Pumpen Wettkampf der Systeme
Wer es als Betreiber mit höher viskosen Medien zu tun hat, sollte bei der Auswahl und der Konfiguration seiner Pumpe besonders überlegt vorgehen. Am wichtigsten ist eine möglichst präzise Beschreibung von Medium und Prozess.
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Wer es als Betreiber mit höher viskosen Medien zu tun hat, sollte bei der Auswahl und der Konfiguration seiner Pumpe besonders überlegt vorgehen. Am wichtigsten ist eine möglichst präzise Beschreibung von Medium und Prozess.
Doch das ist in der Praxis nicht immer einfach, wie ein von PROCESS initiiertes Seminar zeigte.Erfahrene Seminarteilnehmer kennen das: Der Referent mit dem letzten Vortrag agiert oft genug vor gelichteten Reihen, sieht müde gewordene Teilnehmer bereits im Aufbruch. Anders beim Pumpen-Seminar „Viskose Medien und der Einfluss von Feststoffen“, das PROCESS am 5. November in Würzburg veranstaltete.
Da verharrten fast alle Teilnehmer bis zum Schluss auf ihren Sitzen. Das lag sicher an den interessanten Themen. Vor allem lag das aber an einer listigen Idee des Moderators Dr.-Ing. Friedrich-Wilhelm Hennecke, dem ehemaligen Leiter des Pumpenzentrums der BASF. Der hatte nämlich schon am Morgen angekündigt, knifflige Fragen aus dem praktischen Alltag zur Auswahl bzw. Auslegung von Förderpumpen zunächst zu sammeln, um diese dann am Ende des Seminars in gemeinsamer Runde mit allen Referenten zu diskutieren.
Um es vorweg zu nehmen: Die gemeinsame Schlussrunde war ein Highlight des Seminars. Weil Hennecke die Fragen so präsentierte, dass jeder der Referenten sich angesprochen fühlen durfte, kamen sehr differenzierte Diskussionen in Gang. Selten sah man Repräsentanten verschiedener Pumpen-Systeme so erkennbar um Objektivität bemüht, um in gemeinsamer Anstrengung eine Problemlösung zu finden.
Diese Objektivität würde sich wohl so mancher Betreiber auch im täglichen Geschäft wünschen (siehe Kommentar)! Doch nun der Reihe nach. Nicht einzelne Pumpen standen im Mittelpunkt des „Wettkampfs der Systeme“. Wichtiger war es, eine Antwort auf die Frage zu finden: Welcher Pumpentyp kann meine Förderaufgabe vermutlich am besten lösen?
Verdränger contra Kreisel
Dazu bot Professor Dr.-Ing. Helmut Jaberg (Univ. Graz) eine grobe, aber verlässliche Abschätzung: Während eine Kreiselpumpe hydrodynamisch funktioniere, arbeite eine Verdrängerpumpe im Grunde hydrostatisch – ‚schiebe’ sie doch das Medium von der Saug- auf die Druckseite. Deshalb eigneten sich Verdrängerpumpen prinzipiell eher zum Fördern höher viskoser Medien als eine Kreiselpumpe.
Als Hausnummer hat er diese Abschätzung über die spezifische Drehzahl nq parat (Hinweis: Die spezifische Drehzahl gestattet es, bei unterschiedlichen Betriebsdaten Laufräder verschiedener Baugrößen miteinander zu vergleichen und ihre optimale Bauform sowie die Form der zugehörigen Pumpenkennlinie zu klassifizieren):
- nq > 10: Es ist immer auch eine Kreiselpumpe in Erwägung zu ziehen.
- nq = 10: Es kommen noch mehrstufige Kreiselpumpen in Frage.
- nq < 10: Suche eine rotierende Verdrängerpumpe.
- nq << 10: Suche eine oszillierende Verdrängerpumpe.
Tipp für die Praxis: Um eine Kreiselpumpe für zähe Medien auszulegen, hat KSB Umrechnungsdiagramme auf der Basis des Mediums Wasser entwickelt. Auch beim amerikanischen Hydraulic Institut stehen solche Diagramme zur Verfügung. Nicht immer ist der Lieferanten verantwortlich, wenn eine Pumpe ihre Funktion nicht zufriedenstellend erfüllt, denn:
„Kein Lieferant ist in der Lage, für einen unbekannten Betriebszustand die ideale Pumpe zu liefern“, verwies Moderator Hennecke bereits in seiner Einführung auf die immer empfehlenswerte Vorgehensweise bei der Auswahl einer Pumpe: Bestimmung der Mediumszusammensetzung, Abfrage der Betriebszustände (Fahrweise, Druck, Temperatur – wobei nicht vergessen werden sollte, dass beispielsweise im CIP-Reinigungszyklus oft höhere Temperaturen als im Prozess selbst anfallen!).
