NIR-Chemical-Imaging Mehr Prozessverständnis mit NIR-Chemical-Imaging

Autor / Redakteur: Janie Dubois, Linda Kidder, Gerald Sando, E. Neil Lewis, Renate Hessemann / Anke Geipel-Kern

Bereits bei der Entwicklung die kritischen Parameter von Produkt, Wirk- und Hilfsstoffen sowie Verarbeitungsschritten systematisch zu erkennen, ist sicherlich der Wunsch vieler Anwender. Eine neue Methode – das NIR-Chemical-Imaging – sorgt dafür, dass dieser Wunsch nun Realität wird.

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In der Vergangenheit war das Verständnis für den Zusammenhang zwischen Produkt- und Produktionsvariablen sowie pharmazeutischer Leistungsfähigkeit häufig nicht sehr ausgeprägt, mit dem Ergebnis, dass auf wenig optimale oder gar irrelevante Spezifikationen gesetzt wurden. Mehr noch, der geforderte Aufwand für die Validierung, verbunden mit der Anforderung an eine schnelle Markteinführung, schränkte den Entwicklungsprozess ein. Übermäßige Abfallmengen und ineffiziente Verarbeitungsschritte waren die Konsequenzen.

Die Umsetzung des Quality-by-Design (QbD)-Konzepts in der Pharmaindustrie kündigt nun eine neue Ära an. Das Ziel von QbD ist es, einen Gestaltungsrahmen zu definieren (Design Space), unter dessen Einhaltung das Endprodukt die geforderten Leistungsmerkmale zeigt. Dabei soll es sich bei der Endkontrolle eher um eine letzte kurze Prüfung handeln statt um eine komplexe Kontrolle. QbD, beschrieben in der Q8 der International Conference of Harmonisation (ICH)-Guideline, stellt einen konsistenten Ansatz der Behörden in den drei Regionen der ICH (Europa, USA und Japan) dar. Er beruht auf der Identifikation der kritischen Qualitätselemente sowohl der Formulierung als auch des Herstellprozesses. Das Verständnis dieser Prozesse sorgt für effiziente Spezifikationsgrenzen und erlaubt die Definition eines Verarbeitungsfensters. Innerhalb dieses Fensters liegt der Gestaltungsrahmen, in dem die Einhaltung der Produktqualität zugesichert werden kann, selbst wenn einzelne Teile innerhalb dieses Rahmens variieren. Dies steht in absolutem Gegensatz zur derzeitigen Definition, bei der einzelne Arbeitsschritte oft aus dem Zusammenhang heraus geprüft werden.

Tiefes Prozessverständnis ist nötig

Zur erfolgreichen Einführung von QbD müssen die Anwender die Formulierung des Entwicklungs- und Herstellungsprozesses in allen Phasen genau kennen. Modernen analytischen Werkzeugen wie Near-Infrared-Chemical-Imaging (NIR-CI) kommt dabei eine wichtige Rolle zu. NIR-CI (Nah-Infrarot-Chemical Imaging) liefert Information über die Natur und den Ort eines chemischen Stoffes in einer Probe. Da die Proben hierbei nicht zerstört werden, lassen sich Hunderte von Proben in kürzester Zeit untersuchen.

Die Methode basiert auf der Theorie der bekannten und etablierten Nahinfrarotspektroskopie (NIR). Der zusätzliche Begriff des Imaging, als NIR-CI bezeichnet, basiert auf den gleichen Prinzipien, fügt den chemischen Daten aber eine räumliche Dimension hinzu. Die räumlichen Daten erweitern die Methode, die nunmehr auch die vollständige Charakterisierung von komplexen Proben pharmazeutischer Darreichungsformen wie Tabletten oder Granulaten umfasst.

Die NIR-Spektroskopie misst die optische Absorption in einem Bereich von ~700 bis 2500 nm. Obertöne und Kombinationsbanden, an denen die funktionellen Gruppen C-H, N-H, O-H, beteiligt sind, bilden die stärksten Absorptionen des NIR-Spektrums. Beim NIR-Chemical-Imaging werden die gleichen Spektralbereiche geprüft, zusätzlich werden durch eine spezielle Detektoranordnung gleichzeitig Daten für Zehntausende von Pixeln aufgenommen, anstelle eines einzigen Spektrums wie bei einem herkömmlichen Spektroskop.

