Füllstandmessung Radarfüllstandmessung für Kunststoffe – So erkennen Sie selbst kleinste Signale
Kunststoffgranulate werden zwar wegen ihrer Einfachheit beim Transport, in der Verpackung und beim Handling geschätzt, ihren genauen Füllstand in einem Silo zu messen, ist jedoch immer wieder eine Herausforderung. Ein neues Radarfüllstandmessgerät sorgt nun dank besserer Fokussierung und einer bisher unerreichten Signalempfindlichkeit für genauere und sichere Messergebnisse.
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Die Sache ist eigentlich ganz einfach: Ein Radarsensor kann nur den richtigen Füllstand messen, wenn auch ein eindeutiges Füllstandecho vorhanden ist. Speziell bei Schüttgütern gilt: Weisen die Störsignale die gleiche Größe wie das Füllstandecho auf, ist eine zuverlässige Messung nicht möglich. Unglücklicherweise tritt diese Situation bei vielen Kunststoffpulvern und -granulaten auf. Ihre sehr niedrige Dielektrizitätszahl liefert nur kleine Reflexionen, da ein großer Teil der Radarsignale vom Medium absorbiert wird. Hinzu kommen häufig Störsignale durch die kunststoffspezifischen Einbauten in Silos. So wird Kunststoffpulver in der Regel in etwa 20 m hohen, sehr schlanken Behältern gelagert.
„Umlaufende Schweißnähte, selbst wenn diese nur wenige Millimeter groß sind, führen in Silos immer wieder zu Störreflexionen. Im schlechtesten Fall gibt es alle 50 cm eine solche Schweißnaht, die das eigentliche Nutzsignal überlagert“, erklärt Jürgen Skowaisa, Produktmanagement Radar und Ultraschall bei Vega, die schwierige Situation. „Gerade bei Kunststoffpulvern mit kleiner Dielektrizitätszahl war dies häufig der Fall, sodass es äußerst schwierig war, das richtige Signal heraus zu filtern. In einigen Behältern mit stark strukturierten Silowänden oder Verstärkungsringen war eine zuverlässige Messung nicht möglich.“
Eine weitere typische Anwendung, an der herkömmliche Füllstandsensoren häufig scheiterten, sind Mischsilos: Kunststoffgranulate werden vielfach im Silo mithilfe von Mischrohren durchmischt, damit auch über einen sehr langen Zeitraum garantiert wird, dass sich die Eigenschaften, z.B. die Farbe, innerhalb einer Charge nicht verändert. Allerdings verursachen diese Rohre, die etwa einen Durchmesser von 300 mm haben und mit umlaufenden Öffnungen versehen sind, erhebliche Störsignale. „Nur mit einer intelligenten Software und mit sehr viel Erfahrung seitens des Technikers war eine zuverlässige Füllstandmessung überhaupt machbar“, erklärt Füllstandexperte Skowaisa.
Dennoch hat sich in den vergangenen Jahren die Radarfüllstandmesstechnik in Anwendungen der Kunststoffindustrie durchgesetzt. „Soweit der Einsatz möglich war, wurde diese Art der Messung sehr geschätzt, da sich die berührungslose Messung weder von Staub, Lärm oder Luftturbulenzen beeindrucken lässt. Diese Messtechnik garantiert zudem eine hohe Anlagenverfügbarkeit, da die Technik verschleiß- und wartungsfrei ist“, so Skowaisa.
Seit vergangenem Herbst haben sich nun viele Probleme rund um die Füllstandmessung in der Kunststoffindustrie quasi in Luft aufgelöst. Vor gut einem halben Jahr brachte das Schiltacher Unternehmen Vega ein neues Radarfüllstandmessgerät auf den Markt. Die wichtigste Neuentwicklung des Vegapuls 69 ist, dass das Füllstandmessgerät mit einer Frequenz von 79 GHz arbeitet. Die höhere Frequenz ermöglicht eine deutlich bessere Fokussierung des Sendesignals.
