Wachstum der chemischen Industrie in China Wachstum der chemischen Industrie in China ungebrochen
Die Entwicklung der chemischen Industrie und der Prozessindustrien im allgemeinen sind stets Indikatoren für das Wirtschaftswachstum eines Landes. In China ist die chemische Industrie längst auf der Überholspur – und das beste internationale Know-how an Technologien und Ausrüstungen wird nachgefragt. Die chemische Industrie der Volksrepublik China steht mit einem Umsatz von 166 Milliarden Euro (2005) nach den USA (448 Milliarden Euro) und Japan (217 milliarden Euro) an dritter Stelle in der Welt. Deutschland (153 Milliarden Euro) wurde bereits 2004 auf den vierten Platz verdrängt. Am Weltchemieumsatz von ca. 2 Billionen Euro erreichte China damit einen Anteil von 8,2 Prozent.
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Bei den Exporten kam China mit 26,3 Milliarden Euro und 3,1 Prozent Anteil am Weltchemiehandel auf den achten Rang. Hier führt Deutschland vor den USA und Belgien. Die chinesischen Chemieimporte beliefen sich auf 63,0 Milliarden Euro (Anteil: 7,2 Prozent), das entspricht nach den USA, Deutschland und Belgien Position 4. Beim so genannten Weltchemieverbrauch (Umsatz – Exporte + Importe) belegt China nach den USA und Japan noch vor Deutschland Platz 3.
China importiert noch große Mengen an Petrochemikalien, Polymeren, Fein- und Spezialchemikalien, während das Land bei Pharmazeutika, Agrochemikalien, Wasch- und Körperpflegemitteln bereits zum Nettoexporteur geworden ist. In Tabelle 1 sind ausgewählte Zahlen für einige Sparten wiedergegeben. China ist mit 325,5 Millionen Tonnen (2005) inzwischen nach den USA und vor Japan und der Russischen Föderation weltweit der zweitgrößte Ölverbraucher der Weltb. Seit 1990 hat sich der Ölverbrauch auf das 2,8-fache gesteigert. Mit 312,3 Millionen Tonnen pro Jahr verfügt China inzwischen auch über die zweitgrößte Raffineriekapazität. Die eigene Förderung erreichte 2005 mit 182,0 Millionen Tonnen (weltweit Platz 6) nur rund 56 Prozent des Bedarfs, so dass große Mengen importiert werden müssen. Diese große Nachfrage hat zum Anstieg des Ölpreises sicher erheblich beigetragen. Immerhin hat sich der Jahresdurchschnittspreis für Rohöl von 2003 bis 2006 von 28,8 USD auf zeitweise über 70 Dollar pro Barrel mehr als verdoppelt.
Bei Erdgas erscheint China auch 2005 nicht unter den zehn größten Erdgasverbrauchern und -förderern. Dies gilt ebenso für die Erdgasvorkommen. Der Verbrauch betrug 2005 lediglich 43,2 Milliarden Kubikmeter, das sind weniger als 0,02 Prozent des Weltverbrauchsb. Dieses Szenario dürfte sich in den nächsten Jahren rasch ändern. So kann mit Sicherheit erwartet werden, dass China zu einem großen Importeur von Erdgas werden wird. Knapp 84 Prozent des 2005 verbrauchten Erdgases kamen aus Eigenförderung. Die bisher nachgewiesenen Reserven liegen mit 1,509 Billionen Kubikmetern unterhalb von einem Prozent der Welterdgasreserven in Höhe von fast 173 Billionen Kubikmetern.
Das Wachstum der chemischen Industrie ist im Reich der Mitte ungebrochen, wozu auch ausländische Investitionen wesentlich beitragen. Allein die Gesamtinvestitionen der BASF in China summierten sich von 2001 bis 2005 auf 2 Milliarden Euro. Gemeinsam mit Partnern hat die BASF in diesem Zeitraum rund 4 Milliarden Euro in China investiert. Das größte Projekt war der Bau des Verbundstandorts Nanjing mit dem Partner SINOPEC. Die Gesamtinvestitionen beliefen sich auf bislang 2,9 Milliarden Dollar BASF und SINOPEC wollen diesen Standort weiter ausbauen. In der gesamten Region Asien/Pazifik will die BASF von 2006 bis 2009 rund eine Milliarde Dollar investieren.
Bayer realisiert im Zeitraum 2003 bis 2009 mit Schwerpunkt im Chemie-Industriepark Shanghai / Caojing ein Investitionsprogramm von 1,8 Milliarden Dollar. Im September 2006 wurden Anlagen für Polycarbonat, Polyurethane, ein so genannter Splitter für Roh-Methylendiisocyanat (MDI) und für Hexamethylendiisocyanat (HDI) in Betrieb genommen. Degussa wird im Multiuser-Standort Shanghai Industrial Chemical Park bis 2009 einen „dreistelligen Millionen-Euro-Betrag“ investieren und eine große Verbundproduktion für Plexiglas-Spezialitäten mit der Vorstufe Methylmethacrylat (MMA) errichten. Im Juni 2006 wurden an diesem Standort bereits eine Polyester- und eine Colorants-Anlage in Betrieb genommen. Ebenfalls in Shanghai hatte Degussa schon 2004 ein F&E-Zentrum eröffnet, das bis Mitte 2007 erweitert wird. Insgesamt werden hierfür 20 Millionen Euro investiert.
