Anlagensicherheit Wie Sie Risiken, Vorlaufzeiten und Kosten bei der Planung sicherheitsgerichteter Systeme minimieren
Anlagen- und Mitarbeitersicherheit sind in der Prozessindustrie entscheidend, aber der Aufbau und die Umsetzung sicherheitsgerichteter Systeme kann komplex und anspruchsvoll sein. Christian Springer, Technical Manager Key Accounts bei Emerson erklärt, wie mit vorkonfigurierten Hardware-Lösungen die Projektausführung vereinfacht und damit wertvolle Zeit und Ressourcen eingespart werden können.
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Sicherheit hat in Prozessanlagen hohe Priorität. Darum werden Sicherheitsgerichtete Systeme (SIS) genutzt, um einen Anlagenteil oder einen Prozess in einen sicheren Zustand zu versetzen. Diese Systeme kombinieren Sensoren, Logiksysteme mit Aktoren und reagieren auf den Anlagenzustand, indem sie das richtige Ausgangssignal erzeugen, bevor es zu einem gefährlichen Vorfall kommt. Ganz gleich, ob SIS die Gefahr von Überdruck absichern oder ob sie als Überfüllschutz für Tanks fungieren – für den korrekten Betrieb müssen eine Reihe von Geräten bestimmungsgemäß funktionieren. Sensoren müssen z.B. abnormale Betriebsbedingungen wie hohen Durchfluss, niedrigen Füllstand oder eine fehlerhafte Ventilstellung erkennen können.
SIS kommunizieren digital
Aktuelle SIS basieren auf Logiksystemen, die für die digitale Kommunikation mit intelligenten Sicherheitssensoren und Aktoren konzipiert sind, und beinhalten erweiterte Diagnosefunktionen sowie vorausschauende Intelligenz zur Verbesserung der Zuverlässigkeit der gesamten sicherheitstechnischen Funktion (SIF). Die Norm IEC 61511 dient als Leitfaden für die Umsetzung von SIS in Anwendungen in der Prozessindustrie.
Ganz gleich ob zur Vermeidung von Sicherheitsvorfällen aufgrund von Überdruck oder als Überfüllschutz für Tanks – der korrekte Betrieb eines SIS erfordert die ordnungsgemäße Funktion einer Reihe von Geräten. Sensoren müssen abnormale Betriebsbedingungen wie hohen Durchfluss, niedrigen Füllstand oder eine fehlerhafte Ventilstellung erkennen können. Ein Logiksystem muss auf der Grundlage der vom Sensor gelieferten Informationen geeignete Entscheidungen treffen und seine Ausgänge gemäß der benutzerdefinierten Logik ändern. Das Ausgangssignal bewirkt, dass der Aktor eine Aktion wie das Schließen eines Ventils vornimmt, um die Anlage oder den Prozess in einen sicheren Zustand zu versetzen.
Auslegung eines SIS
Da SIS-Installation je nach Anlagenerfordernissen von einer Anwendung zur nächsten erheblich variieren können, stellen Entwicklung und Umsetzung eines SIS bisher immer eine Herausforderung dar, weil die Entwicklung von Prozessen und Verfahren, die alle Phasen des Lebenszyklus erfüllen, einen erheblichen Aufwand bedeutet. Die Zusammenarbeit mit kompetenten Ingenieuren für die Auslegung von Sicherheitssystemen ist entscheidend, um sicherzustellen, dass systematische Ausfälle aufgrund einer mangelhaften Spezifikation oder Planung reduziert oder eliminiert werden. Sobald alle SIF-Anforderungen bestimmt und die Sicherheitsintegritäts-Level (SIL) der SIF definiert sind, wird die geeignete Technologie ausgewählt und das SIS installiert sowie auf Funktionalität und Funktionsfähigkeit überprüft.
Anforderungen an SIS-Projekte
Obwohl Sicherheit das Hauptanliegen und die richtige Umsetzung entscheidend sind, unterliegen SIS-Projekte den gleichen Zwängen wie andere Automatisierungsprojekte: Kosten und Zeitrahmen dürfen nicht aus dem Ruder laufen. Es besteht der Druck, Projektrisiken, Investitionskosten und Zeitplanung im Rahmen zu halten. Im Rahmen von Instandhaltungsmaßnahmen vorgesehene Betriebsunterbrechungen, die oft für die Installation neuer Systeme oder Upgrades genutzt werden, dürfen nicht länger dauern als geplant. Projekte müssen rechtzeitig abgeschlossen werden, damit die Produktion wieder anfahren kann. Andernfalls können durch Produktionsausfälle erhebliche finanzielle Verluste entstehen. Straffe Zeitpläne sind daher die Norm, und Ziel muss es sein, das Gesamtprojektrisiko zu minimieren.
