Nanotechnologie Neue Verfahren bringen die deutsche Chemie in der Nanotechnologie voran

Autor / Redakteur: Klaus Jopp / Anke Geipel-Kern

Die Herstellung von Nanomaterialien ist ein zukunftsträchtiges Feld. Deutsche Chemieunternehmen spielen dabei in der ersten Liga mit.

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Deutschland nimmt in der Nanotechnologie eine führende Rolle in Europa ein und ist auch im weltweiten Vergleich gut aufgestellt. Das belegt die jüngste Studie des Verbandes der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnologie (VDE, Frankfurt a.M.), die Anfang November 2008 vorgelegt wurde. Dr. Markus Pridöhl, Koordinator Nanotechnologie bei Evonik Industries (Essen) bestätigt diese Spitzenposition: „Etwa die Hälfte aller Unternehmen, die sich in Europa mit diesem Gebiet beschäftigen, sind in Deutschland angesiedelt.“

Entsprechend wichtig sind neue Verfahren zur Herstellung von Nanomaterialien, die ein wesentliches Teilgebiet der Nanotechnologie darstellen. Dieses Segment umfasst Nanomaterialien und -composite (Anteil etwa 28%), ultradünne Schichten (37%), ultrapräzise Oberflächenstrukturierung (22%) sowie die beiden kleineren Gebiete laterale Nanostrukturen (9%) sowie Messung und Analyse von Nanostrukturen (4%). Insgesamt erwartet die DZ Bank schon für 2010 einen weltweiten Umsatz dieses Bereiches von 220 Milliarden Dollar.

Vor diesem Hintergrund sind deutsche Firmen, vor allem Evonik und BASF (Ludwigshafen), an der Produktion von Nanomaterialien beteiligt und haben dafür neben bewährten Prozessen auch neue Verfahren etabliert. Grundsätzlich kommen zur Partikelsynthese verschiedene Flüssig- und Gasphasensynthesen ebenso wie Mahlverfahren zum Einsatz. Evonik nutzt insbesondere Fällungsprozesse und Flammenreaktionen.

Energiesparende Herstellung

Eine Neuentwicklung, die derzeit im Technikum im Chemiepark Hanau-Wolfgang erprobt wird, ist die Herstellung von nanoskaligem Zinkoxid in einem Verdampfungsreaktor. Feinste Zinkoxid-Partikel werden heute u.a. zur Produktion besonders effektiver Sonnencremes mit hohem Lichtschutzfaktor verwendet. In dem neuen Prozess werden Zinkpellets in einem geeigneten Tiegel aufgeschmolzen und weiter erhitzt, sodass sich eine Dampfphase einstellt. Dieser Dampf wird mittels Stickstoff als Treibmittel über eine Leitung in den eigentlichen Reaktor transportiert, in den an unterschiedlichen Stellen ein Brenngas-Luftgemisch, die eigentliche Reaktionsluft und zum Schluss ein Siliziumdioxid-Precursor zugeführt werden.

Auf diese Weise kann eine besonders homogene Mischung zwischen Zinkdampf und Luft realisiert werden, die wiederum zu einer guten Partikelbildung führt. Die Einbeziehung der Silizium-Verbindung ermöglicht gecoatete Teilchen, die nicht verkleben – Aggregate und Agglomerate können sich nicht mehr bilden. Vielmehr sind die entstehenden Teilchen 150 bis 200 Nanometer klein, wobei auf die SiO2-Hülle nur einige wenige Nanometer entfallen. Die Partikelbildung wird durch das Einblasen von Quenchluft und im zweiten Schritt von Quenchwasser beendet. Die Partikel werden schließlich über einen Tuchfilter abgeschieden.

Das Verfahren ermöglicht im Pilotmaßstab die Produktion von fünf bis zehn Kilogramm Nanomaterial pro Stunde, die Jahrestonnage liegt in Hanau bei 40 Tonnen. Nach erfolgreichem Abschluss dieser Phase soll eine Produktion insbesondere für kosmetische Anwendungen am Evonik-Standort Rheinfelden aufgebaut werden, die bei der Jahrestonnage um den Faktor 10 bis 15 größer ist. Im Gegensatz zu einem früheren Verfahren, in dem Zinkpulver als Ausgangsmaterial verwendet wurde, wird auf dem neuen Weg ein deutlich verbessertes Produkt erreicht.

„Ein wichtiger Fortschritt bei diesem Prozess ist die Energieeinsparung in der Größenordnung von 15 bis 20%“, erklärt Prof. Stepan Katusic, der das Verfahren für Evonik entwickelt hat. Insgesamt steht eine Vielzahl an Parametern im gesamten Prozess zur Verfügung, über deren Einstellung und Veränderung sich das Produkt nach Kundenwunsch maßschneidern lässt. „Grundsätzlich ist dieser Reaktoraufbau auch für andere Metalloxide geeignet“, so Katusic.

Schnelle Partikelbildung

Auch die BASF hat eine innovative integrierte Prozesstechnologie für die Produktion von Nanomaterial etabliert. Dabei geht es um die Erzeugung anorganischer und organischer Nanoteilchen in einem Heißwandreaktor und die direkte Ankopplung der Gasphase durch einen geeigneten Transfer in die flüssige Phase, in der dann stabile Emulsionen mit Nanopartikeln vorliegen. „In diesem Zustand kann dann eine leichte Einarbeitung in Polymere oder Feinchemikalien erfolgen“, berichtet Prof. Bernd Sachweh, Gruppenleiter in der Technischen Entwicklung für Feinpartikelentwicklung und Partikelcharakterisierung. Entscheidend für die erfolgreiche Prozessführung sind u.a. extrem hohe Abkühlraten beim Quenchen nach der Desublimation der Partikel, die einer Millionen Kelvin pro Sekunde entsprechen können. Auf diese Weise erfolgt die Bildung der Nanoteilchen in wenigen Millisekunden.

Ihre Stabilisierung kann dann beispielsweise durch elektrostatische Aufladung erfolgen, die eine Zusammenlagerung zu Aggregaten verhindert. Eine Möglichkeit zur Bildung von Emulsionen ist der Einsatz einer heißen Schmelze als reine Phase (Temperatur im Bereich 120 bis 130 °C). Im Abscheider werden zuvor gebildete Nanoteilchen in die Schmelze überführt und diese dann in eine kontinuierliche Phase emulgiert. Die so gebildeten Harztröpfchen lassen sich durch den Einsatz von Zahnkranzdispergiermaschinen weiter zerkleinern. Die gewünschte Teilchengröße ist über die Drehzahl der Maschine einstellbar.

Die Zielsetzung bei solchen Verfahren ist z.B. die Erzeugung von kratzfesten Lacken. „Mit diesem Ansatz schaffen wir es, dass das Produkt immer in einem geschlossenen System verbleibt, also keine Emissionen von Nanopartikeln entstehen können“, verdeutlicht Sachweh die Vorteile der integrierten Prozesskette. Die derzeit im Test laufende Pilotanlage der BASF hat eine Kapazität von 500 Kilogramm pro Tag Endmaterial.

Fazit: Die Verwirklichung neuer Produkt-ideen und der weitere Einsatz von Nanopartikeln ist vor allem auch an ihre sichere Herstellung ohne Eintrag in die Umwelt gebunden. In diesem Sinne sind die Arbeiten von Evonik und BASF ein wichtiger Beitrag, Deutschlands gute Position in der Nanotechnik weiter zu stärken.

Der Autor ist freier Wissenschaftsjournalist in Hamburg.

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