Bei höher viskosen Medien sei diese Vorab-Information zum Medium für den Hersteller sogar besonders wichtig, zudem sollte bekannt sein, ob die Angaben zur Viskosität tatsächlich gemessen oder nur mehr geschätzt seien. Nicht nur die möglichst präzisen Angaben zum Medium und zur Fahrweise sind wichtig. Professor Jaberg verwies in seinem Vortrag auf eine verbreitete Untugend, die jede Planung und Auslegung ad absurdum führe, die Sicherheitszuschläge (Motto: „Eine zu große Pumpe läuft; eine zu kleine nicht“).
Die somit überdimensionierten Pumpen seien nicht nur teurer als erforderlich, auch die Betriebskosten liegen dann zu hoch. Und nicht nur das: Weil diese Pumpen meist gedrosselt würden, leide die Gleitringdichtung aufgrund der stärkeren Wellenbewegung. Schön und gut, war aus dem Auditorium zu vernehmen, als Anlagenplaner müsse man sich aber dennoch oft genug recht früh und ohne verlässliche Daten zum Medium bzw. zum Prozess auf Pumpen festlegen – ganz einfach wegen der langen Lieferzeiten.
Dazu kam dann dieser bedenkenswerte Tipp aus der Runde: Wer zu wenig Daten zu Medium und Betriebsweise vorliegen habe, der sei womöglich mit einer Verdrängerpumpe besser bedient – die schiebt unabhängig von umgebendem Druck und Temperatur immer das gleiche Volumen durch.Schlauch oder Schnecke?Einen etwas kuriosen Wettbewerb starteten die beiden Vertreter der Schlauchpumpen- bzw. Exzenterschneckenpumpen-Anbieter: Beide beanspruchten nämlich, die „Pumpe der letzten Wahl“ anzubieten, soll heißen: Wenn nichts mehr gehe, dann greife der Betreiber eben zur Schlauch-, bzw. zur Exzenterschneckenpumpe.
Das hat seine Gründe, wie beide Referenten gut belegen konnten. Mittlerweile, auch da waren sich beide einig, erweiterten sich jedoch die Einsatzmöglichkeiten dieser Pumpen erheblich – aufgrund neuer Werkstoffe für den Schlauch bzw. Stator/Rotor ebenso wie aufgrund neuartiger Exzenter-Geometrien. Gerade bei der Exzenterschneckenpumpe mache sich der Einfluss veränderter Geometrien auf die Standzeiten bemerkbar – halbierte Drehzahlen bedeuten einen geringeren Verschleiß und eine vierfache Standzeit bei gleicher Fördermenge, rechnete Bernhardt Murrenhoff von Netzsch Mohnopumpen vor.
Manfred Nemitz, Verder Deutschland, verwies auf die Leckagefreiheit einer Schlauchpumpe – sie kommt ohne Ventile und ohne Wellenabdichtung aus, für viele Anwender ist das ein wichtiges Kriterium. Darüber hinaus hat eine Schlauchpumpe keine Probleme mit Trockenlauf – eine Exzenterschneckenpumpe aber sehr wohl.
Der hohe Preis einer chlauchpumpe immerhin Faktor zwei bis drei gegenüber Exzenterschneckenpumpen, wie in Würzburg zu hören war) dürfte aber so manchen Anwender erschrecken, nicht zu vergessen die Kosten für jeden Schlauchwechsel (zehn Prozent des Pumpenpreises!) und auch die durchaus gewaltigen Dimensionen und Gewichte, sollen größere Volumina bewegt werden. Die Hersteller sehen das zu Recht gelassen: Wer als Betreiber seine Produktion nur mithilfe einer Schlauchpumpe in Gang halten kann, schaut nicht auf solche Kosten.
Für ihn zählt die Problemlösung. Beispielsweise das schonende, zerstörungsfreie Fördern sensibler Emulsionen oder Produkte, die weder in ihrer chemischen Zusammensetzung verändert, noch zerstört werden dürfen, bei sehr niedriger Drehzahl. Welcher Pumpentyp es auch am Ende war, sicher hat jeder Teilnehmer seine vermehrten Einsichten zum Thema Pumpen aus Würzburg mitgenommen.
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