Forschungsprojekt H2Organic Wie elektrokatalytische Synthese die chemische Produktion nachhaltig machen kann

Redakteur: MA Alexander Stark

Viele Herstellungsprozesse in der chemischen Industrie sind nach wie vor nicht nachhaltig. Oftmals basieren sie direkt oder indirekt auf fossilen Energieträgern oder ergeben potenziell schädliche Nebenprodukte. Diese Nachteile will Dr. Daniel Siegmund, Gruppenleiter „Elektrokatalyse“ am Fraunhofer Umsicht, durch innovative elektrochemische Verfahren minimieren.

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Die elektrochemische Reaktionszelle hat das Potenzial, vom kleinen Labormaßstab auf industrielle Größe übertragen werden zu können.
Die elektrochemische Reaktionszelle hat das Potenzial, vom kleinen Labormaßstab auf industrielle Größe übertragen werden zu können.
(Bild: Fraunhofer Umsicht/Alina Gawel)

Sulzbach-Rosenberg – Mit der Idee, innovative Materialien für die elektrokatalytische Hydrierung von organischen Chemikalien einzusetzen, hat sich Dr. Daniel Siegmund aufgemacht, um die Herstellung chemischer Produkte nachhaltiger zu gestalten. Der Gruppenleiter „Elektrokatalyse“ am Fraunhofer Umsicht sowie Habilitant bei Prof. Dr. Ulf-Peter Apfel an der Ruhr-Universität Bochum, und seine Gruppe „H2Organic“ beginnen im Oktober 2021 mit ihrer Forschung daran. Im Projekt kommen Wissenschaft und Industrie zusammen. Gemeinsam wollen sie mithilfe eines elektrochemischen Syntheseprozesses Strom aus erneuerbaren Quellen nutzen, um chemische Produkte mit „grünem Fußabdruck“ herzustellen. So kann grüner Strom beispielsweise den Einsatz großer Mengen chemischer Oxidations- und Reduktionsmittel überflüssig machen und helfen, Abfallprodukte zu vermeiden. Zudem sind elektrochemische Prozesse leicht kontrollierbar und benötigen in der Regel keine aufwendigen Reaktionsbedingungen wie etwa hohe Temperaturen oder Drücke.

Im Fokus der „H2Organic“-Forschenden steht der Prozess der Hydrierung – eine der Standardreaktionen sowohl im Labor- als auch im großindustriellen Maßstab, bei der Wasserstoff auf organische Chemikalien übertragen wird. Zum Einsatz kommt dieser Prozess zum Beispiel bei der Produktion von Margarine. „Anstelle der klassischen Hydrierung wollen wir einen nachhaltigen, elektrochemischen Prozess entwickeln, der die oben genannten Vorteile mitbringt“, so Siegmund. „Dabei schauen wir uns alle notwendigen Arbeitsschritte zu Gestaltung und Optimierung eines solchen Prozesses an – angefangen beim grundlegenden Design des elektrochemischen Reaktors über speziell angepasste Katalysator-Materialien als Reaktionsbeschleuniger bis zu korrosionsstabilen Gehäusekomponenten und Dichtungen.“ Dabei haben die Wissenschaftler immer im Blick, dass die von ihnen entwickelte Reaktionszelle auch das Potenzial haben soll, vom kleinen Labormaßstab auf industrielle Größe übertragen zu werden.

Ein wichtiger Ansatzpunkt im Projekt: die Substitution teurer edelmetall-basierter Katalysatoren wie Palladium oder Platin zugunsten von innovativen edelmetallfreien Katalysatoren. Die Forscher nutzen dazu leitfähige Übergangsmetall-Sulfide, die wesentlich kostengünstiger produziert werden können und mit weniger umweltschädlichen Einflüssen behaftet sind. Inspiriert ist diese Katalysatorwahl von einer hohen strukturellen Verwandtschaft dieser Materialien zu natürlichen Wasserstoff-verarbeitenden Enzym-Zentren.

Ein weiteres Schlüsselproblem der Forschenden: die Übersetzung eines katalytisch aktiven Materials in eine effiziente Elektrode. Um das zu lösen, entwickeln und evaluieren sie – unter Einbeziehung der hergestellten Katalysatoren – Kernkomponenten des Reaktors in inhouse konzipierten elektrochemischer Hydrierungs-Durchflusszellen.

„Am Ende des Projektes möchten wir dazu beitragen, innovative, nachhaltige elektrokatalytische Syntheseprozesse in der chemischen Industrie zu etablieren“, fasst Daniel Siegmund das angestrebte Ergebnis der Forschungsarbeit zusammen. „Zudem wollen wir die Entwicklungslücke zwischen grundlegender Katalysatorforschung und verfahrenstechnischer Anwendung in der Elektrokatalyse schließen.“

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