Wachstum in geordneten Bahnen
Um das Wachstum in geordnete Bahnen zu lenken, verfolgt die chinesische Regierung seit langem das Konzept der mit unterschiedlichen Prioritäten ausgestatteten Entwicklungszonen (Development Zones), in deren Rahmen auch eine ganze Reihe von Chemie-Industrieparks entstanden sind und weiter wachsen. Trotz des großen Booms sind jedoch eine Reihe schwerwiegender Probleme zu lösen. Dazu gehören die weitere Steigerung der Arbeitsproduktivität, die ausreichende Bereitstellung von Energie, darunter Erdgas, und Wasser, die nachhaltige Verbesserung der Umweltsituation und der Schutz des geistigen Eigentums.
Chemieparks in Deutschland und China
Vergleicht man Chemie- und chemienahe Industrieparks in Deutschland und China, so fällt zunächst einmal auf, dass in China die Flächenausdehnung der Entwicklungszonen diejenige der Chemieparks und -regionen in Deutschland und auch in vielen europäischen Ländern teilweise deutlich übertrifft. Allerdings ist die Ansiedlungsdichte (Zahl der Unternehmen oder der Betriebe pro Flächeneinheit) in Europa bisher wesentlich höher. Herausragende Beispiele dafür sind der BASF-Verbundstandort Ludwigshafen, der Bayer Chemiepark, der Chemiepark Marl und der Industriepark Höchst. Die Ansiedlungsdichte in den neuen Bundesländern ist allerdings noch deutlich geringer als an der Rheinschiene und im Rhein-Ruhr-Gebiet.
Kooperation der jeweiligen Standorte untereinander
In Tabelle 2 sind Beispiele für ausgewählte deutsche Chemieregionen sowie für chinesische Chemie-Industrieparks gegenübergestellt. Die Zusammenfassung von einzelnen deutschen Standorten zu Chemieregionen entspricht der Kooperation der jeweiligen Standorte untereinander und der Zusammenarbeit der Regionen im European Chemical Regions Network (ECRN). Nicht enthalten sind in Tabelle 2 der Industriepark Höchst, der bisher keinem regionalen Netzwerk angehört, und die Initiative ChemCologne, zu der beiderseits der so genannten Rheinschiene 200 Unternehmen zählen. In Deutschland gibt es unterschiedliche Formen für das Management von Chemieparks. Am meisten verbreitet sind eigenständige Standortgesellschaften, die entweder nur Infrastruktur (Straßen, Schienennetz, Rohrbrücken und ggf. -leitungen, Klärwerk) vorhalten und das Standortmarketing betreiben oder die ein Gesamtpaket von Infrastruktur, Ver- und Entsorgung von Energien und Medien sowie von zahlreichen Dienstleistungen anbieten, wobei zum Beispiel Sicherheitsleistungen und Feuerwehr zwingend sind.
Dominierendes Unternehmen stellt meist die Infrastruktur
Eigentümer der Standortgesellschaften sind entweder anteilig die wichtigsten Investoren am jeweiligen Standort (Leuna, Höchst) oder auch ein einzelner Konzern (Degussa), wobei neuerdings Energieversorger wie die niederländische NUON und MVV, Mannheim, die Bühne betreten. In einigen Chemieparks stellt das dominierende Unternehmen Infrastruktur und Dienstleistungen ohne eine gesonderte Standortgesellschaft bereit (BASF, Dow).
Charakteristisch für einige Standorte ist die Konzentration auf bestimmte Wertschöpfungsketten, zum Beispiel Polymerverarbeitung (Dow Value-Parkâ) oder das BASF-Kunststoff-Kompetenzzentrum in Schwarzheide. Darüber hinaus wird in jüngerer Zeit stärker auf eine engere Vernetzung von Wissenschaft und Industrie orientiert. Ein aktuelles Beispiel ist das Fraunhofer Pilotanlagenzentrum für Polymersynthese und -verarbeitung im Value-Parkâ Schkopau.
Verschiendene Branchenschwerpunkte
In China gibt es neben den multifunktionalen Entwicklungszonen mit verschiedenen Branchenschwerpunkten die Chemie-Industrieparks (CIPs). Sie wurden als Satellitenzonen der Economic and Technological Development Zones (ETDZs) oder als getrennte unabhängige Chemieparks gegründet. Hauptziele sind die Umstrukturierung und Verbesserung des technologischen Standards der chemischen Industrie in China, die Förderung der regionalen Wirtschaftsentwicklung durch das Bereitstellen attraktiver Investitionsbedingungen für aus- und inländische Firmen und teils auch die Umsiedlung von Produktionsanlagen in Gebiete außerhalb der Städte, wenn sie den neuen Umweltstandards nicht entsprechen. Trotz ihres engeren industriellen Fokus auf die Chemie sind die allgemeinen Entwicklungsziele sowie die Verwaltungsstrukturen ähnlich zu den anderen Industrieparktypen. Eine von der China Petroleum and Chemical Industry Association (CPCIA) 2004 durchgeführte Studie listet 17 Chemieparks in China auf. Die Standorte bei Shanghai (Caojing), Nanjing und Tianjin (TEDA) repräsentieren Chemieparks auf der nationalen Ebene, während die anderen provinzielle Industrieparks sind. Die meisten Chemieparks liegen in den östlichen Küstengebieten.
Quelle: Dechema
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