Forschungsprojekt Neues Verfahren verspricht Megawatt-Stromspeicher für die Energiewende
Die industrielle Nutzung und Speicherleistungen im zwei- bis dreistelligen Megawatt-Bereich – das soll ein neues Herstellungsverfahren für Redox-Flow-Batterien ermöglichen. Das Verbund-Forschungsprojekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit insgesamt 3,9 Millionen Euro gefördert. Lesen Sie die Details.
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Essen – Die Nachfrage nach Speicherlösungen für die Energiewende steigt rasant. Vor diesem Hintergrund haben die Unternehmen Thyssenkrupp, Centroplast und Eisenhuth sowie das Energie-Forschungszentrum Niedersachsen (EFZN) und das Zentrum für BrennstoffzellenTechnik (ZBT) ein gemeinsames Forschungs- und Entwicklungsprojekt ins Leben gerufen. Ziel ist es, ein neues, kostengünstiges Herstellungsverfahren für eine der Kernkomponenten von Redox-Flow-Batterien – die Bipolarplatte – mit Flächen im Quadratmeter-Bereich zu entwickeln.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) unterstützt das Projekt im Rahmen der Fördermaßnahme „Extrusions-Platte – Neuartige großflächige Bipolarplatten im Extrusionsverfahren für Redox-Flow-Batterien“ über drei Jahre mit 3,9 Millionen Euro. Die neue Technologie, die eine deutliche Reduzierung der spezifischen Herstellungskosten von Redox-Flow-Batterien ermöglicht, soll voraussichtlich ab 2018 von Thyssenkrupp vermarktet werden.
Von Watt zu Megawatt
Die Besonderheit der Redox-Flow-Batterie liegt darin, dass die Speicherung der Energie und deren Umwandlung nicht wie bei anderen Batteriesystemen am selben Ort stattfindet, sondern räumlich voneinander getrennt abläuft. Redox-Flow-Batterien speichern den Strom als chemische Energie in zwei großen Tanks, in denen sich elektrolytische Flüssigkeiten befinden – Salze, die in organischen oder anorganischen Säuren gelöst sind. Die beiden Tanks sind mit elektrochemischen Zellen verbunden, die den Strom in chemische Energie oder chemische Energie in Strom umwandeln.
Die Leistung und die zu speichernde Strommenge der Redox-Flow-Batterie sind unabhängig voneinander skalierbar. Dies stellt neben der langen Lebensdauer einen großen Vorteil der Redox-Flow-Batterie gegenüber anderen Batteriesystemen dar. Redox-Flow-Batterien eignen sich insbesondere als stationäre Energiespeicher. Sie können sehr schnell auf die jeweilige Versorgungssituation reagieren und in Sekundenbruchteilen von Speichern auf Entladen umstellen. Der Systemwirkungsgrad liegt momentan bei bis zu 80 Prozent.
Je größer die Tanks, desto mehr Strom kann gespeichert werden. Die Leistung hängt dagegen von der Größe der aktiven Fläche der elektrochemischen Zellen und damit direkt von der Größe der Bipolarplatte ab. Diese zu vergrößern, hat sich das Konsortium aus Industrie und Forschung zum Ziel gesetzt. Beim derzeitigen Stand der Technik misst die Zellfläche von kommerziellen Redox-Flow-Batterien ca. 0,1 m²; die Leistung liegt damit bei nur etwa 80 Watt. Um zukünftig auch großtechnische, industrielle Anwendungen realisieren zu können, will man die aktive Zellfläche von Redox-Flow-Batterien auf 2,7 m² vergrößern, also auf das mehr als 30-fache.
Durch Verschaltung einiger hundert bis mehrerer tausend dieser Zellen zu größeren Einheiten erhält man einen Energiespeicher im zwei- bis dreistelligen MW-Bereich. Dieses Prinzip ist nicht neu und wird bereits heute in anderen Elektrolyseanwendungen, zum Beispiel in der Chlorproduktion, praktiziert.
Der Anlagenbauer Thyssenkrupp Industrial Solutions arbeitet schon seit geraumer Zeit mit Hochdruck an der Weiterentwicklung der Redox-Flow-Speichertechnologie hin zu Lösungen im großtechnischen Maßstab. Weiterlesen ...
Innovation durch branchenübergreifende Zusammenarbeit
Das Know-how von Thyssenkrupp Industrial Solutions liegt vor allem im Aufbau der elektrochemischen Zelle. Durch die Entwicklung eines verbesserten, patentierten Zelldesigns konnte am Forschungs- und Entwicklungsstandort in Ennigerloh kürzlich ein Redox-Flow-Speicher in Technikumsgröße mit Zellflächen bis 0,6 m² in Betrieb genommen werden. Hier werden zukünftig auch die neu entwickelten Bipolarplatten unter anwendungsnahen Bedingungen auf ihren Einsatz in Redox-Flow-Batterien getestet.
Im Rahmen des nun gestarteten Projekts zur Entwicklung eines Herstellungsverfahrens neuartiger Bipolarplatten ist Eisenhuth für die Übertragung der Forschungsergebnisse in die industrielle Fertigung und für die Produktion von flächenmäßig kleinen Bipolarplatten verantwortlich. Das ZBT übernimmt mit Unterstützung durch Eisenhuth die Auswahl und Weiterentwicklung von Materialien und Werkstoffen, die hinsichtlich der neuen Technologie für die Herstellung der Bipolarplatten geeignet sind.
Der Kunststoffspezialist Centroplast wird das Scale-up der Bipolarplatten übernehmen und die Machbarkeit ihrer Herstellung im Quadratmeter-Maßstab mittels der neuen Technologie demonstrieren. Dabei liegt der Schwerpunkt vor allem darauf, die Bipolarplatten fehlerfrei und in hoher Qualität reproduzierbar in einem robusten Prozess herzustellen. Während des Entwicklungsprozesses werden die Forschungsinstitute ZBT und EFZN die Herstellung der Bipolarplatten durch Eisenhuth und Centroplast mithilfe umfangreicher Materialcharakterisierungen und elektrochemischer Untersuchungen unterstützen.
Thyssenkrupp Industrial Solutions übernimmt schließlich die Einbindung der neu entwickelten Bipolarplatten in Redox-Flow-Batterien sowie die weitere Optimierung des Zelldesigns hin zu großtechnischen Anwendungen. Das Gemeinschaftsprojekt zur Herstellung der Bipolarplatte wird von Eisenhuth koordiniert.
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