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Gleichzeitig bilden sich während der Aktivierung funktionelle Gruppen. Eine Aktivkohleoberfläche erhält beispielsweise durch Carboxyl-, Lacton- oder Phenoleinheiten einen sauren Charakter, während Ketone, Pyrone oder Benzopyrane für einen basischen Charakter sorgen [13]. Neben der Porengröße und der chemischen Charakteristik hängt die Adsorptionseffektivität von Lösungsmitteleigenschaften wie pH-Wert, Temperatur, Adsorbatkonzentration und Polarität des Lösungsmittels ab und wird auch durch das Molekulargewicht, Größe und Polarität der Adsorbaten beeinflusst [13]. Aktivkohle wird derzeit deutschlandweit in zwei Anwendungsformen untersucht (s. Abb. 3).
Granulierte oder/und Pulveraktivkohle?
Granulierte Aktivkohle (GAK) wird im Abwasserbereich entweder in Festbettfiltern oder in gebrauchsfertigen Reaktoren als System in Form von Kompaktanlagen eingesetzt [11]. Durch Spül- und Reinigungsprogramme können diese Reaktoren über einen der Beanspruchung entsprechenden Zeitraum in Betrieb gehalten werden. Bei erreichter Adsorptionskapazität müssen diese Aktivkohlen jedoch reaktiviert werden, da ansonsten die Gefahr besteht, dass die angelagerten Stoffe wieder konzentriert ins Wasser durchbrechen. Die Reaktivierung übernimmt gewöhnlich der Hersteller der Kohle. Sie erfolgt durch einen thermischen Prozess, welcher die Adsorptionsfähigkeit der Kohle durch Zusatz von Wasserdampf von rund 700 bis 800 °C wiederherstellt. Für die Reaktivierung gilt außerdem, dass 5 bis 10% der Gesamtmenge als Verlust gerechnet werden muss. Der Verlustanteil wird ebenfalls beim Hersteller durch Frischkohle ersetzt [20]. Ausnahmen bilden z.B. mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) belastete Aktivkohlen. Aufgrund der hohen Stabilität von PFC ist die Deponierung der verwendeten Aktivkohle die wirtschaftlich günstigere Maßnahme [21, 22].
Pulveraktivkohle (PAK) besitzt aufgrund ihrer größeren Oberfläche eine höhere Adsorptionsfähigkeit als GAK. Auf PAK basierte Eliminationsverfahren unterscheiden sich hauptsächlich in zwei Punkten. Einerseits werden der Ort der Dosierung und andererseits der Ort der Abtrennung betrachtet. Die Dosierung erfolgt in den meisten Fällen als Direktdosierung in die biologische Stufe der Kläranlage oder in spezielle Kontaktbecken nach der biologischen Stufe. Die anschließende Entnahme übernehmen Membranreaktoren oder Sandfiltrationsbecken [18, 23]. Bei der Einbringung der PAK in die jeweilige Verfahrensstufe der Kläranlage ist zu berücksichtigen, dass die PAK in der Kläranlage beispielsweise über Rücklauf- oder Überschussschlämme in andere Reinigungsstufen und Bauwerke gelangen kann. In einigen Fällen ist dies auch beabsichtigt und die Entfernung der PAK erfolgt über den Überschussschlammabzug. [24, 25].
Benstöm et al. bewerteten die Leistungsfähigkeit von granulierten Aktivkohlefilter aus 34 Studien, die in 14 Kläranlagen in Deutschland, in den Niederlanden und in der Schweiz durchgeführt wurden [26]. Dabei kamen die Autoren zu der Empfehlung, dass für einen Vergleich der Eliminierungsleistung verschiedener GAK-Filtrationsanlagen folgende Angaben verwendet werden sollten: Art der Vorbehandlung vor Zulauf, Adsorber, Leerbettkontaktzeit, Durchfluss, Verwendete GAK mit Korngröße, Schütt- und Rütteldichte, Rohstoff und Herstellung sowie die Matrixzahlen abfiltrierbare Stoffe (AFS), gelöster organischer Kohlenstoff (DOC), Diclofenac, Metopropol und Sulfanmethoxazol.
