Branchenbericht VCI rechnet mit moderatem Wachstum
Im kürzlich veröffentlichten Quartalsbericht zum vierten Quartal 2006 bewertet der VCI die wirtschaftlliche Lage der chemischen Industrie. Für 2007 prognostiziert der Verband ein moderates Wachstum.
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Die deutschen Chemieunternehmen beurteilen die aktuelle Geschäftslage derzeit insgesamt positiv. Nach zwei guten Jahren stellen sich die meisten Chemieunternehmen für 2007 jedoch auf eine langsamere Gangart ein, dies ist derzeit im Quartalsbericht des Verbands der chemischen Industrie (VCI) zum vierten Quartal 2006 zu lesen. Die Geschäftserwartungen der Branche haben sich bereits im Verlauf des Jahres 2006 deutlich verschlechtert. Sie erreichten im letzten Quartal 2006 den tiefsten Punkt seit eineinhalb Jahren. Auf dem erreichten Produktionsniveau werden die Spielräume für weitere Produktionszuwächse immer geringer.
VCI-Präsident Werner Wenning begründet dies so: „Eine Abkühlung der Konjunktur in den USA wird auch in vielen anderen Regionen zu geringeren Wachstumsraten führen. Damit dürfte auch die weltweite Nachfrage nach Chemieprodukten langsamer wachsen als im letzten Jahr.“ Der Konjunkturzyklus der Chemiebranche, so schätzt der VCI, hat seinen Höhepunkt offenbar im dritten Quartal 2006 erreicht. Seitdem gehen die Zuwachsraten zurück. Der Verband rechnet für das Gesamtjahr 2007 mit einem Wachstum der Chemieproduktion um zwei Prozent. Unter der Annahme, dass die Erzeugerpreise nur um circa 0,5 Prozent steigen werden, würde der Umsatz der Branche um 2,5 Prozent wachsen.
Grafische Aufbereitung der Kennzahlen
Rückblick auf das vierte Quartal 2006
Das vierte Quartal 2006 bildete den positiven Abschluss für ein insgesamt gutes Chemiejahr. Produktion und Umsatz konnten noch einmal ausgeweitet werden. Die Erzeugerpreise stiegen bei nachlassendem Kostendruck leicht, so dass in weiten Teilen der Chemie auch die Gewinnmargen zufriedenstellend ausgefallen sein dürften. Die vom ifo-Institut befragten Chemieunternehmen waren mit der Geschäftsentwicklung im Winterquartal 2006 insgesamt zufrieden.
Die Chemieproduktion stieg im vierten Quartal 2006 gegenüber dem dritten Quartal lediglich um ein Prozent und lag damit um drei Prozent über dem Vorjahreswert. Preissenkungen für Energie und Rohstoffe dämpften den Anstieg der Erzeugerpreise für Chemieprodukte. Noch in den beiden Vorquartalen wuchs die Chemieproduktion mit deutlich höheren Raten. Auch die Produktionskapazitäten der deutschen Chemieunternehmen lagen mit knapp 84 Prozent unter dem Niveau des Vorquartals.
Die Preise blieben in den letzten Monaten des Jahres 2006 stabil. Gegenüber dem dritten Quartal 2006 stiegen sie um 0,7 Prozent. Der Gesamtumsatz der deutschen Chemieunternehmen erreichte einen Quartalswert von 41,8 Milliarden Euro. Starke Nachfrage aus dem Ausland, hohe Investitionen im Inland und ein im Vorgriff auf die Mehrwertsteuererhöhung steigender privater Konsum trugen zu dieser Entwicklung bei.
Globaler Konjunkturaufschwung mit abnehmender Dynamik
Die Chemiebranche wurde auch vom globalen Konjunkturaufschwung, der sich im vierten Quartal 2006 fortsetzte, positiv beeinflusst – nicht zuletzt dank milder Temperaturen auf der Nordhalbkugel. Allerdings ließ die Dynamik des Wachstums zuletzt nach. Die Stimmungsverschlechterung kam dabei in erster Linie aus Nordamerika. Die Nachfrage nach chemischen Produkten profitierte auf allen wichtigen Märkten von der wirtschaftlichen Expansion, insbesondere auch von der guten Industriekonjunktur.
