Schutzhandschuhe Tipps für die richtige Auswahl von Schutzhandschuhen
Die Hände sind unser wichtigstes Werkzeug, deshalb müssen sie vor schädlichen Einflüssen geschützt werden. Dabei kommt es darauf an, den besten und vor allem richtigen Schutz zu finden, denn ein falscher Handschuh kann unter Umständen größeren Schaden anrichten als ein fehlender.
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Die wichtigste Voraussetzung zur richtigen Auswahl des Schutzhandschuhs ist die genaue Bewertung des einzelnen Arbeitsplatzes in einer Gefährdungsbeurteilung – vor Ort von einem Fachmann. Dabei werden die Tätigkeitsbereiche des einzelnen Mitarbeiters sowie die spezifische Gefährdung (mechanisch, chemisch, Kombinationen et cetera) definiert sowie die Gefahrstoffe benannt, mit welchen gearbeitet wird. Wichtig gerade im Bereich Chemikalienschutz: Einen universellen Chemikalienschutzhandschuh gibt es nicht.
Beliebte Naturgummihandschuhe schützen oft schlecht
Demgegenüber sind aber gerade die am weitesten verbreiteten Naturgummihandschuhe gegenüber einer Vielzahl von Chemikalien absolut unbeständig. Aus diesem Grund ist die genaue Bestimmung und Prüfung der einzelnen Stoffe so wichtig.
Ebenso wichtig ist es – und wird doch immer noch viel zu oft missachtet –, nicht nur den richtigen Handschuh zu nutzen, sondern auch die Durchbruchszeiten (reale Einsatzdauer) unter den gegebenen Umständen zu beachten. Für jede der an einem Arbeitsplatz genutzten Chemikalien muss gesondert der entsprechende Handschuh mit den passgenauen Beständigkeiten ausgesucht werden, gegebenenfalls unter Berücksichtigung weiterer Anforderungen wie mechanischem Schutz sowie Einflüssen wie der Temperatur. Und genau da ergeben sich die besonderen Herausforderungen für den Fachmann: die Bestimmung des richtigen Handschuhs bei verschiedenen, sich überschneidenden Gefahren, zum Beispiel bei gleichzeitigem Hitze- oder Kälte- und Chemikalienschutz.
Hier bietet sich zum Beispiel eine Kombination aus Chemikalienschutz und Unterziehhandschuhen zum thermischen Schutz an. Geeignet hierfür sind zum Beispiel Handschuhe aus einer speziellen Hohlfaser: Das Material bietet guten Hitze- und Kälteschutz, ist aber gleichzeitig dünn genug, um auch in Kombination mit einem Chemikalien-Schutzhandschuh noch eine gute Fingerbeweglichkeit zu gewährleisten. Das Gleiche gilt zum Beispiel auch für die Kombination aus Chemikalien- und Schnittschutzhandschuh (Bild 1). Des Weiteren gibt es auch warm gefütterte Chemikalienschutzhandschuhe für den Winter, Arbeiten im Freien oder in einem Kühlraum (Bild 2).
Schutzhandschuhe zusammen mit Experten vor Ort ausprobieren
In jedem Fall sollten Handschuhe vor der Anschaffung möglichst immer erst in Zusammenarbeit mit dem Fachmann einem Trageversuch direkt vor Ort unterzogen werden – denn der theoretisch bestmögliche Chemikalienschutz kann manchmal einfach nicht praktisch eingesetzt werden. Gerade auch Eigenschaften wie Passgenauigkeit und Tastgefühl dürfen nicht unterschätzt werden. Auch die nötige Tragedauer sowie weitere Einsatzbedingungen wie Umgebungstemperatur oder Schweißbildung können so untersucht werden.
Die große Gefahr von Chemikalien liegt darin, dass der Schaden nicht unbedingt sofort sichtbar ist, es aber bereits zu spät ist, wenn man eine Schädigung bemerkt – genauso wie es bereits zu spät ist, wenn man bereits bemerkt, dass der Stoff durch das Gewebe gedrungen ist. Auch wenn der Handschuh noch völlig unberührt aussieht, muss er dennoch nach der angegebenen Höchsttragedauer gewechselt werden.
Andere Fragestellungen bei Hitzeschutzhandschuhen und Chemikalienschutzhandschuhen
Zum Beispiel bei Hitzeschutzhandschuhen ergeben sich schon wieder ganz andere Fragestellungen: an erster Stelle natürlich nach der Temperatur, dann nach der Art der Wärme – Kontaktwärme, Strahlungswärme oder sogar Kontakt mit flüssigem Metall. Und: Wie wichtig ist die Feinfühligkeit und gute Beweglichkeit der Finger? Denn in diesem Schutzbereich ist der Schutzhandschuh schnell mal mehrere Zentimeter dick.
Reicht eventuell ein Fausthandschuh aus oder muss es ein Fünffingerhandschuh sein? Und nicht zuletzt – und hier liegt die Parallele zum Chemikalienschutz: Wie lange dauert ein Arbeitsgang, wie lange muss der Handschuh also die entsprechende Temperatur von der Hand isolieren?
Hitzeschutzhandschuhe müssen vielen Anforderungen standhalten
Getestet nach EN407 werden die Hitzeschutzhandschuhe auf Brennverhalten, Kontaktwärme, Konvektionshitze (wie lange der Handschuh die Hitzeübertragung von einer Flamme verzögert), Strahlungswärme sowie kleine und große Flüssigmetallspritzer. Wobei zum Beispiel bei der angegebenen Kontaktwärme beachtet werden muss, dass darunter nur die Schwellenwertzeit in Sekunden bei festgelegter Kontakttemperatur (100, 250, 350 und 500 °C) zu verstehen ist, wobei der Anstieg um nicht mehr als 10 °C in 15 Sekunden erfolgen darf. Am besten sollte also möglichst der nächsthöhere Schutzlevel gewählt werden – gerade da nicht immer die genaue Kontaktdauer und die exakte Temperatur des Materials bekannt sind (Bild 3).
