Automatisierungs-Technik für die Pharmaindustrie Turck bietet der Pharmaindustrie Lösungen von der Schwenkventilrückmeldung bis zur Durchflusserfassung

Redakteur: Anke Geipel-Kern

Die Pharmabranche rückt zunehmend auch ins Visier der Prozessautomatisierer. PharmaTEC sprach mit David Fazzini, dem Global Director für den Bereich Pharma im Hause Turck, über den Automatisierungsgrad der Branche und welche Produkte Turck im Portfolio hat.

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Herr Fazzini, Turck konnte in den letzten Jahren Zuwachsraten im zweistelligen Bereich verzeichnen. Welche Rolle spielt die Pharmaindustrie im Rahmen Ihrer Wachstumsstrategie für die Prozessautomatisierung, und wie sehen Ihre Ziele für die kommenden Jahre aus?

Fazzini: Die Pharmaindustrie spielt für Turck eine Schlüsselrolle bei der Gesamtwachstumsstrategie für die Prozessautomatisierung. Die Pharma- und Biotechindustrie erfreut sich nach wie vor eines gesunden globalen Wachstums, und die Budgets für Großprojekte bleiben weiterhin beachtlich. Unsere Pläne und Zielsetzungen für ein kontinuierliches Wachstum des Unternehmens im Bereich der Pharmaindustrie in den kommenden Jahren beinhalten weiterhin die Unterstützung der Schlüsselbranchen und Schwellenmärkte. Wir bieten hier ein Produktangebot und technische Innovationen, um den speziellen Projektanforderungen der Kunden wie sehr enge Bauvorlaufzeiten, Kostensenkungen oder Implementierung hoch entwickelter Prozessleitsysteme zu entsprechen. Darüber hinaus werden wir auch weiterhin sowohl die Endkunden als auch die Ingenieurbüros und Projektleiter mit allen notwendigen Projektmanagementleistungen unterstützen, vom Basic Engineering über das Detail Engineering bis hin zur Inbetriebnahme.

Welche Besonderheiten sind typisch für den Pharmasektor, und wie geht Turck auf diese Besonderheiten ein?

Fazzini: Wir beobachten zunehmend das Outsourcing von Engineering-Leistungen und den vermehrten Einsatz der Modulbauweise bei einer gleichzeitigen Nachfrage nach hoch entwickelten Leitsystemen für neue Bauvorhaben seitens der Endkunden. Demzufolge erwartet man von den Lieferanten eine zuverlässige Projektabwicklung. Diese reicht von der Detailplanung samt ordnungsgemäßer Hardwarekonfiguration entsprechend der Prozessregelstrategie über die Koordinierung mit den Package-Unit-Lieferanten bis hin zur Entwicklung und Umsetzung optimaler Verfahren für die Hardwareimplementierung.

Das Geschäft der Pharmaindustrie ist größtenteils projektgetrieben. Mit welchen Strategien und Organisationsformen versuchen Sie, diesen Anforderungen gerecht zu werden?

Fazzini: Koordination und Kommunikation auf globaler Basis sind ein Muss für die erfolgreiche Abwicklung eines Pharmaprojektes. Durchaus vorstellbar wäre hierbei z.B. folgendes Szenario: Der Endkunde hat seinen Sitz in Europa, das detaillierte Leistungsverzeichnis wird in den USA erstellt, die Anlagen werden von einer Reihe von Zulieferern aus der ganzen Welt geliefert und die Baustelle befindet sich in Irland oder Singapur. Zum Abschluss wird die Anlage von einem lokalen Unternehmen unter Einhaltung der lokalen Gesetzesvorgaben und Verfahren errichtet und in Betrieb genommen. Bei einem solchen Szenario darf es keine Grenzen geben, die den Prozess stören, und die Informationen müssen ungehindert, präzise und schnell fließen können. Dazu ist in erster Linie ein glo-bales, flexibles und technisch hoch spezialisiertes Projektteam, das ein Projekt von der Konzeption bis hin zur Endinbetriebnahme zuverlässig abwickeln kann, unerlässlich.

Für welche Produktionsbereiche der Pharmaindustrie sind die Produkte von Turck geeignet?

Fazzini: Die Technik von Turck kann vom DCS-Schaltschrank bis hin zu den Stellgliedern in den Bioreaktoren und Fermentern, bei der Rezeptierung und in den Abfüll- und Verpackungslinien eingesetzt werden.

Welche Ihrer Produkte eignen sich für diese Bereiche?

Fazzini: Für die Implementierung eines digitalen Feldbusnetzes wie Foundation Fieldbus oder Profibus PA bietet Turck Diagnosesysteme an, welche die Netzversorgungsqualität („Diagnostic Power Conditioning“) verbessern, sowohl für nicht Ex/Exd-Installationen als auch bei Multibarrieren und FISCO-Applikationen. Für die schnelle Umrüstung oder den Austausch von Geräten haben wir ein vollständiges Spektrum an Anschluss- und Verbindungstechnik für Sensoren und Aktoren der Prozesstechnik im Programm. Wir bieten unterschiedliche Abtasttechnologien für die Durchfluss- und Füllstanderfassung sowie die Positionserfassung von Schwenkventilen. Als Schnittstelle zwischen herkömmlichen Signalen und einem digitalen Feldbusnetz liefert Turck eine Reihe von Remote I/O-Lösungen, die innerhalb oder außerhalb des Schaltschranks montiert werden können. Darüber hinaus bieten wir für explosionsgefährdete Bereiche ein eigensicheres Remote I/O und Punkt-zu-Punkt-Interface-Lösungen. Eines unser neueren Produkte, das große Aufmerksamkeit in der Pharmaindustrie erregt hat, ist unser BL Ident-RFID-System, das in einer ganzen Reihe von Applikationen in Pharmaprozessen eingesetzt werden kann.

