Ergänzendes zum Thema
Nachgefragt bei Bürkert CEO Heribert Rohrbeck
„Wir müssen wach und achtsam bleiben“
? Bürkert positioniert sich in der Prozessindustrie seit einigen Jahren als Systemanbieter. Wie nehmen die Kunden diesen Imagewechsel wahr?
Heribert Rohrbeck: Wir betreiben das Systemgeschäft mittlerweile seit 20 Jahren, erst mit einem kleinen Team und dann mit einer größer werdenden Mannschaft. Der Durchbruch kam vor etwa zehn Jahren. Seitdem geht die Systemstrategie mehr und mehr auf. Wir verzeichnen bis zu 40 Prozent Wachstum im Systemgeschäft und wir planen auch Kapazitätserweiterungen an unseren Systemhäusern. Viele Kunden haben positive Erfahrungen mit unseren Lösungen gemacht und laden uns deshalb heute bereits zu ihren Kreativsitzungen ein, um knifflige Probleme mit uns zu besprechen. Aber der Weltmarkt ist riesig, und wir sind noch nicht überall so sichtbar, wie wir sein wollen.
? Wo besteht noch Nachholbedarf?
Rohrbeck: Nachholbedarf besteht vor allem in Ländern, die sehr stark kostenorientiert sind, d.h., die Kunden wollen große Stückzahlen zu niedrigen Preisen erwerben. Hier müssen wir noch mehr tun, um die Vorteile unserer Systeme in den Vordergrund zu stellen.
? Was zählt momentan am Markt der Preis oder die beste Technik?
Rohrbeck: Es wird immer noch sehr viel über den Preis verkauft. Auch deutsche Kunden kaufen, wenn sie einen schnellen ROI wünschen, asiatische Kopien unserer Produkte. Langfristig denkende Kunden legen viel Wert auf Qualität und Anlagenverfügbarkeit. Dort greifen dann auch unsere Systemlösungen.
? Das klingt nach hartem Wettbewerb?
Rohrbeck: Der Verdrängungswettbewerb ist immer noch gnadenlos. Es gibt viele Quereinsteiger aus der Fabrikautomation, die sich dort Preiskämpfe liefern und nun in die Prozessindustrie drängen, wo gute Leistung immer noch mit schönen Margen belohnt wird. Und es gibt andere Quereinsteiger, die nicht vom Fach sind, aber sehr gute Ideen haben. Wir beobachten diese Aktivitäten und reagieren mit entsprechenden Modellen, um dem Kunden Antworten geben zu können. Die Kunden gehen dort hin, wo sie verstanden und gut bedient werden. Wir müssen daher wach und achtsam bleiben.
? Bedeutet das im Umkehrschluss, wenn Sie den Kunden verstehen, läuft das Geschäft?
Rohrbeck: Je besser wir die Bedürfnisse des Kunden verstehen, desto besser können wir ihn bedienen. Es muss uns gelingen, uns in die Lage des Kunden zu versetzen, im besten Fall in die des Endkunden. Das bedeutet aber auch, dass Verkaufsgespräche sich ändern müssen. Es geht z.B. darum, etwa in Gesprächen mit dem Anlagenbauer, auf den Kunden aus der Prozessindustrie Bezug zu nehmen und diese Bedürfnisse zu erfragen. Wir sind so begeistert von unseren Lösungen und neigen dazu, davon zu schwärmen anstatt zuzuhören, um zu erfassen, wo das eigentliche Problem liegt.
? Mit wem sprechen Sie denn konkret?
Rohrbeck: Es gibt verschiedene Vermarktungskanäle in der Prozessindustrie, die wir alle bedienen müssen. Wir sprechen mit den Ingenieurbüros, damit diese schon bei Auslegung der Anlage, Kenntnis davon haben, welche Vorteile wir bieten können. Wir müssen mit dem Anlagenbauer Kontakt haben, damit er weiß, wie unsere Systemlösungen eingesetzt werden können, um ihre beste Wirkung zu entfalten. Und wir brauchen die Kommunikation mit dem Endanwender, um zielgerichtet für dessen Anwendungen und Anforderungen Lösungen entwickeln zu können. Das ist ein sehr komplexer Vorgang, der sich allen stellt, die in der Prozessautomation unterwegs sind.
? Wie beherrschen Sie diese Komplexität?
Rohrbeck: Es braucht Verkäufer, die geschult sind und das Know-how haben, mit den unterschiedlichen Ansprechpartnern zu kommunizieren. Wir gehen weg vom „Bauchladenverkäufer“ hin zum Beratungsansatz. Allerdings bedeutet ein Gespräch mit dem Ingenieurbüro oder dem Anlagenplaner noch lange nicht, den Auftrag auch zu bekommen. Die Akquisition wird vor allem bei Auslandsprojekten sehr viel aufwändiger, weil Ingenieurbüro, Anlagenbauer und Endkunde nicht unbedingt im gleichen Land sitzen. Die Anforderungen an Kommunikation und Informationsfluss sind deutlich höher, stellen aber auch Einstiegsbarrieren für Wettbewerber dar, die bisher noch nicht in der Prozessindustrie unterwegs sind.