Die Projektausführung erfolgt in der Regel schrittweise, da ein Bereich auf Informationen eines anderen Bereichs angewiesen ist, um starten zu können. Beispielsweise müssen Anzahl und Art der Ein- und Ausgänge (E/A) bekannt sein, bevor der Schrank des Sicherheitssystems konzipiert oder die SIF-Konfiguration vorgenommen werden kann. Sicherheitssysteme wurden viele Jahre auf dieselbe Weise aufgebaut. Im Wesentlichen müssen verschiedene Arten von E-/A-Karten und Signalaufbereitungsgeräten für jeden Signaltyp mit herkömmlichen Verteilerklemmen quer verkabelt werden.
Das Unternehmen, welches das SIS liefert, muss den E-/A-Plan kennen, bevor es dem Kunden Schaltschrank-Designs zur Freigabe vorlegen kann. Die E-/A-Planung kann erst fertiggestellt werden, wenn die PAAG-Analyse (Prognose, Auffinden der Ursache, Abschätzen der Auswirkungen, Gegenmaßnahmen) abgeschlossen ist und die erforderlichen SIF so ausgelegt wurden, dass sie die beabsichtigte SIL-Einstufung erfüllen. Stehen Projekte unter Zeitdruck werden Arbeitsschritte oft beschleunigt und man nimmt hin, dass es zu einem späteren Zeitpunkt E-/A-Änderungen geben wird, die dann eine Umplanung und Nacharbeit erforderlich machen. Software und Hardware werden irgendwann vom Kunden im Werk des Lieferanten getestet. Der gesamte Prozess erfordert viel Interaktion zwischen den beiden Parteien, was viel wertvolle Zeit und Ressourcen beanspruchen kann.
Schaltschränke planen – mit welcher Methode?
Im Allgemeinen wurden Sicherheitssysteme viele Jahre auf dieselbe Weise aufgebaut. Im Wesentlichen müssen verschiedene Arten von E-/A-Karten und Signalaufbereitungsgeräten für jeden Signaltyp mit herkömmlichen Verteilerklemmen quer verkabelt werden. Das Unternehmen, das das SIS liefert, muss den E-/A-Plan kennen, bevor es dem Kunden Schaltschrank-Designs zur Freigabe vorlegen kann. Die E-/A-Planung kann erst fertiggestellt werden, wenn die PAAG-Analyse (Prognose, Auffinden der Ursache, Abschätzen der Auswirkungen, Gegenmaßnahmen) abgeschlossen ist und die erforderlichen SIF so ausgelegt wurden, dass sie die beabsichtigte SIL-Einstufung erfüllen. Unter Zeitdruck werden Projekte oft beschleunigt und es wird hingenommen, dass es zu einem späteren Zeitpunkt E-/A-Änderungen geben wird, die dann eine Umplanung und Nacharbeit erforderlich machen. Software und Hardware werden irgendwann vom Kunden im Werk des Lieferanten getestet. Der gesamte Prozess erfordert viel Interaktion zwischen den beiden Parteien, was viel wertvolle Zeit und Ressourcen beanspruchen kann.
Obwohl die Anforderungen und die Umsetzung bei jedem SIS unterschiedlich sind, gibt es bestimmte Elemente mit Möglichkeiten zur Vereinfachung des Design- und Umsetzungsprozesses. Der SIS-Schaltschrank ist ein solches Element und ein guter Ausgangspunkt. Normalerweise wird ein kundenspezifischer SIS-Schaltschrank konzipiert, wobei die Spezifikation und die individuelle Anpassung dieses Schranks beliebig erweitert werden können. Auf den ersten Blick klingt das sinnvoll. Bei Betrachtung des damit verbundenen Aufwands wird aber oft deutlich, dass dieser die Vorteile überwiegt.
Jeder kundenspezifische Schaltschrank und jeder individuelle Anschlusskasten bedeuten Zeitaufwand für die Planung, Schaltschrankkonfiguration und Auslegung. Das kostet neben Zeit auch Geld. Im Projektplan muss Zeit für die Auslegung der Schaltschränke und Anschlusskästen im Feld zusammen mit der üblichen Abnahmeprüfung beim Hersteller (FAT / Factory Acceptance Test) eingeplant werden. Im Projekt wird auch Zeit für die detaillierte Planung, Projektverwaltung und -leitung eingeplant. Mit zunehmender Projektgröße nimmt auch der Zeitaufwand für die Auslegung, Produktion und Prüfung der individuellen Schaltschränke erheblich zu.
Fehler bei der Herstellung und Verkabelung kundenspezifischer Schaltschränke können Auswirkungen auf Planung und Kosten haben. Obwohl Verkabelungsfehler in der Regel während der FAT auffallen, benötigt die Beseitigung dieser Fehler Zeit, wodurch sich das gesamte Projekt verzögern kann.
