Düsen-Technologie in der Praxis So finden Sie die richtige Düse für Ihre Anwendung
Die Wahl des Düsensystems ist oft entscheidend für den gesamten Erfolg einer Verfahrensentwicklung oder Optimierung. Bereits in der Planungsphase sollte man daher die optimale Düsentechnologie inklusive der notwendigen Peripherie festlegen.
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Das Erzeugen einer großen reaktiven Flüssigkeitsoberfläche für Stoff- und Wärmeübergangsprozesse sowie wie das Beschichten von Oberflächen oder das Herstellen von Partikeln zählt zu den klassischen Aufgaben der Zerstäubungstechnik. Zur Lösung dieser Aufgaben stehen verschiedene Düsen- und Zerstäubersysteme zur Verfügung – jede verfügt über spezifische strömungsmechanische Eigenschaften. Bereits bei der ersten groben Auswahl einer bestimmten Düsenbauart sind daher alle relevanten Einflussgrößen zu berücksichtigen. Zu diesen zählen nicht nur die gewünschten Volumenströme, sondern zudem die rheologischen Eigenschaften der Flüssigkeiten und die Anforderungen an das Spray selbst. Die gängigen Düsentypen werden unterschieden nach der Art der Energie, die dem zu zerstäubenden Fluid zur Vergrößerung der freien Flüssigkeitsoberfläche zugeführt wird.
Einstoff-Druckdüsen
Diese Düsenbauart nutzt den Differenzdruck einer Flüssigkeit, um diese an der Düsenmündung auf eine bestimmte Geschwindigkeit zu beschleunigen. Infolge turbulenter Effekte und der Interaktion mit der umgebenden Atmosphäre zerfallen die Flüssigkeitsstrahlen oder Lamellen dann zu einem Tropfenkollektiv. Typische Vertreter dieser Gruppe sind die Vollkegel- und Hohlkegeldüsen.
Vorteil dieser Düsenbauart ist, dass sie keine zusätzliche Energie, beispielsweise Druckgas, benötigen und üblicherweise konstruktiv einfach aufgebaut sind. Die Geschwindigkeit der Tropfen im Nahbereich der Düsenmündung ist lediglich eine Funktion der Druckdifferenz Δp und kann leicht abgeschätzt werden.

Gleichzeitig wird deutlich, dass bei einem definierten Bohrungsdurchmesser des Düsenaustritts der maximale Volumenstrom ebenfalls eine direkte Funktion des Differenzdruckes ist.

Dieses wiederum bedeutet, dass bei einer bestehenden Düse und vorgegebenem Fluid eine Volumenstromänderung nur durch Variation des Flüssigkeitsdruckes realisiert werden kann. Zudem ändert sich das erzeugte Tropfengrößenspektrum mit der Druckdifferenz. Mit abnehmendem Druck vergröbert sich das Spray sukzessive. Wird ein bestimmter Grenzwert unterschritten, versagt die Düse. Problematisch sind Einstoff-Druckdüsen grundsätzlich dann, wenn kleine Volumenströme an höher viskosen Flüssigkeiten zu zerstäuben sind. Aufgrund der erforderlichen kleinen Düsenbohrung in Verbindung mit der hohen dynamischen Viskosität der Flüssigkeit nimmt der Betrag der maßgeblichen Reynolds-Zahl rasch ab.

Daher eignen sich diese Düsenbauarten in erster Linie zum Zerstäuben niederviskoser Flüssigkeiten bei höheren Volumenströmen.
Zweistoff-Düsen
Im Gegensatz zu den Einstoff-Druckdüsen dient ein mit hoher Geschwindigkeit strömendes Gas, üblicherweise Druckluft oder Dampf, als Energielieferant für den Zerstäubungsprozess. Die Dichte von Gasen ist deutlich geringer als die von Flüssigkeiten. Dieses hat zur Folge, dass bereits bei relativ geringen Druckdifferenzen sehr hohe Strömungsgeschwindigkeiten bis hin zur Schallgeschwindigkeit erzielt werden.
Bei den sogenannten Zweistoff-Düsen äußerer Mischung mit Prefilming-Fläche trifft das aus dem Gasringkanal strömende Gas auf die nahezu ruhende Flüssigkeit, welche als Film auf der Prefilming-Fläche vorhanden ist. Dieses hat zur Folge, dass der dünne Flüssigkeitsfilm zu sehr feinen Tropfen zerteilt wird. Die zu zerstäubende Flüssigkeit selbst benötigt keinen hohen Differenzdruck.
Je nach Betriebsbedingungen arbeitet dieser Düsentyp selbst ansaugend. Der Vorteil in Bezug auf das Zerstäuben höher viskoser Flüssigkeiten liegt auf der Hand. Die Flüssigkeit muss nicht entgegen der wirksamen inneren Reibung auf eine hinreichend hohe Geschwindigkeit beschleunigt werden, da sie nicht als Energielieferant fungiert. Diese Aufgabe übernimmt ausschließlich das Druckgas.
Hieraus resultiert ein weiterer wichtiger Vorteil. Es lassen sich auch geringe Volumenströme gut zerstäuben. Dabei können für die Flüssigkeiten relativ große Bohrungsdurchmesser zum Einsatz kommen, was die Verstopfungsgefahr im Vergleich zu den Einstoff-Druckdüsen deutlich reduziert. Gleichzeitig kann der Volumenstrom an Flüssigkeit in weiten Bereichen eingestellt werden. Maßgeblich für die Feinheit des erzeugten Sprays ist bei diesem Düsentyp nämlich die sogenannte Beladung µ, also das Verhältnis zwischen dem Gas- und Flüssigkeitsmassenstrom.

