Länderreport Wachstumsmarkt Brasilien im Fokus

Autor / Redakteur: Oliver Döhne / Marion Henig

Brasilien ist der flächen- und bevölkerungsmäßig fünftgrößte Staat der Erde und mit über 186 Millionen Einwohnern der bevölkerungsreichste Südamerikas. Der Industriebereich wächst stetig; die Chemiewirtschaft ist die drittgrößte Industriebranche des Landes. In diesem Länderreport erfahren Sie mehr zur aktuellen Marktentwicklung und Branchenstruktur, zu wichtigen Investitionsprojekten und der gängigen Geschäftspraxis des Landes.

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Sao Paulo – Die chemische Industrie Brasiliens erhöhte 2008 ihren Umsatz auf Dollarbasis um 17,9 Prozent und legte damit nach dem ebenfalls starken Vorjahr (+22,6 Prozent) erneut beträchtlich zu. In Landeswährung übertraf die Steigerungsrate mit 10,6 Prozent sogar die des Vorjahres.

Ende 2008 kam die Krise in der Branche an und zog das Ergebnis nach unten. Im 1. Quartal 2009 erholten sich Produktion und Absatz wieder leicht, allerdings auf schwacher Basis. Gute Aussichten bestehen weiter in der Petrochemie, für Zulieferer von Kfz- und Bauindustrie sowie bei Pflanzenschutzmitteln.

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Marktentwicklung

Die brasilianische Chemiebranche setzte 2008 in Landeswährung insgesamtrund 222,3 Milliarden brasilianische Reais (Devisenkurs am 13.5.09: 1 Euro =2,8 Reais) um, etwa 10,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Den größten Anteil daran hattenlaut Angaben des Branchenverbands Abiquim Erzeugnisse für den industriellenGebrauch (50,2 Prozent). An zweiter Stelle folgten mit 14 Prozent pharmazeutische Produkte,vor Düngemitteln (11,6 Prozent) sowie Körperpflegeartikeln und Kosmetika(8,5 Prozent). Pflanzenschutzmittel lagen mit 5,7 Prozent an fünfter Stelle, danach rangiertenSeifen und Reinigungsmittel mit 5,2 Prozent sowie Farben und Lacke mit einemAnteil von 2,5 Prozent. Die größten Zuwachsraten erzielten Kosmetika mit einem Plusvon 10,8 Prozent vor Pharmazeutika und Pflanzenschutzmitteln (jeweils +10,8 Prozent) sowieDünger (+10,6 Prozent).

Im brasilianischen Bausektor, einem der wichtigsten Abnehmer für Produkteder Chemieindustrie, gibt es derzeit unterschiedliche Entwicklungen. Währendim Gewerbebau vorerst so gut wie alle Großprojekte auf Eis liegen, könnteder Wohnungsbau trotz Krise in den nächsten Jahren seinen Aufschwungfortsetzen. Grund ist das ambitionierte Förderprogramm „Minha Casa, MinhaVida“ (Mein Haus, mein Leben), mit dem die Regierung in den nächsten Jahreneine Million Sozialwohnungen bauen lassen wird. Der Ausbau der Infrastrukturbleibt vorerst dem Staat überlassen, wird aber nicht zuletzt in Hinblick aufdie anstehenden Großereignisse (Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und womöglichOlympiade 2016 in Rio de Janeiro) weiter zunehmen. Der Gesundheitssektorscheint dabei einer der wenigen Bereiche zu sein, in dem die Maßnahmendes ambitionierten Konjunkturprogramms PAC fahrplanmäßig umgesetztwerden.

Die Kfz-Produktion läuft nach einem Stillstand im Dezember 2008 dank staatlicherUnterstützung wieder besser. Wenn die Reduzierung der IPI-SteuerEnde Juni 2009 ausläuft, dürfte sich aber auch die Produktion wieder abschwächenund bis Jahresende nach Prognosen des Automobilverbands Anfaveabei etwa 2,8 Millionen Fahrzeugen und damit um 11,2 Prozent unter dem starken Vorjahrliegen.