Wie sich E-/A-Änderungen auswirken
Späte Änderungen der E/A wirken sich auf nahezu jeden Aspekt des Schaltschranks aus. Auch wenn sie nicht unbedingt komplett neu hergestellt werden müssen, müssen sie möglicherweise umfassend geändert oder sogar neugestaltet werden. E-/A-Änderungen wirken sich mit Sicherheit auf die technischen Zeichnungen und wahrscheinlich auf die Verkabelung aus. Logiksysteme und Spannungsversorgungen müssen ggf. auch verlegt bzw. ergänzt werden. Diese Änderungen und Ergänzungen können teuer werden. Späte Änderungen können auch noch auftreten, nachdem die Schränke an den Einsatzort geliefert wurden.
In diesem Fall kann es günstiger und schneller sein, den Schaltschrank an den Hersteller zurückzusenden, als sich darauf zu verlassen, dass ein unerfahrener Mitarbeiter vor Ort die Änderungen im Feld vornimmt. In jedem Fall hat dies erhebliche Auswirkungen auf Kosten und Planung (bei großen Projekten kann dies Wochen oder sogar Monate bedeuten), was wiederum Auswirkungen auf die Inbetriebnahme haben kann. Wird die Norm IEC 61511 angewandt, wirkt sich die Nachbearbeitung auch auf das in der Norm geforderte Prüfverfahren aus.
Vorgefertigte Schaltschränke als alternativer Ansatz
Für Prozessleitsysteme stehen vorgefertigte Schaltschränke, die nach Kundenwunsch konfiguriert werden, schon seit einigen Jahren zur Verfügung. Wer ein Sicherheitsgerichtete System (SIS) implementieren will, der kann nun dieselbe Flexibilität nutzen. Vorkonfigurierte Schaltschränke bieten eine einfach zu implementierende Option, die erhebliche Zeit- und Ressourceneinsparungen bringen kann. Vorgefertigte Lösungen sind für die meisten Sicherheitsanwendungen bei kleinen bis mittelgroßen Projekten von Vorteil.
Standardlösungen sind für Anwendungen wie Notfallabschaltung, Brennersteuerungen, Brand- und Gaserkennung, High-Integrity-Druckschutzsysteme (HIPPS) und automatische Überfüllsicherungssysteme (AOPS) verfügbar. Diese Lösungen eignen sich auch, um alternde Sicherheitssysteme zu ersetzen, deren Zuverlässigkeit Probleme bereitet, oder wenn Bedenken hinsichtlich der IEC 61511-Konformität bestehen. Am Ende ermöglichen vorkonfigurierte Sicherheitsgerichtete Systeme Endanwendern die Auswahl aus einem einfachen Optionsmenü, um je nach Bedarf Standardschränke oder Feldgehäuse zu spezifizieren. Das Augenmerk richtet sich auf die Größe des Schranks und die wiederum hängt u.a, von der gesamten erforderlichen Kapazität an Ein- und Ausgängen ab.
Bei der Konzeption sind bereits alle normativen Anforderungen aus Hardware-Sicht vom Herstellerwerk erfüllt und die Dokumentation wird zusammen mit den Standardboxen versandt, wodurch die Einhaltung der IEC 61511 vereinfacht wird.
Electronic Marshalling
Ein wichtiger Teil dieser vorkonfigurierten Lösungen ist das Electronic Marshalling. Damit entfällt die Notwendigkeit für herkömmliche Rangierschaltschränke. Eigensichere und nicht eigensichere Signale können direkt vom Feld an den Electronic Marshalling-Anschlussklemmen angeschlossen werden und auch in beliebiger Reihenfolge in einem Schrank kombiniert werden. Für jedes Signal wird das geeignete Charakterisierungsmodul ausgewählt, diese gibt es für fast alle üblichen E-/A-Signaltypen, und können erst viel später im Projekt spezifiziert werden. Die Module unterstützen unterschiedliche Spannungen sowie analoge und digitale Ein- oder Ausgänge. In der Regel läuft die Konfiguration der System-Hardware auf drei Entscheidungen hinaus: Gehäuseart, Systemgröße und Systemschnittstellen. Vorkonfigurierte Hardware kann einbaufertig ausgeliefert werden. Endanwender müssen nur die Spannungsversorgung, Masse und Kommunikation anschließen. Somit gibt es jetzt eine Lösung, die Projektrisiken senkt und es dem Anwender erlaubt, sein Projekt im vorgegebenen Kosten- und Zeitrahmen abzuwickeln. ●
* Der Autor ist Technical Manager Key Accounts bei Emerson, Kontakt: christian.springer@emerson.com
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