Die Region Asien blieb von der leichten Stimmungseintrübung jedoch unberührt. Die Volkswirtschaften dieser Region wiesen auch im vierten Quartal die höchsten Wachstumsraten auf. In China setzte sich die wirtschaftliche Dynamik ungebremst fort. Japan profitierte besonders durch Exporte von der guten Entwicklung in den Nachbarstaaten. Aber auch die Binnennachfrage in Japan zog wieder an.
Die US-Wirtschaft entwickelte sich dank eines starken privaten Konsums im vierten Quartal besser als erwartet – allerdings zeigten sich starke Bremswirkungen bei den gewerblichen Investitionen. Lateinamerika, Russland und der Nahe Osten profitierten weiterhin von den Einnahmen aus dem Rohstoffexport. Hierdurch stieg die Binnennachfrage kräftig, und auch die Industrieproduktion legte in den meisten Ländern zu. Die wirtschaftliche Expansion in der Europäischen Union war auch im letzten Quartal des Jahres robust. Der Konsum nahm weiter zu. Die Investitionen stiegen aufgrund der guten Ertragslage der Unternehmen deutlich. Die Entwicklung verlief dabei in den großen Ländern der EU nahezu einheitlich. In Deutschland wurde im vierten Quartal die positive wirtschaftliche Entwicklung durch mehrwertsteuerbedingte Vorzieheffekte unterstützt. Kräftige Impulse lieferten zudem die Investitionen.
Preisrückgänge bei Energie- und Rohstoffkosten
Die Erzeugerpreise für chemische Produkte sind um 0,7 Prozent gegenüber dem Vorquartal gestiegen. Die Dynamik beim Preisanstieg hat aber innerhalb des Quartals deutlich nachgelassen. Seit dem Anstieg der Preise im Oktober blieb das Niveau konstant. Gegenüber dem Vorjahresquartal waren Chemieprodukte zum Jahresende aber immer noch 3,3 Prozent teurer. Der Grund für das vorläufige Ende beim Preisanstieg war der Rückgang bei den Energie- und Rohstoffkosten. Der Rohölpreis gab in den letzten Monaten des Jahres deutlich nach. Mit durchschnittlich knapp 60 Dollar pro Barrel lag der Preis im Schlussquartal zehn Dollar unter dem Niveau vom dritten Quartal. Dies hatte Auswirkungen auf den Preis von Naphtha. Der Preis des wichtigsten Rohstoffs der Petrochemie lag von Oktober bis Dezember bei 406 Euro je Tonne und damit über 13 Prozent unter seinem Vorquartalsniveau.
Und sogar die Strom- und Gaskosten lagen im vierten Quartal leicht unter Vorquartal. Die jüngsten Preisrückgänge auf den Rohstoff- und Energiemärkten sollten allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Preisniveau insgesamt hoch ist: Die Rohstoff- und Energiepreise lagen im vierten Quartal immer noch deutlich über dem Vorjahresniveau. Die leichte Entspannung auf den Rohstoff- und Energiemärkten im vierten Quartal brachte auch eine Umkehr bei den wichtigsten Primärchemikalien. Die Preise für Ethylen stagnierten bei 900 Euro je Tonne. Die Preise für die Aromaten Benzol, o-Xylol und p-Xylol gaben teilweise deutlich nach. Nur die Preise für Propylen verteuerten sich im vierten Quartal erneut. Allerdings fielen die Preisrückgänge bei den Rohstoffen stärker aus als bei den Primärchemikalien. Die Margensituation in der Grundstoffchemie dürfte sich am Jahresende deshalb entspannt haben.
Für den Jahresbeginn 2007 wird mit einer weiteren Entspannung auf den Rohstoffmärkten gerechnet. Die Kontrakte für Primärchemikalien im ersten Quartal 2007 gaben erneut leicht nach. Die Preise für die Olefine Ethylen und Propylen lagen um jeweils rund fünf Prozent unter dem Vorquartal. Die Aromatenpreise, die inzwischen aufgrund des hohen Preisniveaus und der großen Volatilität in Monatskontrakten gehandelt werden, lagen im Januar ebenfalls um rund fünf Prozent unter ihrem Vorquartal. Die einzige Ausnahme bildete Benzol.