Vor allem bei Behältern mit vielen Einbauten oder eben störenden Elementen wie Schweißnähten an den Behälterwänden hilft die gute Fokussierung, das eigentliche Messsignal von Störsignalen besser zu trennen. Mit neuen Mikrowellenkomponenten können selbst kleinste Reflexionssignale noch erfasst werden. Damit lassen sich auch bis dahin schwierig zu messende Produkte mit schlechten Reflexionseigenschaften, also sehr niedriger Dielektrizitätszahl, beispielsweise Kunststoffpulver, zuverlässig messen.
Auf der folgenden Seite lernen Sie die Vorteile des neuen Radarfüllstandmessgeräts Vegapuls 69 im Detail kennen.
Sichere Messung durch bessere Fokussierung
Der Vegapuls 69 arbeitet mit einer Antennengröße von 75 mm. Dadurch ist der Öffnungswinkel nur 4° groß. Dies ist insofern entscheidend, weil der Öffnungswinkel der abgestrahlten Radarenergie und damit auch die Fokussierung sowohl von der Sendefrequenz als auch der wirksamen Antennenfläche abhängen. Bei einer höheren Frequenz wird bei gleicher Antennengröße eine deutlich bessere Fokussierung erreicht. Zum Vergleich: Bei einem Radarsensor mit 26 GHz Sendefrequenz beträgt der Öffnungswinkel etwa 10° bei gleicher Antennengröße. Dagegen geht der 79-GHz-Strahl mit seinem 4°-Winkel an Einbauten oder Anhaftungen der Behälterwand vorbei. Das macht die Messung sicherer und zuverlässiger.
Leichter Einbau und schnelle Inbetriebnahme
Gleichzeitig ist auch der Einbau leichter, weil nun keine große Parabolantenne mehr benötigt wird. War es bisher notwendig, das Messgerät auf zusätzlichen Stutzen oder am Mannloch zu befestigen, genügt nun eine Öffnung mit 80 mm Durchmesser. Die Flanschausführung besitzt eine Schwenkhalterung aus hochwertigem Edelstahl, mit der sich die Antenne bequem einstellen lässt, sodass der Sensor optimal in einem Bereich von (±10°) ausgerichtet wird.
Die Inbetriebnahme ist einfacher geworden, weil die Störsignale nicht mehr herausgefiltert werden müssen. Auch die Vega-App zur Einstellung der Sensorausrichtung hat sich im Betrieb bestens bewährt, da sich hiermit leicht der Neigungswinkel der Antenne berechnen und einstellen lässt. „Echokurven müssen damit nicht noch einmal extra überprüft werden, das spart Zeit“, verweist Skowaisa auf die leichte Installation.
Mehr Leistungsreserven
Je größer der Dynamikbereich (Unterschied zwischen größtem und kleinstem Signal), desto breiter ist das Einsatzspektrum eines Füllstandmessgerätes. Da der Vegapuls 69 über einen Dynamikbereichs von 120 dB verfügt, lassen sich selbst kleinste Reflexionen messen. „Mit der neuen Technik lassen sich also auch bei Medien mit extrem schlechten Reflexionseigenschaften wie Styropor-Kügelchen oder Aerosile, die einen extrem kleine Dielektrizitätszahl aufweisen, messen“, so Skowaisa.
Die Universalität zeigt sich an weiteren Eigenschaften: So liegt seit Dezember 2014 die Ex-Zulassung für den Staub-Ex- und auch den Gas-Ex-gefährdeten Bereich vor. Und dank der eingesetzten Werkstoffe, PP und Edelstahl, spielen auch eventuelle Ablagerungen keine Rolle. „Wir bieten für das Gerät zwar einen Spülluftanschluss an, der in der Praxis aber sehr selten verwendet wird“, so Skowaisa. Zudem lässt sich das Messgerät in Behältern oder Silos einsetzen, in denen immer mal wieder verschiedene Produkte gelagert werden. Eine spezielle Anpassung ist nicht notwendig.