Insider beklagen sich darüber, dass das Automatisierungsniveau in der Pharmaindustrie nach wie vor unzureichend sei. Wie sehen Sie die Situation, und wo erkennen Sie einen konkreten Nachholbedarf?

Fazzini: Im Allgemeinen sind bestehende Anlagen mit herkömmlichen DCS-Systemen aufgebaut. Diese Systeme haben sich bewährt. Endscheidet sich jedoch der Endkunde für eine neuere Leitsystem- oder SPS-Technologie, dann eröffnen sich auch Möglichkeiten für die Implementierung aktueller digitaler Feldbuslösungen. Neuanlagen bieten naturgemäß die besten Möglichkeiten zum Einsatz moderner Automatisierungstechnologien, und hier sehen wir für uns auch den größten Handlungsbedarf.

Welche Möglichkeiten eröffnen sich durch die PAT-Initiative der FDA speziell für Turck als Prozessautomatisierer und Sensorenhersteller?

Fazzini: Zielsetzung von PAT („Prozessanalytische Technologie“) ist eine bessere Kontrolle sowie die Optimierung der Fertigungsprozesse; es geht hier also um dauerhafte Qualitätsüberwachung und -verbesserung. Einer der Schlüssel hierzu ist natürlich die Automatisierung, denn die Automatisierung von Prozessen liefert bessere Informationen und somit mehr Prozess- und Anlagenwissen. Viele der erwähnten Turck-Produkte bieten neben ihrer eigentlichen Funktionalität gleichzeitig Diagnosetools sowie Tools zur Dokumentation von Konfigurationen, was die Ziele von PAT direkt unterstützt. Wer seine Anlage mit Turck-Produkten automatisiert, hat damit alle Möglichkeiten, Diagnose- und Konfigurationstools in die Betriebs- und Wartungsstrategie einer Anlage einzubinden. Anders formuliert: Turck-Produkte ermöglichen Asset Management auch zwischen Feldgerät und Leitsystem.

Der Pharmamarkt wird größtenteils von den USA gesteuert. Wo liegen die regionalen Schwerpunkte bei Turck? Wo können Sie wichtige Wachstumsmärkte erkennen?

Fazzini: Die Mehrzahl der großen Endkunden aus den Bereichen Pharma sowie die entsprechenden Anlagenbauer und Engineering-Firmen befinden sich jeweils an der Ost- und Westküste der USA. Der Grund dafür liegt in den dort verfügbaren Tools an Anlagenkapital und Hochschulen sowie Forschungsstätten. Zusätzlich zu den der-zeitigen Hochburgen der Pharmaproduktion wie Irland, Puerto Rico, Singapur und den USA sehen wir auch wichtige zukünf-tige Wachstumsmärkte im Asien-Pazifik-Raum, in Osteuropa sowie in Schwellenländern.

Wie unterscheidet sich der US-amerikanische Markt vom europäischen Markt?

Fazzini: Der Unterschied liegt vor allem in den politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Die Unternehmen in den USA werden nicht so stark für Umweltbelastungen haftbar gemacht, haben eine geringere Steuerlast, genießen einen größeren Patentschutz zum Schutz von Investitionen in Forschung und Entwicklung und unterliegen generell keinen Preiskontrollen beim Verkauf von Medikamenten. In der Summe führt dies dazu, dass die Branche finanziell floriert, wodurch sich weitere Impulse für Forschung und Entwicklung sowie Wachstum und Innovation ergeben.

Der Anteil biopharmazeutischer Inhaltsstoffe ist weiter im Wachstum begriffen. Welche ihrer Systeme eignen sich besonders für Fermenter und Bioreaktoren? Planen Sie Neuentwicklungen für derartige Anwendungen?

Fazzini: Unsere Kernprodukte für den Produktionsbereich sind die Durchfluss- und Füllstandsensoren sowie Sensoren für die Positionserfassung, dazu kommen Schnittstellen für explosionsgefährdete Bereiche, ein komplettes Sortiment an Remote I/Os und Geräteanschlussleitungen sowie Steckverbinder für Sensoren und Aktoren. Darüber hinaus liefert Turck ein breites Spektrum an Produkten für die Implementierung hoch entwickelter Feldbusse wie Profibus DP/PA, FF, ASI, Devicenet und Ethernet. Dieses Kernsortiment wird ständig überarbeitet bzw. ausgeweitet, um den speziellen Kundenbedürfnissen zu entsprechen.

Welche wichtigsten Trends werden Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren die Pharmaproduktion dominieren?

Fazzini: Die Schlüsseltrends, die wir zurzeit sehen, sind die zunehmende Nutzung von Feldbussystemen wie Foundation Fieldbus und Profibus PA, der verstärkte Einsatz von Diagnosetools sowie das Outsourcing von Planungsleistungen und Konstruktionen in Modulbauweise. All diese Trends resultieren aus dem Bedürfnis nach Wettbewerbsfähigkeit, dem Mangel an gut ausgebildeten Anlagenfahrern sowie dem Wunsch nach schneller Produktvermarktung, bevor die Patente erlöschen. Das einstige „Lieferantenverhältnis“ zwischen Komponentenherstellern und Anlagenbetreibern hat sich zunehmend zu vertrauensvollen Partnerschaften mit langfristigen Bindungen gewandelt. Durch die spezifische Unterstützung ihrer Kunden stellen Unternehmen wie Turck heute sicher, dass der Endkunde seine Produkte erfolgreich und profitabel auf den Markt bringen kann.

Herr Fazzini, wir bedanken uns für das Gespräch.

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