Ein reines (non-mapping) NIR-CI-Gerät besteht gewöhnlich aus einer Strahlungsquelle, einem Wellenlängen-Selektions-Mechanismus, der die Bildgenauigkeit unterstützt, und einer zweidimensionalen Detektoranordnung. Die immens große parallele Datenerfassung unterscheidet das Imaging-Verfahren vom Mapping-Verfahren, bei dem ein einziger Detektor oder eine Reihenanordnung (1 x n Detektoren) verwendet wird, um an verschiedenen Stellen nacheinander ein Spektrum oder wenige Spektren aufzunehmen. Beim Mapping-Verfahren ist es somit notwendig, die Probe zur vollständigen Messung stets an einer weiteren Stelle neu zu positionieren, was beim Imaging-Verfahren entfällt.

Fazit

Im Rahmen von QbD und PAT sprechen drei Hauptgründe für NIR-CI zur Durchführung schneller, reproduzierbarer und zerstörungsfreier Analysen bei einer breit gefächerten Palette komplexer Proben und Produkte:

Es können Gemische in der Pharma-Industrie beurteilt werden. Der NIR-Spektralbereich bietet eine ausreichende chemische Spezifität, um zwischen einer Reihe bekannter chemischer Komponenten zu unterscheiden, und das mit wenig bzw. keinerlei Probenvorbereitung.

Pharmazeutische Produkte sind im Allgemeinen chemisch und physikalisch heterogen. Dies ist ein wichtiges Design-Element, das in der pharmazeutischen Technologie eingesetzt wird, um Eigenschaften wie die verlängerte Wirkstofffreisetzung zu erzielen.

NIR-CI liefert bisher nicht zugängliche Informationen über die chemische und physikalische Anordnung der Wirk- und Hilfsstoffe pharmazeutischer Produkte.

Der Hauptgrund für die Anwendung von NIR-Cl ist sicherlich der Einblick in die Heterogenität pharmazeutischer Produkte. Ein Beispiel ist die Dispergierung. So kann es von Bedeutung sein, dass Hilfsstoffe, die speziellen Zwecken in der Fertigung dienen – sie unterstützen beispielsweise das Pressen oder verhindern das Kleben – auf eine ganz bestimmte Art dispergiert werden müssen, um diese Funktionalität zu erreichen. Oder es kann ein besonders gleichmäßiges Mischen nötig sein, um bestimmte physikalische Eigenschaften (z.B. eine bestimmte Dissolutionrate) zu erzielen. In beiden Fällen können herkömmliche analytische Methoden retrospektiv bestätigen, ob die angestrebten Eigenschaften auch tatsächlich erreicht wurden. Sie können allerdings nicht den Grund erklären, warum ein bestimmtes Ergebnis nicht erzielt wurde. Chemisches Imaging liefert dagegen die dafür nötigen, räumlich aufgelösten chemischen Daten. So lassen sich quantitative Parameter in Verbindung mit verschiedenen Formulierungsphasen erhalten.

Diese Informationen tragen sowohl zum Produktverständnis als auch zum Verständnis von Herstellprozessen bei. Mit QbD und PAT der FDA werden analytische Verfahren dieser Art noch mehr an Bedeutung gewinnen.

Auf einen Blick: Exaktes Abbild

Das SyNIRgi kann in rund einer Minute eine 8 mm x 8 mm große Tablette komplett abbilden und dabei 81 920 Spektren ermitteln. Das Gerät ist äußerst robust und enthält nur wenige bewegliche Teile, sodass es auch unter widrigen Laborbedingungen zuverlässig arbeitet. Die ISys-Software enthält eine Vielzahl chemo- und spektrometrischer Tools, ist aber dennoch einfach und intuitiv zu bedienen. Die Kombination aus robustem Gerät und anwenderfreundlicher Software macht das System zu einem äußerst nützlichen Tool insbesondere dann, wenn das Bedienpersonal in der pharmazeutischen Qualitätskontrolle und -sicherung zügig Ergebnisse erzielen muss, ohne sich langwierig Expertise im Umgang mit einem Gerät aneignen zu müssen.

Die Autoren sind Mitarbeiter von Malvern Instruments, Columbia und Herrenberg.

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