Wasserstoffstrategie Schnappt die Chinafalle 2.0 zu? Experten drängen beim Thema Wasserstoff aufs Tempo
Deutschland wird die Nummer Eins in Wasserstofftechnologien auf dieser Welt. Das jedenfalls kündigte vor fast genau einem Jahr Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier voller Stolz an. Seine Nationale Wasserstoffstrategie soll dafür die Weichen stellen. Zeichnet sich das tatsächlich ab? Oder ist die 9- Milliarden-Euro teure Initiative ein Strohfeuer und wir tappen wie bei der Sonnenenergie in die Chinafalle?
Anbieter zum Thema

Wasserstoff ist der große Hoffnungsträger, um die verschärften Klimaziele, die sich die Bundesregierung bis 2030 gesetzt hat, zu erreichen. Nur leider ist Wasserstoff heute noch sehr teuer. Für manchen Experten ist er der „Champagner“ der Energiewende. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer will ihn zum „Tafelwasser“ machen.
Funktioniert das? Und reicht es aus, die Kosten für die Wasserstofftechnologien zu senken? Kann sich Deutschland im Alleingang an die Spitze schwingen? Von welchem Wasserstoff reden wir hier überhaupt? Denn abgesehen vom grünen Wasserstoff hält die Farbpalette von grau bis pink einen ganzen Regenbogen parat, die alle nicht wirklich klimaneutral sind. Wird uns bei all den Erfolgsmeldungen womöglich eine Mogelpackung vorgehalten? Elektrolyse-Wasserstoff, emissionsneutral mittels Grünstrom erzeugt, ist derzeit noch rar gesät: „Grünen Wasserstoff gibt es derzeit nur im Labormaßstab“, erklärt Dr. Stefan Kaufmann, Bundestagsabgeordneter und seit Juni 2020 Innovationsbeauftragter „Grüner Wasserstoff“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.
Und: Deustchland ist nicht alleine: „Die Chinesen treiben Wasserstofftechnologien mit einem unglaublichen Einsatz von Geld voran. Das tun wir auch, aber wir sind bürokratisch etwas langsamer", so Dr. Manfred Schuckert, Leiter Emissionen und Sicherheit, Daimler Nutzfahrzeuge im Bereich External Affairs. Derzeit wird die Wasserstoff-Gesamtkapazität in der Volksrepublik auf 25 Millionen Jahrestonnen geschätzt. In den menschenleeren Nord- und Nordwestprovinzen Chinas wie der Inneren Mongolei, Heilongjiang oder Xinjiang sind bereits riesige Photovoltaik-Anlagen entstanden. Die Einspeisung des dort produzierten Stroms in das staatliche Netz und der Transport der Energie über tausende von Kilometern ist derzeit aber noch lückenhaft umgesetzt. Ähnliches gilt für die Windkraft.
Chinas Ziel dabei scheint klar: Durch zielstrebige Investitionen und massive Skaleneffekte könnten die Kosten für die Wasserelektrolyse innerhalb weniger Jahre so weit gedrückt werden, dass aus der jetzigen Nischentechnologie ein weltweit ernst zunehmender Teil im Energiemix wird. Deutschland und Europa die selber mehr oder weniger ehrgeizige Wasserstofstrategien verfolgen, dürften die in Peking getroffenen Entscheidungen mit großer Aufmerksamkeit verfolgen. Aber reicht das? einzelne Fachleute haben da Zweifel: So erklärt Prof. Dr. Welf Guntram Drossel, Geschäftsführender Institutsleiter des Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik: „Das ist kein 100-Meter-Sprint. Aber mit einem Anfangstempo wie beim Marathon wird man diesen Kampf auch nicht gewinnen.“
:quality(80):fill(efefef,0)/p7i.vogel.de/wcms/61/5e/615ebbf9a8421/cover-dossier-wasserstoff-2.png)
(ID:47825541)