Anorganische Partikel Synthese anorganischer Partikel mit Überschall
Zusammen mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft hat Evonik Industries ein neues Konzept für die Herstellung von nanoskaligen Partikeln mit Gasphasenreaktionen entwickelt.
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Sie erzeugen die Teilchen mithilfe von Stoßwellen. Hierzu mussten die Wissenschaftler einen neuen Überschallreaktor entwickeln. Das Konzept eines solchen Reaktortyps beruht darauf, die am Ort der Partikelentstehung notwendige thermische Energie nicht wie bisher üblich von außen zuzuführen, sondern die Gasströmung selbst als Energielieferanten zu nutzen. Dazu muss eine Überschallströmung sehr schnell abgebremst werden, um ihre kinetische Energie in Wärme zu überführen.
Die Anforderungen an einen solchen Reaktor sind extrem: Gastemperaturen bis 1500 °C und Drücke bis 15 bar – mit Standardkomponenten aus der chemischen Produktion kamen die Beteiligten da nicht mehr weiter, sondern mussten individuelle Lösungen entwickeln. Für das theoretische Verständnis des Reaktors waren numerische Strömungssimulationen (CFD) und Finite-Elemente-(FE)Berechnungen erforderlich. Gerade FE-Methoden kommen in der Chemieindustrie bislang kaum zur Anwendung, während sie beispielsweise im Automobilbau gang und gäbe sind.
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Synthese von SiO2 bei Mach 2,6
Temperatur, Druck, Konzentration des Precursors und Reaktionszeit beeinflussen die Partikelgenese. Als Modellprozess dient die Synthese von SiO2. Zu Beginn des Prozesses wird der Reaktor mit einem unter Druck stehenden Methan-Luft-Gemisch beschickt. Dieses gelangt in einen Porenbrenner – der ebenfalls für diese Anwendung neu entwickelt werden musste –, in dem die Verbrennung des Gasgemisches für eine homogene Temperatur des Heißgases sorgt. Kurz bevor es eine Verengung – und damit den Überschallbereich – erreicht, wird TEOS (Tetraethylorthosilicat) als Precursor eingespeist.
Das homogene Gemisch aus Brenngas und Precursor erreicht an der engsten Stelle der Düse, die einen Querschnitt von 6 mm mal 15 mm hat, einfache Schallgeschwindigkeit (Mach 1) und anschließend bis zu Mach 2,6, ohne dass die Strömung instabil wird. Durch die Aufweitung des Strömungskanals ist die Masse des Gemischs jedoch letztlich zu klein, um diese hohe Geschwindigkeit aufrechterhalten zu können, sodass das System kollabiert. Die Temperatur steigt infolgedessen sprunghaft an – und das Precursor-Heißgas-Gemisch zündet homogen im so genannten Stoßsystem. Nun kann die chemische Reaktion beginnen, die zur Partikelbildung führt. Da der SiO2-Dampf übersättigt ist, kommt es zur Keimbildung. Die Keime wachsen, aggregieren und verschmelzen dabei zu sphärischen Partikeln, da die Gastemperatur bei gut 1200 °C liegt. Der Reaktorquerschnitt misst in diesem Bereich 45 mm mal 45 mm, die Teilchengröße lässt sich über die Reaktionszeitspanne einstellen: je länger der Weg, desto größer die Teilchen.
Die Strömungsbedingungen bleiben im Reaktor durch eine geeignete Strömungsführung bis zum Quenchen homogen und stabil. Es bildet sich eine ausgeprägte Pfropfenströmung aus, bei der Grenzschichteffekte nur in geringem Umfang zum Tragen kommen. Für jeden einzelnen Querschnitt senkrecht zur Fließrichtung ist der Zustand des Reaktionsgemischs dadurch gleich; alle in das Rohr eintretenden Volumenelemente haben die gleiche Verweilzeit im Reaktionsraum. Für die Arbeiten, die die Wissenschaftler an dem Überschallreaktor durchführen, bedeutet dies, dass sie ihre Untersuchungen auf die Längsachse beschränken können.
Am Ende des Reaktionsraums befindet sich eine zweite Verengung, die den erreichten Zustand der Partikel sozusagen einfriert. Durch die Verengung wird die Gasphase wieder beschleunigt; die Temperatur sinkt dadurch innerhalb von Millisekunden um mehrere hundert Grad Celsius. Die Reaktion kommt zum Erliegen und die Gasströmung erreicht dabei erneut Überschallgeschwindigkeiten, bevor sie beim Eintreten in einen so genannten Diffusor wieder abgebremst wird. Es kommt zum gasdynamischen Stoß, bei dem die kinetische Energie des Gemischs in thermische Energie umgewandelt wird. Um eine erneute Aufheizung der Strömung zu vermeiden, wird in die Strömung noch vor dem Stoß Wasser eingespritzt und im Querschnitt der Strömung möglichst homogen verteilt. Durch das Einleiten von Wasser lässt sich das Partikel-Gas-Gemisch quenchen, das Gas also auf unproblematische Temperaturen abkühlen.
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