren, ist angesichts der Veränderungen, die Digitalisierung sowohl in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft als auch bei den Individuen auslöst, von einer Wende zu sprechen. Der veränderte Blick auf das Subjekt, seine Erfahrungswelten, die Wahrnehmung von Zeit, die realen Auswirkungen von virtuellen Artefakten lassen sich unter dem Begriff Digital Turn subsummieren.

Diese Wende beschreibt auch den Übergang von der Informations- zur Wissensgesellschaft, in der Medien und die journalistischen Leistungsangebote eine zentrale Rolle spielen. Medienleistungen sind die Grundlage für die Wahrnehmung von Trends und Zusammenhängen, sie ermöglichen die Wahrnehmung von Konkurrenz und sind so Voraussetzung für Innovation, Verbesserung und das Entstehen neuer Märkte. Medien sind auch die Plattform, die Entwicklungen thematisiert, die einer gesellschaftlichen und in der Folge politischen Entscheidung bedürfen. Jeff Bezos (Amazon), Bill Gates (Microsoft), Dag Kittlaus (Apple/Siri-Erfinder), Elon Musk (PayPal), Larry Page und Sergey Brin (Alphabet/Google), Mark Zuckerberg (Facebook), sie sind äußerst erfolgreiche Entwickler und /oder Chefs von Technologieunternehmen.

Sie haben neben ihrer Unternehmertätigkeit auch eine politische Position und Mission. Tech-Visionäre, die getragen von einem unerschütterlichen Fortschrittsglauben auch die Welt verbessern wollen, so die Journalistin Alexandra Riegler. Anlass genug, dass Technikvisionen thematisiert und vor allem gesellschaftlich und politisch diskutiert werden - zumindest, wenn die bereits oben beschriebenen Entwicklungen der Sprachassistenzsysteme ernst genommen werden.

Die Akteure in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft sind auf journalistischen Leistungsangebote angewiesen, die jenseits der Algorithmen kreativ Quellen identifizieren, kompetent Zusammenhänge analysieren, kritisch und konstruktiv neue Perspektiven aufzeigen, diese mit identifizierbaren Meinungen vertreten und zielgruppengerecht kommunikativ aufbereiten. Das ist auch die Versicherung gegenüber einer Automatisierung des Journalismus. Roboterjournalismus kann Breaking News, Produktmeldungen, Börsen- und Sportnachrichten sowie klassische Informationen schneller als im Sekundentakt produzieren.

Algorithmen sind effizient aber in der Echohöhle gefangen. Ein journalistisches Leistungsangebot stellt Zusammenhänge her, die nicht so offensichtlich aber vielleicht entscheidend für das Verständnis von Akteuren und Aktionen sind. Ein Beispiel? Das Silicon Valley gilt als die Zukunftswerkstatt der USA, vielleicht der Welt. Die Entwicklungen von Google und die Geschäftspraktiken werden bestaunt und die Welt rätselt über die Erfolgsfaktoren. In einem Buch wird die heutige Yahoo-Chefin und ehemalige Google-Mitarbeiterin Marissa Mayer so zitiert: „Sie verstehen Google nicht, wenn Sie nicht wissen, dass Larry Page und Sergey Brin Montessori-Kinder sind.“ Irritiert? Gut so!

* Prof. Volker M. Banholzer leitet den Studiengang Technik­journalismus/Technik-PR an der Technischen Hochschule Nürnberg

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