Kontinuierliche Produktion So will Glatt mit Modcos bei der Kontiproduktion punkten
Langsam nimmt die Kontiproduktion Fahrt auf. Jetzt, da der Markt nach technischen Lösungen sucht, präsentierte Apparatebauer Glatt zur Achema eine kontinuierliche Anlage, die das Thema Traceability adressiert und eine Lösung enthält, die dem Betreiber ein hohes Maß an pharmazeutischer Sicherheit garantiert.
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Die Kontiproduktion in der Pharmaindustrie kommt langsam, aber sie kommt. Schon beim Gang über die Achema 2012 zeigte sich: Die Pharmazulieferer haben ihre Hausausgaben gemacht und sich strategisch mit Apparaten und Anlagen in Stellung gebracht.
Eine Zeitlang hat sich Glatt das Treiben angesehen, den Markt beobachtet und dann seine Entwicklungsmaschinerie in Gang gesetzt, um zur diesjährigen Achema eine kontinuierliche Anlage zu präsentieren, die den Markt ordentlich in Schwung bringen soll.
Ein modulares kontinuierliches System
Modcos, das Kürzel steht für Modulares Kontinuierliches System, ist die Antwort des Binzener Apparatebauers auf die bereits existierenden Systeme. Die auf der Achema ausgestellte Beispielkonfiguration besteht aus Dosierer und Trockenmischer für Pulver oder Mikrogranulate, gefolgt von der Granulatherstellung, der Trocknung in einer Glatt-Wirbelschichtanlage mit der neuen Rotationskammer und die abschließende Tablettierung, die bei Bedarf mit zusätzlichem Trockenmischer für die Einmischung einer externen Phase vor der Tablettenpresse ergänzt werden kann. Ein übergeordnetes Steuerungssystem und PAT-Kreisläufe gehören auch dazu.
Angesprochen auf die Tatsache, dass Glatt reichlich spät auf den Kontizug aufgesprungen ist, reagiert Entwicklungsleiter Dr. Jochen Thies entspannt: „Aufgrund langer Erfahrung aus anderen Industrien ist das Thema Konti nicht neu für uns.“
Kontianlagen für die Feinchemie
Das in Weimar ansässige Schwesterunternehmen Glatt Ingenieurtechnik beschäftigt sich schon seit 1981 mit dem Einsatz kontinuierlicher Wirbelschichtverfahren in der Feinchemie und der Lebensmittelproduktion. Und vor etwas mehr als zehn Jahren entwickelte Glatt gemeinsam mit dem pharmazeutischen Institut der Universität Uni Basel und dem Schweizer Pharmaunternehmen Roche eine dreikammerige quasikontinuierliche Wirbelschichtanlage, die in Basel lange erfolgreich produzierte, aber nie in Serie gegangen ist.
Der Markt und die Pharma-
branche waren damals einfach noch nicht so weit, konstatiert Thies, der in Sachen Kontiproduktion ein Mann der ersten Stunde ist. Eine Erfahrung übrigens, welche die Binzener mit den Entwicklern anderer Unternehmen teilen.
Heute hat sich die Situation dramatisch verändert. Es geht um den Wettbewerb durch die Emerging Markets, schrumpfende Margen, Qualitätsansprüche, Warning Letters und Patientensicherheit.
In den USA gibt es bereits von der FDA abgenommene Kontianlagen und langsam rollt der Zug auch auf den Kontinent zu. Den Wendepunkt dürfte der Bau der Freiburger CMT-Anlage markieren: Für den kürzlich stattgefundenen Spatenstich hat Pfizer einen großen Bahnhof veranstaltet.
Rückverfolgbarkeit im Kontiprozess – aber wie?
Doch zurück zu Modcos. Was unterscheidet nun die Binzener Kontianlage vom Rest der Welt? „Wir erreichen einen hohen Grad an Flexibilität, da alle benötigten Verfahrensschritte um eine Tablette zu produzieren in jeder beliebigen Reihenfolge angeordnet werden können“, sagt Thies. Das beinhalte auch die notwendige Integration der Messung von Qua-
litätsparametern (PAT).
Großes Thema bei der Kontiproduktion ist die pharmazeutische Sicherheit. Bei einem validierbaren Prozess sollte der Pharmazeut sozusagen granulatgenau genau wissen, wo sich das Produkt zu welchem Zeitpunkt befindet.
Deshalb gilt es, Traceability zu garantieren und zu dokumentieren. Bei Batchanlagen ist das kein Problem, doch wie muss eine praktikable Lösung für einen durchlaufenden Prozess aussehen?
