Großanlagenbau Ohne Schrammen durch die Krisen: Großanlagenbau auf Wachstumskurs

Von Anke Geipel-Kern Lesedauer: 3 min |

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Energiekrise, Krieg, Deindustrialisierung – alles kein Thema für den deutschen Großanlagenbau. Getragen von guten Umsätzen und Auftragseingängen erweist sich die Branche als erstaunlich krisenfest. Im Gegenteil: Der große Profiteur von Energiewende und Dekarbonisierung heißt Großanlagenbau.

 Hannes Storch, stellvertretender Vorsitzender der AGAB und Geschäftsführer der Outotec
Hannes Storch, stellvertretender Vorsitzender der AGAB und Geschäftsführer der Outotec
(Bild: VDMA)

Im letzten Jahr sah man auf der Frühjahrspressekonferenz der Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau des VDMA besorgte Mienen. Gerade hatte der Krieg in der Ukraine begonnen und keiner wusste so genau wie es denn jetzt weitergehen würde. Russland, die Energiekrise – große Herausforderungen türmten sich vor den Mitgliedern des AGAB auf. In diesem Jahr scheint das alles schon wieder Schnee von gestern zu sein. Das weggebrochene Russlandgeschäft – kompensiert durch eine gestiegene Nachfrage aus Deutschland, China, spielt ohnehin keine große Rolle für die AGAB-Mitglieder und das Gespenst der Deindustrialisierung – zumindest in dieser Branche ist es bisher nicht angekommen.

Gute Zahlen 2022 und noch höhere für 2023

Man rechne mit konstant steigendem Umsatz für das Jahr 2023, erklärte Dr. Hannes Storch, stellvertretender Vorsitzender der AGAB und Geschäftsführer der Outotec. Die Zahlen von 2022 bestätigen seinen Optimismus.

Gegen den Trend der vergangenen Jahre, in denen die Großanlagenbauer stets die Nachfrage der deutschen Industrie bemängelten, wächst das Geschäft in Deutschland gerade – vor allem Modernisierungen kurbeln die Nachfrage an. Die Inlands-Bestellungen verdoppelten sich 2022 auf 6,6 Milliarden Euro (2021: 3,2 Milliarden Euro) und erreichten damit historisch gesehen den höchsten Wert seit 2011. Auslöser seien Megaaufträge für die Netzanbindung mehrerer Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee, erklärte Storch.

Auch Großaufträge aus der Petrochemie sowie der Öl- und Gasindustrie führten im Chemieanlagenbau (inklusive Luftzerlegung) zu einem Auftragswachstum um 47 Prozent auf 234 Millionen Euro (2021: 159 Millionen Euro) – das sei der höchste Wert in diesem Segment seit 2012.

Im Ausland sei hingegen weniger Bewegung zu sehen: Die Auslands-Auftragseingänge lagen mit 14,4 Milliarden Euro um 20 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres (2021: 18,0 Milliarden Euro). Dieser Rückgang ist nahezu ausschließlich auf den Wegfall des russischen Marktes zurückzuführen: Die um das Russlandgeschäft bereinigten Auslands-Bestellungen erhöhten sich 2022 um 23 Prozent.

Klimawandel und Defossilierung treiben das Geschäft

Trotzdem gibt es keinen Grund zur Klage. In Westeuropa, USA, dem mittleren Osten und Schwellenländern wie Brasilien und Indien machen die Großanlagenbauer gute Geschäfte. Insgesamt summierte sich der Auftragswert auf mehr als sieben Milliarden Euro. Rund 60 Prozent dieses Volumens stammt von Kunden aus Westeuropa. Auch der Inflation Reduction Act der USA beflügelt den Großanlagenbau: Die Bestellungen aus USA erreichten mit 2,2 Milliarden Euro einen Rekordwert.

Angekurbelt wird das Geschäft durch die Pläne vieler Staaten, den Klimawandel einzudämmen. Den damit verbundene Investitionsbedarf für Klimaschutztechnologien beziffern Experten mit mehr als 4,5 Billionen US-Dollar allein bis 2030. Entsprechend hoch ist das Potenzial, das Storch sieht. Der deutsche Großanlagenbau beschäftige sich seit Jahren mit diesen Themen, sagt der AGAB-Sprecher und zählt Technologien auf, wie Anlagen für eine CO2-freie Energieerzeugung (u.a. Wind- und Wasserkraft), Anlagen zum Recycling von Wertstoffen (u.a. Papier und Batterien), Technologien zum Abscheiden und Speichern von Kohlendioxyd (CCS), klimaneutrale Stahl- und Zementwerke sowie Raffinerien für die Produktion von synthetischen Kraftstoffen.

Brückentechnologien helfen beim Übergang in eine nachhaltige Wirtschaft

Darüber hinaus wurden 2022 Anlagen zur Erzeugung von Wasserstoff, der als Energieträger und Reduktionsmittel in der Stahlindustrie zukünftig eine zentrale Rolle bei der Dekarbonisierung spielen soll, geliefert. Bislang fehlen allerdings noch Großanlagen, mit denen grüner, also mit regenerativem Strom erzeugter Wasserstoff, im Gigawatt-Maßstab hergestellt werden kann. Bis das der Fall sein wird, ist eine stärkere Nutzung von blauem Wasserstoff und blauem Ammoniak unumgänglich, dessen CO2 bei der Entstehung abgeschieden und gespeichert wird (CCS-Technologie: Carbon Capture and Storage). „Der Übergang von einer Wirtschaftsform, die überwiegend auf der Nutzung fossiler Energien basiert zu einem ausschließlich auf der Nutzung regenerativer Energien beruhenden Modell kann nur über einen schrittweisen Umbau und einen Mix aus grünen und aus fossilen Energieträgern mit CCS gelingen“, erklärt Storch.

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