Bilanzpressekonferenz Endress+Hauser Personalrochade und Wachstum bei Endress+Hauser
Seit dem Krisenjahr 2009 ist die Wachstumskurve bei Endress+Hauser nicht mehr linear. Auch 2012 war für die Prozessautomatisierer kein leichtes Jahr. Auf der Bilanzpressekonferenz gab es neben den aktuellen Zahlen noch einige Personalentscheidungen zu verkünden.
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Basel - Änderungen auf dem Podium und in der Ankündigungsrede: Bei Endress+Hauser findet ein Generationenwechsel statt, wie ihn die Unternehmensgeschichte noch nicht gesehen hat. "Für uns bedeutet das eine Zäsur, " betont Unternehmenssprecherin Monique Juillerat auf der heutigen Bilanz-Pressekonferenz. Nicht nur, dass der finanzielle Stand des Unternehmens von Dr. Luc Schultheiss neu vorgetragen wird, auch sitzt Klaus Endress zum letzten Mal in seiner Rolle als CEO auf dem Podium des Management Boards. Matthias Altendorf wird ihm in dieser Rolle nachfolgen (PROCESS berichtete).
Zweistelliger Zuwachs beim Betriebsergebnis
Wie der Finanzchef und nach ihm Klaus Endress ausführte, konnte die Endress+Hauser-Gruppe ihre Finanzkraft weiter stärken und steigerte den Nettoumsatz um elf Prozent auf annähernd 1,7 Milliarden Euro. Das Betriebsergebnis (EBIT) hielt, trotz höherer Abschreibungen, mit einem Plus von über zehn Prozent fast Schritt und erreichte 273 Millionen Euro. Bedingt durch die gestiegene Abgabenlast legte das Ergebnis nach Steuern nur um drei Prozent zu. Mit 183 Millionen Euro markiert es jedoch ebenfalls einen Bestwert, wie Schultheiss betonte.
Die Eigenkapitalquote wurde um mehr als 3 Prozentpunkte auf über 73 Prozent gesteigert. Zugleich trug die Firma über 30 Millionen Euro an Bankverbindlichkeiten ab und senkte die Kredite auf unter 10 Millionen Euro. Ihnen stehen flüssige Mittel von 389 Millionen Euro gegenüber.
Und auch die Investitionen der Firmengruppe erreichten mit 127 Millionen Euro eine neue Höchstmarke. Die Summe floss größtenteils in den Ausbau der Fertigungskapazitäten. Der Schwerpunkt lag dabei auf den Standorten im süddeutschen Maulburg, in Gerlingen bei Stuttgart sowie in Greenwood/Indiana, USA. Das bedeutendste Vorhaben so betont Michael Ziesemer war eine neue Produktionsstätte in Itatiba nahe São Paulo. Endress+Hauser erhofft sich hiervon wichtige Impulse für den Wachstumsmarkt Brasilien, aber auch für das Geschäft auf dem übrigen südamerikanischen Kontinent.
„2012 war kein leichtes Jahr“
Doch Klaus Endress lässt auch wieder nachdenkliche Töne in seiner Rede zu: "Energiewende nenne ich lieber Papierwende, denn sie hat ja noch nichts gebracht." Auch lenkt er den Blick noch einmal auf die Finanzkrisen und die damit verbundenen Probleme zurück. „2012 war kein leichtes Jahr, am Ende haben wir unsere hochgesteckten Ziele nur knapp verfehlt“, sagte er. Dabei sei „auch ein wenig Glück“ im Spiel gewesen. Das Unternehmen sei von Währungsturbulenzen verschont geblieben; die Entwicklung der Wechselkurse habe die Geschäfte sogar leicht unterstützt.
Auch Michael Ziesemer blickt positiv auf der Erreichte: "Wir haben uns besser entwickelt, als viele Unternehmen der Branche. Der Zentralverband der deutschen Elektrotechnik- und Elektronikindustrie, ZVEI, schätzt das Wachstum in der Prozessautomatisierung auf sechs bis sieben Prozent. Wir dürften also einmal mehr Marktanteile hinzugewonnen haben."
Als Problemfelder führt Ziesemer einige internationale Märkte an. So sind die Verkäufe in Griechenland, Spanien und Argentinien zurückgegangen. Auch in der Schweiz führten fehlende Aufträge aus der Solar-Zuliefererindustrie für Rückgänge. "Und schließlich haben wir auch in China Umsatz eingebüßt", gibt sich Ziesemer selbst überrascht. "Dort hat sich die Abkühlung der Konjunktur ausgewirkt, aber es sind auch eigene Versäumnisse, die uns Marktanteile gekostet haben. Das war eine ungewohnte Erfahrung." Auf Nachfrage von PROCESS bestätigt Ziesemer organisatorische Probleme aufgrund des starken Wachstums: "Wenn Sie über Jahre 25 bis 30 Prozent wachsen, können Sie Probleme bei Organisation und Mitarbeitern haben, doch das haben wir mittlerweile nachgezogen."
Technologische Entwicklungen
Ziesemer spricht zudem technologische Entwicklungen an: "Industrie 4.0 und das Internet der Dinge sind mehr als nur Schlagworte! Wir merken das daran, dass IT und Automatisierung immer stärker zusammenwachsen. Wir stellen Cloud-Lösungen für unsere Kunden bereit und haben die ersten Feldgeräte mit Ethernet/IP-Protokoll im Angebot: vom Feldgerät direkt in die ERP-Systeme unserer Kunden."
Auch Inventory Management für die Steuerung von Logistik-Prozessen und drahtlose Technologien führt Ziesemer als Trends an. Risiken wird es laut Ziesemer jedoch auch geben. Als Stichworte nennt er IT-Security, die Einzug auch in die Feldgeräte hinein finden wird.
Ehrgeizige Ziele für 2013
Für 2013 hat sich Endress+Hauser wiederum hohe Ziele gesetzt. Der Umsatz soll um zehn Prozent auf nahezu 1,9 Milliarden Euro wachsen. Beim Betriebsergebnis wie auch beim Ergebnis nach Steuern erwartet das Unternehmen einen leichten Rückgang. Hier schlagen sich Investitionen in Gebäude und Anlagen, Software und IT von 160 Millionen Euro nieder, ebenso gesteigerte Ausgaben für Forschung und Entwicklung. 550 Stellen sollen bis Ende 2013 hinzukommen. Derzeit, so Ziesemer, liege man noch „leicht unter Budget“. Während die Umsätze in China wieder kräftig zulegten, blieb die Entwicklung in den USA hinter den Erwartungen zurück.
Zum Abschluss der Pressekonferenz ergreift noch einmal der designierte Nachfolger als CEO, Matthias Altendorf, das Wort: "Ich werde eine Brücke schlagen zu einem jungen Mitglied der Familie." Bevor die Frage von Unternehmenskennern und Insidern nach Details zur Personalwahl aufkommen, gibt Endress Einblicke in den Entscheidungsprozess. Allein die Altersvorgabe habe viele gute andere Alternativen ausgeschlossen, betonte er: "Michael Ziesemer als COO ist nur aus diesem Grund nicht mein Nachfolger geworden." (Siehe hierzu auch Exklusiv-Interview mit Klaus Endress in Kürze an dieser Stelle.)
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