Im Temperaturbereich zwischen 100 und 200 °C muss meist vor festen oder flüssigen Medien geschützt werden. Gut geeignet zum Greifen heißer Gegenstände sind gefütterte Lederhandschuhe, doppelte Baumwollhandschuhe oder schwerer Strick, eventuell in Kombination mit Lederinnenflächen.
Zusätzlicher Schnittschutz erweitert Möglichkeiten der Hitzeschutzhandschuhe
Kommen zusätzliche Anforderungen wie Schnittschutz dazu, können Handschuhe genutzt werden, die zusätzlich mit einer Schnittschutzfaser, zum Beispiel Aramid, versehen sind. Bei flüssigen Medien wie heißem Öl oder Chemikalien kann ein gefütterter Chemikalienschutzhandschuh zum Beispiel aus Neopren oder Nitril getragen werden.
Ab einer Temperatur von 200 °C sollte auf Spezialfasern wie Aramide zurückgegriffen werden, verarbeitet in einem gefütterten Handschuh. Die zeitliche Länge des ungefährlichen Kontakts hängt vor allem von der Fütterung ab. Ab 350 °C werden auch Fausthandschuhe eingesetzt, da sie längere Kontaktzeiten als Fünffingerhandschuhe vertragen, vorwiegend aus gefüttertem Aramid. Handschuhe aus reinem Aramid verhindern einen schlagartigen Wärmedurchschlag.
Ab 500 °C praktisch nur Fausthandschuhe als Hitzeschutz
Ab 500 °C werden so gut wie nur noch Fausthandschuhe aus dick gefütterten Glas- und Keramikfasern oder Carbonfasern eingesetzt. Bei Kontakthitze muss neben der thermischen Beständigkeit des Materials vor allem auf die Isolation geachtet werden: Je höher die Temperatur und je länger die Zeit des Kontakts, desto höher muss die Isolationswirkung der Hitzeschutzhandschuhe sein. Insgesamt gilt: Handschuhe aus Schlingengewebe enthalten mehr Luft zur Isolation und verlängern dadurch die Kontaktzeit (Bild 4).
Gegen Strahlungshitze sollte am besten ein auf Handrücken und Stulpe aluminisierter Handschuh eingesetzt werden, der die Hitze nach außen reflektiert – bis zu 1200 °C. Die Aluminisierung sollte mittels eines Hochvakuumverfahrens aufgetragen sein, zu erkennen an der Faserstruktur, die sich deutlich auf der Aluschicht abzeichnet. Kann man eine Faserstruktur nur schlecht erkennen und sieht die Beschichtung sehr glatt aus, handelt es sich meist um ein minderwertiges Klebeverfahren, weshalb der Handschuh oft bereits beim ersten Hitzekontakt beschädigt wird (Bild 5).
Schutzhandschuhe gegen Kälte sollen auch Feuchtigkeit abweisen
Bei der Auswahl von Schutzhandschuhen für den Kältebereich ist neben der Temperaturisolierung auch wichtig, dass sie feuchtigkeitsabweisend sind sowie gegebenenfalls einen sicheren Griff gewährleisten – da in der Kälte immer auch Feuchtigkeit und somit die Gefahr des Abrutschens entsteht. Deswegen sollten immer auch die Umweltbedingungen wie Luftfeuchtigkeit, Wind und Umgebungstemperatur festgestellt werden.
Natürlich macht es auch einen Unterschied, ob die Arbeit drinnen oder draußen verrichtet wird oder ob kalte Gegenstände, zum Beispiel aus Metall, bewegt, also direkt angefasst werden müssen. Bei Kälteschutzhandschuhen ist vor allem wichtig, dass die Oberfläche unter dem Einfluss niedriger Temperaturen und Bewegung nicht hart wird und bricht. Vorübergehende, nur kurzzeitige Arbeiten im Kältebereich sind unter anderem mit Handschuhen aus PVC oder Nitril möglich.
Spezialhandschuhe schützen bei Arbeiten mit tiefkalten Stoffen
Für den Einsatz mit tiefkalten Stoffen wie Flüssigstickstoff müssen Spezialhandschuhe, zum Beispiel mit einer flexiblen mehrschichtigen Isolierung aus Kunstfaser und einem zusätzlichen hydrophoben Futter aus Baumwolle eingesetzt werden. Ist der richtige Handschuh gefunden, kann er auch nur dann optimalen Schutz bieten, wenn er richtig benutzt wird, das heißt: Jeder hat seine eigenen Handschuhe, die er rechtzeitig wechselt, richtig lagert und entsorgt, wenn sie beschädigt sind.
Außerdem sollte prinzipiell immer auf die richtige Kennzeichnung und entsprechende Qualität geachtet und nicht nach dem günstigsten Preis entschieden werden – zumal bei erfahrenen Herstellern und Handschutzexperten oftmals zusätzliche Serviceleistungen wie die professionelle Erstellung des Handschuhplans oder die individuelle Analyse der Gefahrstoffe in Bezug auf die entsprechenden Handschuhe für Kunden inklusive sind.
* Johanna Hühn ist Technical Support Manager bei der KCL GmbH in 36124 Eichenzell, Michelle Danhäuser ist Marketing Manager im gleichen Unternehmen
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