Kreislaufwirtschaft Kreisverkehr statt Einbahnstraße? Industrie mit Nachholbedarf in Sachen Kreislaufwirtschaft

Redakteur: Dominik Stephan

Alles kommt zurück: Im Rahmen des des Green Deals setzt die EU (auch) auf Kreislaufwirtschaft. Nichts Neues, könnte man meinen - immerhin gibt es in Deutschland schon seit 1996 ein "Kreislaufwirtschaftsgesetz". Trotzdem, klagen etwa die Entsorger, setzt die Industrie immer noch hauptsächlich auf eine "Einbahnstraße" vom Erzeugen über den Verbrauch zum Entsorgen. Ginge es 2021 auch anders?

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Wegwerfgesellschaft? Es ginge auch besser: Technologie wie Vacudry von Econ Industries helfen, Rohstoffe aus Industrieabfällen zurück zu gewinnen und zugleich Schadstoffe sicher aus heterogenen Abfallgemischen abzuscheiden.
Wegwerfgesellschaft? Es ginge auch besser: Technologie wie Vacudry von Econ Industries helfen, Rohstoffe aus Industrieabfällen zurück zu gewinnen und zugleich Schadstoffe sicher aus heterogenen Abfallgemischen abzuscheiden.
(Bild: Econ Industries Services, 2009)

Die EU will das "alte Europa" zum Vorreiter in Sachen Circular Economy machen: Mit dem Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft ("Circular Economy Action Plan") als Teil des "Green Deals" soll die Kreislauforientierung mit nachhaltigen Produkten und Geschäftsmodellen mithelfen, die in Richtung Klimaneutralität weiter zu kommen. Das Ziel sei, Verfahren und Prozesse so zu denken, dass von vorneherein so gut wie kein Abfall mehr erzeugt würde. Das klingt ersteinmal gut - aber ist das auch realistisch?

In Deutschland hat man mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) von 1996 und zahlreicher politischer Aktionspläne ein Vierteljahrhundert Erfahrung mit dem Thema. Und trotzdem, beklagen Entsorger und Verwerter, bleibe die Industrie weitestgehend eine "Linearwirtschaft", also eine Einbahnstraße von der Rohstoffgewinnung über die Materialherstellung und Halbzeuge bis zum fertigen Produkt, das nach Gebrauch entsorgt würde. Dabei ginge es auch anders: Nicht ganz uneigennützig erinnern die Müllexperten daran, dass ein kosteneffizientes Recycling von Industrieabfällen technisch vielfach heute schon möglich wäre.

Stand heute würde allerdings - auch in Deutschland - noch ein Großteil der eingesetzten Rohstoffe nach ihrer Nutzungsdauer lediglich thermisch verwertet (also verbrannt) oder sogar deponiert, beklagt die Recyclingbranche. Denn: Firmen setzen nur dann auf eine stoffliche Verwertung, wenn es sich auch wirtschaftlich bezahlt macht.

Recycling ist King, oder? Die Abfallhierarchie zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Das sollte eigentlich anders sein: Das deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetzes sieht eigentlich eine fünfstufige "Abfallhierarchie" vor, in der Recycling ganz klar an der Spitze steht und allen Alternativen vorzuziehen ist. Das Verbrennen oder gar Deponieren von Abfällen soll lediglich als letzter Ausweg in Betracht kommen, wenn es ökologisch und ökonomisch unvermeidbar ist. Auch der BDI schätzt das Einsparpotenzial durch eine ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft alleine in der Bundesrepublik auf 90 Milliarden Euro.

Doch gerade die Industrie nutze Recycling nur, wo es "aufgrund der Zusammensetzung von Stoffströmen" besonders profitabel sei, beklagen die Recyclingverbände. Komplexere Abfälle in Chemie- oder Metallindustrie würden meist "thermisch verwertet" (verbrannt) - und tatsächlich sind Müllheizkraftwerke in Chemieparks keine Seltenheit.

Was vor 30 Jahren ein Fortschritt gegenüber dem Deponieren war, reiche heute nicht mehr: Das Verbrennen von Industrieabfällen vernichte nicht nur Ressourcen, sonden entspräche auch nicht dem Stand der Technik und verursache letzten Endes, auch wenn die Verbrennungsenergie genutzt wird, Emissionen.

Was könnte die Circular Economy leisten?

Dabei könnte nach Ansicht einiger Experten die Circular Economy helfen, die Abhängigkeit von Importen zu reduzieren und schwankende Rohstoffpreise auf den Weltmärkten auszugleichen. Entsprechend trommeln die Entsorger für die Kreislaufwirtschaft und gegen Abfallexporte: "Wenn in Europa hochwertige Aufbereitungsstrukturen bestehen, ist es sinnvoll, die Abfälle in Europa zu halten, auch um Investitionen und Innovationen zu fördern. Eine Ressourceneffizienz-Strategie sorgt für eine sichere Versorgung der Wirtschaft mit Rohstoffen durch effizientere Gewinnung von Primär-Rohstoffen und der Erhöhung des Anteils an Sekundärrohstoffen", erklärt etwa der bayrische Recycling-Spezialist Econ Industries.

Unterstützung kommt von den Fachverbänden BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft und Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft BNW: Diese betonen das Potenzial der Kreislaufwirtschaft zur Ressourceneffizienz und Emissionsminderung und legen ihre Position in einem 10-Punkte-Plan zur Kreislaufwirtschaft vor. Darin fordert die Branche mehr Engagement von Seiten der Behörden, Industrie, Handel und Gewerbe für zirkuläre Prozesse sowie - wenig überraschend - monetäre Anreize für hochwertiges Recycling. Auch soll die öffentliche Hand bei der Beschaffung als größter Nachfrager der Bundesrepublik Wert auf Recycling-Design legen und öffentliche Ausschreibungen entsprechend gestalten - das betreffe auch und vor allem den Baubereich, in dem der Staat und seine Organe als Bauherr für das Umsteuern von Primärmaterialien auf Recyclingmaterialien eintreten soll.

Den vollständigen 10-Punkte-Plan finden Sie hier zum Download:www.bnw-bundesverband.de

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