Es zeigte sich, dass keine Qualitätskriterien zum schnellen und kostengünstigen Erkennen eines geeigneten Aktivkohleprodukts für den spezifischen Anwendungszweck existieren, weil die historischen Kennzahlen wie BET-Oberfläche und Iodzahl sich als nicht ausreichend erwiesen [26, 27]. Auf der Basis der vorliegenden Daten ergeben sich teilweise starke Abweichungen in den ermittelten Adsorptionsraten, was auf eine nicht einheitliche Anwendungs- und Verfahrenstechnik zurückzuführen ist [21, 28-32]. Auch die gewählten analytischen Methoden variieren stark, was die Vergleichbarkeit der Daten erschwert [33-40].
Obwohl Aktivkohlen in Laborversuchen gegenüber verschiedenen Schadstoffen gute bis sehr gute Eliminierungsraten erzielten, stellt die komplexe Abwassermatrix in der Praxis ein grundlegendes Problem dar und bringt die Aktivkohle an ihr Limit. Dies hat vor allem damit zu tun, dass die Entfernung anthropogener Spurenstoffe erwartungsgemäß stoffspezifisch ist und somit die Affinität verschiedener Stoffe zu Aktivkohle mit verschiedenen chemischen Eigenschaften teilweise sehr unterschiedlich sind [15, 17]. Mehrere Studien zeigten unter anderem, dass die Anwesenheit von gelösten, natürlichen organischen Materialien die Adsorptionskapazität von PAK und GAK gegenüber diversen Schadstoffen wie Pharmazeutika oder PFC senkt [17, 41, 42].
Auch das Adsorptions-Desorptionsgleichgewicht muss stets berücksichtigt werden, wenn die Effizienz von Sorptionsmaterialien ermittelt werden soll. Bei der Desorption, die nach dem Konkurrenzprinzip und abhängig von Art und Konzentration weiterer Stressoren stattfindet, können gebundene, reaktive organische Stoffe aus den eingesetzten Aktivkohlematerialien ausgeschwemmt werden und zurück in den Wasserkreislauf gelangen. Ebenfalls mit zu betrachten, sind die äußeren Parameter wie pH-Wert und die Temperatur. Höhere Temperaturen unterstützen die Adsorptionsfähigkeit, zusätzlich existiert eine pH-Wert spezifische Aufnahmekapazität [21, 26, 41-44].
Fortsetzung folgt ...
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Danksagung
Die Forschungsprojekte von Wasser 3.0 werden durch die finanzielle Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie durch die Bereitstellung von ZIM-Fördermitteln (Zentrales Innovationsprogramm für KMU) durchgeführt. Die Unternehmen abcr aus Karlsruhe und Zahnen Technik aus Arzfeld sind direkte Projekt-involvierte Industriepartner. Analytische Unterstützung bekommt Wasser 3.0 von SAS Hagmann aus Horb am Neckar und von Limbach Analytics aus Mannheim. Zusätzlich dankt Maik Rudloff der Stiftung der Deutschen Wirtschaft (sdw) für den Erhalt eines Promotionsstipendiums.
* M. Rudloff, A. F. Herbort, P. Bimmler, M. Strozynska, C. Hiller, Jun.-Prof. K. Schuhen: Universität Koblenz-Landau, Inst. f. Umweltwissenschaften, 76829 Landau i. d. Pfalz, E-Mail: schuhen@wasserdreinull.de
* *A. F. Herbort, P. Bimmler: abcr GmbH, 76187 Karlsruhe
* **B. Ney, N. Poppelreiter: Zahnen Technik GmbH, 54687 Arzfeld
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