Verweilzeitverteilung und -kontrolle
Verweilzeitverteilung und -kontrolle, heißen die Schlüsselbegriffe, die Xaver Knöpfle, Prozess- und Anlagenentwickler bei Glatt in Binzen ins Spiel bringt. Zwar könne man in kontinuierlichen Prozessen Rückvermischungen nicht gänzlich ausschließen. Doch durch die Kenntnis der Verweilzeiten und deren Verteilungen ist eine lückenlose Rückverfolgung möglich.
Grundsätzlich verlaufen auch in der heutigen Produktion viele Schritte schon quasi kontinuierlich ab, wie Thies verdeutlicht. Dabei machen kleine Veränderungen in wichtigen Details, wie z.B. Schnittstellen und Kommunikation der einzelnen Prozessschritte sowie die Regelung von Qualitätsparametern über mehrere Prozessschritte hinweg, die Neuheit im Gesamten aus. Die Grundoperationen selbst verändern sich nicht. Trocknung bleibt Trocknung, Granulation bleibt Granulation.
Hier verweist Thies auf ein
Alleinstellungsmerkmal des Modcos-Systems. Zwar ist momentan die Methode der Wahl, derzeit
die Feuchtgranulierung mittels Doppelschneckenextruder – ein Trend, dem Glatt gemeinsam mit dem Partner Thermo Fisher folgt. Aber auch alternative Granulationsmethoden sind möglich in Form eines kontinuierlich arbeitenden Wirbelschichtgranulators und eines Einwellen-Durchlaufgranulierers.
Und wie sieht es mit der Umrüstung aus?
„Wir bieten mit dem Modcos-Prozesseinsatz eine elegante Möglichkeit, bestehende Wirbelschichtanlagen des Typs GPCG 2 und 10 auf konti umzurüsten, und in eine kontinuierliche Prozesskette einzubinden“, erklärt der Entwicklungschef. Doch um das volle Potenzial auszuschöpfen, konzentrieren sich die Pharmaunternehmen in der Regel auf neue Wirkstoffe. Produktentwicklung und Produktion verschmelzen im Kontiprozess in einer Anlage. Das Scale-up wird einfacher und billiger ist das neue Verfahren auch. „Kontianlagen sind zwar, wenn man die Gesamtinvestition betrachtet, in der Anschaffung erst mal etwas teurer als Batchanlagen, zeigen ihre Stärke jedoch im Betrieb, durch effizientere und damit kostengünstigere Produktion über die Zeit“, erklärt Thies. Als weiteres Kostenargument führt er den im Vergleich zu Batchanlagen geringeren Platzbedarf der Kontianlagen ins Feld. Das bedeutet: geringere Reinraumfläche, weniger In-
frastruktur. In Summe bedeutet das: geringere Betriebskosten.
Kontiproduktion bedeutet aber nicht nur die Realisierung eines durchgängigen Gesamtprozesses, sondern vor allem Prozessanalysentechnik und damit Prozesskenntnis gekrönt von einer parametrischen Freigabeprozedur, dem Real Time Release. Ohne PAT geht es also nicht.
Ohne Prozessanalysentechnik keine Kontiproduktion
Thies erläutert: „Bei der Auslegung einer Modcos-Anlage werden die qualitätsbestimmenden Prozessparameter sowie die entsprechenden Messstellen je nach Prozessanforderung definiert. Wenn erforderlich, kann ein Prozessparameter auch an mehreren Stellen gemessen werden.“ Neben der Produkttemperatur sind die drei wesentlichen, qualitätsbestimmenden Prozessparameter die Homogenität der Mischung, die Partikelgröße und deren Verteilung sowie die Produktfeuchte, welche mit entsprechenden PAT-Systemen kontrolliert werden.
Hier bindet Glatt Partner und Erfahrung der jeweiligen Hersteller dieser PAT-Systeme ein. Selbstverständlich können Messsysteme aller Hersteller genutzt werden. Grundsätzlich wird jeder gemessener Prozessparameter gespeichert und kann über die Traceability quasi granulatgenau zugeordnet werden.
Bei der gesamten Modcos-Entwicklung hat der Binzener Apparatebauer auf Partnerschaften gesetzt, das gilt nicht nur für die Einbindung der Prozessanalysentechnik-Tools, sondern beispielsweise auch für die Dosiertechnik oder die Extrudertechnik. Der gravimetrische Mischer stammt von Coperion oder die Extrudertechnik für die Nassgranulation von Thermo Fisher. Bei der Tablettiertechnik kann auf die Tablettenpresse von Excellence-United-Partner
Fette Compacting zurückgegriffen werden.
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