Die Verkäufe von Farben und Lacken profitierten 2008 von der guten Konjunkturin der Bau- und der Kfz-Industrie und wuchsen nach dem Index des BaumaterialverbandsAbramat um 33,2 Prozent. Später wurden sie jedoch auch von der Krisegetroffen, so dass sich im Januar und Februar Absatzeinbußen von 18,5 Prozent ergaben.In Anbetracht der gezielten Fördermaßnahmen für die wichtigsten AbnehmerbranchenKfz und Bauindustrie ist die Perspektive in diesem Segmentaber momentan nicht die schlechteste.

Die Landwirtschaft erholt sich langsam von den Auswirkungen der weltweitenWirtschaftskrise. Der Absatz von Düngemitteln nahm 2008 aufgrund vonPreissteigerungen wertmäßig um 10,6 Prozent zu, lag mengenmäßig jedoch um 8,9 Prozentunter dem Vorjahr. In den ersten drei Monaten 2009 fiel er erneut um 23,7 Prozent,mit einer leichten Verbesserung im März gegenüber Februar. Die Importe, dieetwa 70 Prozent des Marktes bedienen, sanken 2008 mengenmäßig um 12,1 Prozent und im1. Quartal 2009 um 82,5 Prozent. Nach dem schwierigen 1. Quartal 2009 erwartetHeringer, die Nummer zwei der Branche, für den weiteren Verlauf des Jahresverbesserte Verkaufszahlen.

Der Absatz von Pflanzenschutzmitteln legte 2008 wertmäßig um 10,8 Prozent zu.Auch in Zukunft sind hervorragende Geschäfte möglich, sagt FriedrichBerschauer, Vorstandsvorsitzender von Bayer CropScience. Für die Bayer-Tochter wird Brasilien bald die USA als größten Absatzmarkt ablösen. „Was dieLandwirtschaft angeht, ist das wichtigste Land heute eindeutig Brasilien“, soBerschauer gegenüber der Wirtschaftszeitung Valor Economico. Mit Pflanzenschutzerzielt der Bayer-Konzern in Brasilien rund die Hälfte seines Umsatzes,der 2008 um 37 Prozent wuchs.

Die brasilianische Pharmaindustrie erhöhte ihren Absatz 2008 nach Angabendes Fachverbandes Febrafarma um knapp 16,9 Prozent auf 17,1 Milliarden Dollar (in Landeswährung:+9,5 Prozent). Mengenmäßig gab es jedoch lediglich ein Plus von 0,36 Prozent. DiePharmaimporte stiegen 2008 um 21,5 Prozent auf 4,3 MilliardenDollar. Generika erfreuensich weiter großer Beliebtheit und legten im Zeitraum März 2008 bis 2009 nachAngaben des Verbands der Arzneivertreiber (Abradilan) 2008 um 23,3 Prozent zu.

Kosmetika, Parfüms und Körperpflegemittel verzeichneten keine krisenbedingtenAbsatzausfälle, im Gegenteil. Viele Konsumenten stellten den Kaufvon dauerhaften Konsumgütern zurück und hatten daher zusätzliche Mittelfür kleinere Anschaffungen zur Verfügung. So stieg der Umsatz des einheimischenHerstellers Natura im kritischen 4. Quartal 2008 um 20 Prozent. Auch BeiersdorfNivea erzielt in Brasilien weiterhin hervorragende Ergebnisse. Der Branchenumsatzwuchs 2008 nach Angaben des Fachverbands Abihpec um 10,7 Prozentauf 21,7 MilliardenReais beziehungsweise um 17,8 Prozent auf 11,9 MilliardenDollar. Auch der Importlegte mit 24,7 Prozent auf 466 MillionenDollar deutlich zu, allerdings noch auf niedrigemNiveau.

(Auf Seite 2 lesen Sie mehr zur Chemieproduktion, Branchenstruktur, dem Außenhandel und der Geschäftspraxis)

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