Aus dem Leben eines Auditors Vorne hui – hinten pfui
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Warum es sich bei einem Audit immer lohnt, hinter die Kulissen des Betriebs zu schauen – Wie leicht der erste Eindruck eines Pharmabetriebs täuschen kann, erlebt unser Auditor nicht zum ersten Mal. Aber nur selten so krass, wie auf einer seiner letzten Reisen nach Indien.

Häufig haben die Auftraggeber schon eine Grunderwartung bzgl. des zu auditierenden Herstellbetriebes. In diesem Fall ging es um ein Entwicklungsprojekt, bei dem das Management meines Auftraggebers schon vor Ort im indischen Hinterland mit dem Auftragnehmer „gute Gespräche geführt hatte“.
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Ich wurde denn auch mit folgenden Worten auf die Reise geschickt: „So etwas haben Sie in Indien bestimmt noch nicht gesehen, absolut ‚state-of-the-art‘. Da können die meisten Europäer nicht mithalten. Sie werden begeistert sein.“
Ordentlich Vorschusslorbeeren also, die sich zunächst auch bestätigten. Die Anfahrt erinnerte mich sehr an zuhause, Baumschule neben Baumschule. Endlich am Werk angekommen, sah ich eine Fabrik, die tatsächlich sehr gut gepflegt wirkte.
Die Dokumentenprüfung und die Rundgänge durch die Betriebe verliefen sehr positiv und ich konnte nachvollziehen, was meine Auftraggeber meinten. Die Produktionsanlagen standen in geschlossenen Gebäuden und sowohl Gebäude wie auch Ausrüstung befanden sich in einem sehr guten Instandhaltungszustand.
...als sein
Von der oberen Ebene eines Produktionsgebäudes konnte ich aber einen Blick nach unten, hinter das Gebäude werfen. Dort erregte eine kleine Ansammlung von Fässern sowie einem IBC meine Aufmerksamkeit und ich beschloss, mir das Ensemble, nach dem Rundgang durch das Gebäude, etwas genauer anzuschauen. Wohlweislich hatte ich meine Überlegungen meiner Eskorte nicht mitgeteilt, sonst hätte sich dieses Agglomerat noch vor meiner Ankunft dort wahrscheinlich in Nichts aufgelöst. Auf meine Fragen, was das sei, kam die reflexartige Antwort, es handle sich um Abfall, der einem Lieferanten bzw. Subunternehmer gehöre.
Wenn man während eines Audits so gar nichts findet, schaut man sich halt auch mal den Müll genauer an (empfiehlt sich übrigens grundsätzlich bei Audits). Am Boden entdeckte ich ein Rinnsal einer farblosen Flüssigkeit, das zu einem der Fässer mäandrierte. Das Fass, dessen Erhaltungszustand, nun ja, sagen wir renovierungsbedürftig war, entpuppte sich unter der verbeulten Außenhaut und einigen nicht, oder nicht nachhaltig, entfernten Aufklebern deutlich erkennbar als Mehrwegbehälter.
Bei der Flüssigkeit, die mir als Aceton angepriesen wurde, handelte es sich übrigens um Ethanol, das direkt aus der Produktion kam und gesammelt wurde, um anschließend destilliert und wieder in der Produktion verwendet zu werden. Das Fass begann seine Karriere übrigens als Behälter für Benzol, wie die noch deutlich sichtbare Markierung des Benzol-Herstellers verriet. Sie vermuten richtig, wenn sie davon ausgehen, dass Benzol bei der Validierung der Lösungsmittelrückgewinnung kein Thema war.
Ihr Karl Metzger
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