Sanierung in eigener Regie Neues Insolvenzrecht macht Eigenverwaltung attraktiver
Das Prinzip der Eigenverwaltung lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Aus den Fehlern der Vergangenheit lernen – und es in Zukunft besser machen. Die Geschäftsführung bekommt die Möglichkeit, ihr in Schwierigkeiten geratenes Unternehmen in Eigenregie mithilfe eines Insolvenzverfahrens zu sanieren.
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Der Vorteil bei der Eigenverwaltung ist, dass die Geschäftsführung den Geschäftsbetrieb im Konsens mit den Gläubigern und den Verfahrensbeteiligten fortführen kann – ohne die Kontrolle zu verlieren. Sie wird lediglich von einem Sachwalter beaufsichtigt, den das Gericht bestellt. In der Regel wird die Geschäftsführung des Schuldnerunternehmens bei einer Eigenverwaltung von einem Sanierungsexperten beraten und unterstützt.
In der Praxis führte die Eigenverwaltung jedoch bis zur Insolvenzrechtsreform im vergangenen Jahr ein Schattendasein – obwohl sie zum Beispiel in Kombination mit einem Insolvenzplan bereits damals ein taugliches Sanierungsinstrument war. Im Jahr 2011 wurden deutschlandweit insgesamt nur zehn Insolvenzverfahren als Eigenverwaltungen eröffnet. Der Grund für dieses Schattendasein waren unter anderem die hohen gesetzlichen Hürden.
Anzahl der Eigenverwaltungen ist deutlich angestiegen
Seit dem 1. März 2012 hat der Gesetzgeber diese Hürden gesenkt. Durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) ist die Eigenverwaltung als Sanierungsinstrument für Schuldner und Gläubiger deutlich attraktiver geworden. Beleg dafür ist die steigende Zahl der Eigenverwaltungen.
Eine Erhebung der Onlineplattform Insolvenz-Portal hat ergeben, dass von März bis einschließlich Dezember vergangenen Jahres 124 Unternehmen Eigenverwaltungs- oder Schutzschirmverfahren – eine Sonderform der Eigenverwaltung (siehe Kasten) – beantragt haben. Ein aktuelles Beispiel ist der Solarmaschinenbauer Centrotherm, der sich mithilfe eines Schutzschirmverfahrens sanieren will.
In der Regel besteht ein Insolvenzverfahren aus dem vorläufigen – das in der Regel drei Monate dauert – und dem eröffneten Verfahren. Die wesentlichen Weichen werden oftmals bereits im vorläufigen Verfahren gestellt. Bis zum 1. März 2012 entschied das Gericht jedoch erst mit der Eröffnung des Verfahrens darüber, ob es den Antrag des Schuldners auf Eigenverwaltung annehmen würde oder nicht. Das Problem: Vielfach führte die späte Entscheidung über die Eigenverwaltung dazu, dass im vorläufigen Verfahren bereits Tatsachen geschaffen worden waren, die eine Eigenverwaltung im eröffneten Verfahren erschwerten oder faktisch unmöglich machten.
Gericht entscheidet über die Eigenverwaltung
Mit dem ESUG hat der Gesetzgeber dies geändert. Das Gericht entscheidet jetzt bereits im vorläufigen Verfahren – zumeist kurz nach dem Insolvenzantrag – über die Eigenverwaltung. Neu ist zudem, dass das Gericht den Antrag nur ablehnen kann, wenn konkrete Fakten dafür vorliegen, dass die Gläubiger durch die Eigenverwaltung Nachteile zu erwarten haben.
Bislang konnte das Gericht einen Antrag auch wegen bloßer Bedenken oder negativer Prognosen ablehnen – mit dem ESUG ist dies nicht mehr möglich. Es gilt das Prinzip: Im Zweifel für den Schuldner. Dadurch stärkt der Gesetzgeber die Position des Schuldners und erhöht die Planbarkeit des Verfahrens. Fakt ist: Durch das ESUG wird die Eigenverwaltung von der Ausnahme zur Regel.
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