Chemieumsatz übertraf Vorjahresquartal
Wachstumstreiber im vierten Quartal waren die Fein- und Spezialchemikalien und die Pharmazeutika. Die Grundstoffchemie und konsumnahe Chemikalien konnten jedoch keine Produktionssteigerungen mehr verzeichnen. Die deutsche Chemieindustrie erzielte im vierten Quartal 2006 einen Gesamtumsatz von 41,8 Milliarden Euro. Damit wurde das gute Vorquartal saisonbereinigt noch einmal um 3,5 Prozent übertroffen. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal erwirtschafteten die deutschen Chemieunternehmen ein Umsatzplus von 8,5 Prozent. Gestützt wurde das gute Geschäft gleichermaßen von Umsatzzuwächsen im In- und Ausland. Die gute Binnenkonjunktur ließ den Chemieverbrauch in Deutschland im letzten Quartal 2006 noch einmal deutlich zulegen. Er lag rund drei Prozent über dem Vorjahresquartal. Die weiterhin gute weltwirtschaftliche Lage stützte vor allem die Exporte der Industriekunden der Chemie. Zusätzlich zog neben den Investitionen auch der private Konsum weiter an. Dies ließ den Inlandsumsatz noch einmal deutlich zulegen. Gegenüber dem Vorquartal erreichte er ein Plus von 4 Prozent. Mit einem Umsatz von 19,3 Milliarden Euro wurde das vierte Quartal 2005 um gut sieben Prozent übertroffen. Auch das Auslandsgeschäft trug weiterhin zum Umsatzanstieg bei. Saisonbereinigt wuchs der Umsatz mit ausländischen Abnehmern im Vergleich zum Vorquartal um rund 3,5 Prozent auf 22,5 Milliarden Euro. Dies entspricht einer Steigerung gegenüber dem Vorjahresquartal von 9,5 Prozent. Die Exportstatistik, die zusätzlich zum Auslandsumsatz auch Chemie-Exporte Dritter und Re-Exporte umfasst, zeigt die dynamischsten Auslandsmärkte. Nach einem schwachen Vorjahr stiegen besonders die Ausfuhren nach Nordamerika wieder deutlich. Besonders am Jahresende zog der Export in die USA an. Auch die asiatischen Länder fragten 2006 vermehrt Chemieerzeugnisse „Made in Germany“ nach. Deutschland profitierte aber auch erheblich von der konjunkturellen Belebung in Europa und der zunehmenden innereuropäischen Arbeitsteilung. Die Exporte in die 15 Kernstaaten der EU erhöhten sich im bisherigen Jahresverlauf um elf Prozent gegenüber dem Vorjahr, in die neuen Mitgliedstaaten sogar um 21 Prozent. Lediglich die Exporte nach Japan wuchsen mit unter drei Prozent bescheiden.
Ausblick auf 2007: Expansionstempo wird sich verringern
Zurückhaltend optimistisch kann man die getroffene Vorhersage des VCI auf das Jahr 2007 betiteln: Der Aufschwung in den Industrieländern insgesamt, der in einigen Staaten bereits im Verlauf des Jahres 2006 an Dynamik verloren hat, soll sich etwas abschwächen. In den Vereinigten Staaten werde die gesamtwirtschaftliche Kapazitätsauslastung deutlich zurück gehen, was sich negativ auf andere Regionen auswirken könnte.
Die Nachfrageimpulse von der kräftigen wirtschaftlichen Expansion in den Schwellenländern werden abnehmen. Insbesondere das Wachstum in den rohstoffreichen Ländern wird aufgrund der geringeren Rohstoffpreise gebremst werden. Die Konjunktur in Europa bietet zwar ein robusteres Bild, angesichts der Aufwertung des Euro und einer insgesamt restriktiven Finanzpolitik wird sich aber auch hier das Expansionstempo merklich verringern. In Deutschland fallen daher die Wachstumsprognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute für das Jahr 2007 deutlich zurückhaltender aus als für 2006. Bei stabiler Binnennachfrage dürften die Impulse aus dem Exportgeschäft nachlassen. Damit wird sich die positive Entwicklung der Chemieproduktion des vergangenen Jahres in 2007 nicht wiederholen lassen. Die Produktion wird nur noch um rund zwei Prozent zulegen. Preissteigerungen sind vor dem Hintergrund der nachlassenden Nachfrage und des geringeren Kostendrucks von den Rohstoffmärkten nicht zu erwarten. Chemikalien werden rund 0,5 Prozent teurer sein als 2006. Der Umsatz mit chemischen Erzeugnissen wird demnach um rund 2,5 Prozent steigen.
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