Durch Anpassen des Gasdifferenzdruckes lassen sich somit gewünschte Sprayeigenschaften auch bei der Änderung des Flüssigkeitsmassenstroms in einem nennenswerten Bereich realisieren.
Bei den Zweistoff-Düsen innerer Mischung werden das Gas und die Flüssigkeit bereits im Inneren der Düse zusammen geführt. Dabei entsteht eine Zweiphasenströmung, welche besondere physikalische Eigenschaften aufweist. Die ausführliche strömungstechnische Darstellung zweiphasiger Strömungen würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Bei dieser Düsenbauart ist es zudem erforderlich, den Gas- und Flüssigkeitsdruck aufeinander abzustimmen.
Mechanische Zerstäuber
Zu diesen Typen zählen in erster Linie die Rotationszerstäuber und Ultraschall-Vernebler. Insbesondere die Rotationszerstäuber kommen in verfahrenstechnischen Anwendungen zum Einsatz. Mit diesen lassen sich verstopfungsfrei auch Suspensionen und hochviskose Flüssigkeiten versprühen. Die zu zerstäubende Flüssigkeit wird quasi drucklos einer rotierenden Scheibe oder einem Becher zugeführt. Aufgrund der Haftbedingungen erfährt die Flüssigkeit eine Beschleunigung und nimmt im Idealfall die Umfangsgeschwindigkeit des Zerstäubers an. Die abströmende Flüssigkeit bildet Fäden oder Lamellen aus, welche zu Tropfen zerfallen. Besonders interessant ist die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen nahezu monodisperse, also gleich große Tropfen zu erzeugen. Eine Aufgabe, welche im Bereich der Erzeugung rieselfähiger Produkte ohne Feinanteil oftmals anzutreffen ist.
Naturgemäß liefern Rotationszerstäuber einen Spray mit einem Sprühwinkel von 360°. Bei der Auslegung von Apparaten und Rohrleitungen ist dieses zu berücksichtigen. Der Einsatz von Ultraschall-Verneblern beschränkt sich auf einige wenige spezielle Anwendungen. Ursächlich hierfür ist, dass sie einerseits nur sehr geringe Flüssigkeitsvolumenströme zerstäuben können, andererseits verhältnismäßig teuer sind. Zudem versagen sie relativ rasch, wenn höher viskose Flüssigkeiten zum Einsatz kommen. Für bestimmte Anwendungsfälle ist es von Vorteil, dass sie einen nahezu impulsfreien Spray liefern.
Auswahl des Zerstäubersystems
Zur optimalen und verlässlichen Wahl des in Betracht kommenden Zerstäubersystems ist es zwingend erforderlich, im Vorfeld die folgenden Informationen zu beschaffen:
- Welcher Volumen- beziehungsweise Massenstrom ist mit einem Zerstäuber zu vernebeln?
- Handelt es sich um eine Suspension? Wenn ja, mit welchem Feststoffanteil und welcher Korngrößenverteilung?
- Handelt es sich um eine Schmelze? Besteht die Gefahr, dass der Zerstäuber zufrieren kann?
- Sind die rheologischen Daten des Fluides bekannt? Von besonderem Interesse sind hierbei die dynamische Viskosität, die Dichte und Oberflächenspannung.
- Weist das Fluid ein Newtonsches Fließverhalten auf?
- Welches Tropfengrößenspektrum ist erforderlich? Wie groß dürfen die größten Tropfen im Spray sein? Ist Overspray zu vermeiden?
- Spielen der Sprayimpuls und der Spraywinkel eine besondere Rolle?
- Kann aus verfahrenstechnischer Sicht ein zusätzliches Druckgas, eventuell Inertgas oder Dampf, verwendet werden?
- Sind besondere Anforderungen an den Düsenwerkstoff und die erforderliche Peripherie – Pumpen, MSR etc. – zu stellen?
- Ist es erforderlich, das vollständige Zerstäubungsverhalten als Funktion der Betriebsparameter für die Anlagensteuerung zu kennen?
Die Beantwortung einiger Fragen setzt voraus, dass gegebenenfalls labortechnische Untersuchungen oder Berechnungen des Stoff- und Wärmeüberganges durchgeführt werden müssen, die als Dienstleistung von IBR Zerstäubungstechnik angeboten werden.

Der Autor ist Geschäftsführer der IBR Zerstäubungstechnik GmbH.
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