Prozessautomatisierung Wie Digitalisierung der Schlüssel zur Defossilierung wird

Von Martina Walzer*

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Das „Carbon2Chem“-Projekt erarbeitet Lösungen, um CO2-Emissionen als Rohstoffquelle für die chemische Industrie zu nutzen, z. B. zur Methanolsynthese. Um die Basis für eine nachgeschaltete multivariable Regelung zu schaffen, müssen Daten aus der Temperaturmessung und der Gasanalyse der Abgasströme zuverlässig erfasst werden. Die Herausforderung dabei: unterschiedliche Zusammensetzung und Menge der Abgasströme. Welche Rolle Prozessautomatisierung dabei spielt.

Die Ziele der Europäischen Union zur Klimaneutralität erfordern nachhaltige Lösungen hin zur Kreislaufwirtschaft.
Die Ziele der Europäischen Union zur Klimaneutralität erfordern nachhaltige Lösungen hin zur Kreislaufwirtschaft.
(Bild: © NicoElNino - stock.adobe.com)

Das chemisch stabile Kohlendioxid (CO2) ist im Kyoto-Protokoll als Treibhausgas genannt und mitverantwortlich für die Erderwärmung. Das geruch- und farblose Gas entsteht unter anderem bei der Verbrennung fossiler Energieträger (Kohle, Erdöl, Erdgas) und macht den Großteil des vom Menschen zusätzlich verursachten Treibhauseffekts aus (anthropogenes Kohlendioxid).

Verschiedene Einschätzungen gehen von einer Verweildauer (d. h. die Zeitspanne, bis natürliche Prozesse das CO2-Molekül endgültig wieder aus der Atmosphäre holen) von mehr als 100 Jahren aus. Eine deutliche Verminderung des Ausstoßes ist so in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten unabdingbar. Liegt es hier nicht nahe, das Molekül gar nicht erst in die Atmosphäre entweichen zu lassen, sondern im Sinne der Kreislaufwirtschaft gleich weiterzuverwenden?

Abgas als Rohstoff

Dieses Recycling des Kohlenstoffes ist Thema des „Carbon2Chem“-Projektes. Hier arbeiten Partner aus Wissenschaft und Industrie unter Förderung des Bundesministeriums für Forschung und Bildung zusammen. Ziel ist es, kohlenstoffhaltige Gase von Stahlwerken mithilfe erneuerbarer Energien lastflexibel in chemische Grundstoffe wie Methanol zu überführen. So entstehen aus dem Abgas der Hochöfen Vorprodukte für Kraftstoffe, Kunststoffe oder Düngemittel.

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Die besonderen Herausforderungen dieser neuen Prozesse liegen jedoch darin, dass die Abgasströme hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung und ihres Volumenstromes stark schwanken. Dazu kommt noch, dass erneuerbare Energien, und auf deren Basis produzierter Wasserstoff, nicht gleichmäßig zur Verfügung stehen. Die eingesetzte Prozessautomatisierung muss diese fluktuierenden Prozesse jedoch sicher und optimal führen können.

Grundlage für die KI

„Im Rahmen des Projekts sammeln wir Daten aus multiplen Temperaturmessungen und Gasanalytik, übertragen sie in einen Datenraum und verwenden KI-Tools zur Entwicklung einer multivariablen Steuerung. Dies führt zu einem energieeffizienteren Prozess, einer längeren Lebensdauer des Katalysators und verbessert Ausbeute und Selektivität“, erklärt Dr. Andreas Menne, Leiter der Abteilung Low Carbon Technologies am Fraunhofer Institut Umsicht.

„Die Daten dienen darüber hinaus zur Verbesserung bestehender Prozesssimulationen und kinetischer Modelle. Deren Anwendung verbessert die Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit des Gesamtprozesses, da modellgestützte vorausschauende Regelung, vorausschauende Wartung oder Co-Simulation weitreichende Optimierungen ermöglichen“.

Mit innovativen Mess- und Regelungstechniken unterstützt Siemens hier wirkungsvoll die Weiterentwicklung der Methanolsynthese aus Gasströmen, die hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und Menge fluktuieren.

Skalierbar und flexibel

Dabei kommt das skalierbare und flexible Prozessleitsystem Simatic PCS 7 von Siemens zur Automatisierung und Visualisierung zum Einsatz.

Multiple Temperaturen gleichzeitig und schnell zu erfassen und zur Prozessführung zu nutzen erlaubt zielgerichtete Korrekturen in der Applikationssteuerung.
Multiple Temperaturen gleichzeitig und schnell zu erfassen und zur Prozessführung zu nutzen erlaubt zielgerichtete Korrekturen in der Applikationssteuerung.
(Bild: Siemens)

Die zuverlässig erfassten Daten aus der Temperaturmessung und der Gasanalyse bilden die Basis für eine nachgeschaltete multivariable Regelung, die Siemens gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut Umsicht im Rahmen von „Carbon2Chem“ entwickeln wird. Dank einer einzigartigen skalierbaren Systemarchitektur liefert Simatic PCS 7 die ideale Basis für die kosteneffektive Realisierung individueller Automatisierungslösungen und den wirtschaftlichen Betrieb von Prozessen.

Die Skalierbarkeit gilt für alle Bereiche des Systems. Die Architektur ist so angelegt, dass die Leittechnik bei der Projektierung optimal an die Dimensionen der Anlage angepasst werden kann. Hierzu erklärt Dörte Sack, Leiterin des Bereiches technologische Konzepte des Bereiches Chemie bei Siemens in Karlsruhe: „Unsere Technologie ist hier sehr flexibel. Beim weiteren Ausbau in die nächste Anlagengröße oder bei technologischen Änderungen lässt sich die Leittechnik jederzeit nachträglich erweitern. Allein in der Steuerungsebene stehen dem Anwender mehrere funktionskompatible Automatisierungssysteme mit abgestuftem Preis-/Leistungsverhältnis zur Verfügung. Damit lässt sich die Automatisierungsleistung optimal an die Anforderungen des Prozesses anpassen“.

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Temperaturprofile erstellen

Zur Ermittlung der Temperaturverteilung leistet Sitrans TO500 zur faseroptischen Temperaturprofilmessung wertvolle Hilfe. Es ermöglicht die gleichzeitige Er­fassung und Auswertung einer großen Anzahl von Temperaturmesssensoren (Faser-Bragg-Gitter FBG). Der Messumformer emittiert Licht im Bereich von 1500 bis 1600 Nanometer; aus den Reflexionen der einzelnen FBG-Sensoren berechnet das System das Temperaturprofil und stellt die ermittelten Werte über eine Profibus-Schnittstelle zur Auswertung im Leitsystem bereit. Diese Informationen sind Grundlage für die Realisierung und Optimierung der Prozesse sowie das Management der installierten Assets.

Die digitalisierte Anlage eröffnet so Möglichkeiten für industrielle Anwendungen, welche die Defossilisierung und Modernisierung im Sinne des Green Deals der EU-Kommission vorantreiben. ●

* * Die Autorin ist Manager Technical Concepts bei Siemens Digital Industries. Kontakt: contact@siemens.com

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