Rohstoffpreise Krieg in der Ukraine: Welche Auswirkungen hat das auf die Öl- und Gaspreise?

Eine Analyse von Dr. Heinz-Jürgen Büchner

Europa und Russland sind durch Erdgas- und Erdöllieferungen stark miteinander verbunden. Welche Auswirkungen die massive Krise in der Ukraine aktuell auf die Deutsche Wirtschaft hat und noch haben kann, analysieren die Experten der Industriebank IKB.

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Deutschland hat seine Erdölversorgung stark auf Öl aus Russland aufgebaut.
Deutschland hat seine Erdölversorgung stark auf Öl aus Russland aufgebaut.
(Bild: Statista)

Düsseldorf – Die Ankündigung der Bundesregierung, die Pipeline Nord Stream 2 vorerst nicht in Betrieb zu nehmen, hat die Sorgen in der deutschen Wirtschaft über eine sichere Erdgasversorgung und wettbewerbsfähige Preise für die deutsche Industrie bei seit langem sinkender Inlandsförderung erheblich verstärkt. Immerhin kommen 55 % der deutschen Erdgaseinfuhren sowie 42 % der Rohölimporte aus Russland.

Umgekehrt ist Russland allerdings auch in erheblichem Maße auf die Deviseneinnahmen aus seinen Rohstoffverkäufen angewiesen, zumal diese auch wesentlich den Staatshaushalt alimentieren. Von den gesamten russischen Erdgasexporten gehen gut drei Viertel in die EU, weitere gut 8 % nimmt die Türkei ab. Die Lieferungen nach China sollen zwar ausgeweitet werden – sie liegen momentan deutlich unter dem Anteil der Türkei – dies erfordert jedoch zunächst den Bau neuer Pipelines und stellt daher kein schnelles Abflussventil dar.

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Weitere beschlossene Sanktionen betreffen auch russische Banken und deren Zugang zum internationalen Finanzmarkt sowie Personen aus dem Umfeld der russischen Regierung, deren ausländische Vermögenswerte teilweise eingefroren werden. Vor allem Sanktionen für russische Banken erschweren dann zukünftig die Abwicklung von vielen Rohstoffgeschäften. Gerade auch Nickel dürfte hiervon betroffen sein.

Steigende Ergas- und Erdölpreise

Aktuell ist der globale Rohölmarkt weitgehend balanciert, wie auch die Februarausgabe der Opec-Statistik zeigt. Allerdings hat schon die innenpolitische Krise in Kasachstan den Rohölpreis nach oben gezogen. Nicht zuletzt auch aufgrund einer hohen investiven Nachfrage heben die Experten der IKB ihre Prognose für den Rohölpreis temporär auf eine Bewegung um die Marke von 100 Dollar je Barrel Brent an. Die Sanktionen gegenüber Russland und dessen mögliche Gegenreaktionen erhöhen den Preis zumindest vorübergehend über das eigentlich mögliche Niveau.

Kurzfristig dürfte vor allem aber der Erdgaspreis weiter nach oben katapultiert werden. Auch wenn die Aussage von Präsident Putin am 22.2.22, dass sich deutsche Kunden auf 2000 Euro je Kubikmeter Erdgas einstellen sollten, als politisches Säbelrasseln einzustufen sei, sieht die Industriebank den Erdgaspreis auf ein Niveau um 100 Euro je MWh anziehen. Sollte Russland explizit die Erdgaslieferungen einstellen – was in der Geschichte der Lieferbeziehungen bisher aber nie eingetreten ist – ist ein weiterer Anstieg auf 150 Euro je MWh möglich.

Welche Rohstoffe Mangelware sind oder werden, können Sie in der Bildergalerie Gefahrenanalyse Rohstoff – was wird knapp? nachsehen.

Die Experten der IKB analysieren monatlich die Rohstoffmärkte und PROCESS berichtet. Alle Rohstoffpreise der letzten Jahre und Monate finden Sie auf unserer Rohstoff-Spezialseite: Weltrohstoffpreise im Wandel

* Der Autor, Dr. Heinz-Jürgen Büchner, ist Direktor und Head of Industrials & Automotive zuständig für die Metallbranche und verantwortlich für die Rohstoffanalysen der Bank. Der promovierte Volkswirt hat nach seinem Studium Lehr- und Assistententätigkeit an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität ausgeübt und war vor der IKB bei einer anderen Bank tätig. Er schreibt zu aktuellen Metall- und Rohstoffthemen und hält Vorträge auf internationalen Branchenveranstaltungen.

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