Ausblick
Die Rückmeldungen aus den ersten Anwendungen weltweit sind ermutigend. „Der Erfolg verblüfft uns selbst ein bisschen“, gibt Skowaisa zu. Seit Markteinführung wurden über 2000 Geräte verkauft und Anwendungen erschlossen, bei denen man bis dahin nicht glaubte, dass sie möglich waren. „Wir wagen uns natürlich jetzt an immer schwierigere Messanforderungen heran, und es ist verblüffend, wie einfach Füllstandmessung sein kann.“
Schon vor der offiziellen Markteinführung im September letzten Jahres wurde eine Nullserie weltweit installiert – mit durchweg positivem Feedback. Der große Vorteil für Anwender in der Kunststoffbranche ist, dass mit dem neuen Vegapuls 69 nun ganz unterschiedliche Anwendungen abgedeckt werden können – von kleinen Schüttgutcontainern bis zu großen Lagerhallen, von Kunststoffen mit großer bis zu solchen mit kleiner Dielektrizitätszahl.
Die Chemieindustrie und verwandte Branchen sind auf zuverlässige Komponenten angewiesen. Doch wie bekommt man sichere Prozesse? Lesen sie auf der folgenden Seite ein Interview mit Jürgen Skowaisa, Produktmanagement Radar und Ultraschall bei Vega, über die steigenden Anforderungen und wie man diese mithilfe der Messtechnik bewältigt.
Skowaisa: In Tankfarmen oder Großbäckereien ist eine automatisierte Rohstoffversorgung schon längst etabliert, in der chemischen Industrie fängt man damit erst an. Aber die Einführung solcher Systeme lohnt sich, schließlich können sich die Kosten für einen Produktionsausfall wegen mangelnder Rohstoffbelieferung schnell auf einen fünf- bis sechsstelligen Betrag belaufen. Allerdings: Für solche bedarfsgerechten und automatisierten Rohstofflieferungen benötigt man sichere Messwerte, die vor allem über einen langen Zeitraum Verlässlichkeit garantieren. Und hier ist der Vegapuls 69 die ideale Basis, weil das Gerät den Füllstand auch in einer schwierigen Umgebung zuverlässig misst. In Kombination mit unserem neu überarbeiteten Vega Inventory System werden Bestände sicher erfasst und eine automatische Rohstofflieferung angestoßen.
PROCESS: Apropos Sicherheit: Gibt es Füllstandanwendungen, die sich nach wie vor nicht sicher betreiben lassen?
Skowaisa: Ich denke, wenn man die Messstelle gut kennt, bekommt man fast jede Messumgebung in den Griff. Manchmal benötigt man jedoch auch besondere Messgeräte. Ein gutes Beispiel sind die bewährten Vibrationsgrenzschalter, die jedoch bei extremen Umgebungsbedingungen an ihre Grenzen stießen. Dies lag an der Piezotechnik, die die Schwinggabel auf einer bestimmten Frequenz anregt. Diese ist schlicht nicht für Temperaturen über 280 °C oder im Bereich der kryogenen Gase geeignet. Seit der Entwicklung des Vegaswing 66 mit einem patentierten induktiven Antrieb ist eine sichere Grenzstanderfassung auch bei extremen Anwendungen, also bei Temperaturen von -196 °C bis +450 °C sowie im Druckbereich von -1 bis +160 bar möglich.
PROCESS: Nehmen solche Anwendungen unter extremen Bedingungen zu?
Skowaisa: Natürlich gibt es nach wie vor sehr viele Standardanwendungen, aber wir merken schon, dass Prozesse stärker an den Grenzbereich herangefahren werden oder auch Messgeräte benötigt werden, die den hohen Anforderungen in PLT-Schutzeinrichtungen genügen müssen. Auf der Achema zeigen wir daher beispielsweise auch unsere Druckmessumformer-Serie Vegabar 80, die bei sehr hohen Temperaturen und aggressiven Medien eingesetzt werden können. Hierfür sorgt eine Vielzahl an Membranwerkstoffen und -beschichtungen. Eine zusätzliche Glasdurchführung hinter der Messzelle bildet eine so genannte „Second Line of Defense“ und gewährleistet maximale Sicherheit bei Anwendungen in Prozessen mit stark toxischen Medien.
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Radar-Füllstandmessung
Neues Radar-Füllstandmessgerät fokussiert aufs Wesentliche
* Die Autorin arbeitet als freie Fachjournalistin für die Vega Grieshaber KG, Schiltach.
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