Prozesswärme/Energiewende Kommt jetzt die Wärmewende? So wird die Prozesswärme fossilfrei

Von Patric Burkhart, Jakob Leicht* |

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Die Energieerzeugung muss sich unabhängiger von fossilen Rohstoffen machen - darüber herrscht in Zeiten von Handelskriegen, Gaskrisen und Klimawandel maßgeblich Einigkeit. Und doch bleibt die Diskussion häufig auf Strom und Verkehr beschränkt, während Wärme - einer der größten Verbräuche in Industrie und Gewerbe erst nach und nach ins Bewusstsein rückt. Kommt jetzt nach Energie- und Verkehrswende die Wärmewende? Und was bedeutet das für die Prozessindustrie?

Wo ist all die Wärme hin? Wenn die Primärenergie fossilfrei werden soll, kann die Prozesswärme nicht weiter machen wie bisher - schon aus Kostengründen nicht. Ginge es auch anders? Etwa mit elektrisch beheizten Thermalölanlagen (im Bild).
Wo ist all die Wärme hin? Wenn die Primärenergie fossilfrei werden soll, kann die Prozesswärme nicht weiter machen wie bisher - schon aus Kostengründen nicht. Ginge es auch anders? Etwa mit elektrisch beheizten Thermalölanlagen (im Bild).
(Bild: Aura)

Prozesswärme bezeichnet thermische Energie, die in industriellen Prozessen für verschiedene Zwecke in verschiedenen Branchen eingesetzt wird. Unter Anderem Heizen von Walzen, Pressen, Rührwerks- Reaktionsbehälter, Fritteusen und vieles mehr. Über 20 Prozent des Gesamtenergiebedarfs in Deutschland wird für Prozesswärme in der Industrie eingesetzt. Hiervon wiederrum 50 Prozent. für Prozesse bis 400 ° C. Diese werden größtenteils über fossile Brennstoffe (Quelle: BMWK 2020) versorgt. Weltweit zeigt sich ein ähnliches Bild: Fossile Brennstoffe tragen durch den CO2-Ausstoß bei der Verbrennung wesentlich zur Erderwärmung bei.

Treffen Sie die Wärmewende-Experten!

Aura veranstalten am 10. und 11. November 2022 einen Kongress zur industriellen Prozesswärmewende zur Vorstellung der wichtigsten Technologien zur Reduktion bzw. Vermeidung von CO2 bei der Erzeugung von Prozesswärme.

Infos und Anmeldung

Derzeit sind die Preise für fossile Brennstoffe aufgrund globaler Ereignisse wie z.B. die Invasion Russlands in der Ukraine, sehr hoch und die Preisentwicklung nicht vorhersehbar. Auch mittel- und langfristig werden die Preise für fossile Brennstoffe aufgrund regulatorischer Maßnahmen wie einer CO2-Bepreisung weiter ansteigen, da die G7 Staaten eine Verminderung von CO2 Emissionen erreichen müssen.

Zur Abmilderung des Klimawandels sind neben Einsparungen in Haushalten und Verkehr auch massive Änderungen zur Dekarbonisierung in der Industrie notwendig. Den größten Anteil am Energiebedarf in der Industrie hat Wärme mit einem Anteil von über 65 Prozent.

Zur Dekarbonisierung besteht grundsätzlich die Möglichkeit die Effizienz der vorhandenen Prozesswärmeanlagen zu steigern und / oder die Umstellung des Primärenergieträgers auf CO2-arme Technologien.

Sinnvolle Schritte zur Effizienzsteigerung:

  • Optimierung des Gesamtenergiebedarfs eines (Verbund-)Standorts bestehend aus Wärme-, Kälte- und Strombedarf, z.B. anheben/absenken von Temperaturniveaus oder Spitzenlasten reduzieren
  • Nutzung von Abwärme, insbesondere heißen Rauchgasen aus Feuerungsanlagen zur Beheizung oder Kühlung anderer Prozessschritte. Dabei kann über Abwärme Dampf, Heißwasser oder Kälte bereitgestellt werden.
  • Einsatz von Speichern, um Lastspitzen zu puffern und nach Möglichkeit vorhandene Spitzen der Einspeisung (z.B. eigene PV) zu nutzen

Umstellen des Primärenergieträgers

  • Mit Elektroerhitzern können große Leistungsbereiche und verschiedene Medien abgedeckt werden. Daneben verfügen Elektroerhitzer im Allgemeinen über eine hohe Regelgenauigkeit, haben einen geringen Platzbedarf und sind seit vielen Jahren im Markt erprobt. Dadurch ergibt sich eine sehr gute Integrationsfähigkeit, insbesondere zur Umrüstung in Bestandsanlagen. Dabei ist die Verfügbarkeit der notwendigen Netzanbindung als auch das Bereitstellen von Strom aus erneuerbaren Energiequellen oftmals eine Herausforderung.
  • Alternative Brennstoffe wie Biogas, Biomasse erlauben eine CO2-neutrale Bereitstellung von Prozesswärme, da das bei der Verbrennung freigesetzte CO2 zuvor aus der Atmosphäre in der Biomasse gebunden wurde. Die Verbrennung ist ähnlich zu fossilen Brennstoffen und lässt sich damit auch gut in bestehende Prozesse integrieren. Voraussetzung für die Nutzung von Biomasse/-gas ist das Vorliegen entsprechender Ressourcen.
  • Wasserstoff verursacht bei der Verbrennung selbst kein CO2. Wasserstoff lässt sich mit nur geringen Umrüstungen in Bestandsanlagen einbinden, in denen vorher Erdgas eingesetzt wurde. Die Verfügbarkeit von Wasserstoff ist derzeit stark begrenzt und auch bei steigendem Angebot ist damit zu rechnen, dass Wasserstoff eher stofflich zum Beispiel in der Chemieindustrie eingesetzt wird als in größeren Mengen zur Verbrennung.
  • Konzentrierende Solarthermie kann auch in Mitteleuropa Prozesswärme mit bis zu 400 ° C liefern. Anspruchsvolle Technologie und hat hohen Flächenbedarf.

Bei Bestandsanlagen gilt generell „nicht das Rad neu erfinden“. Optimiere zuerst den Betrieb im Rahmen der Möglichkeiten, dann ersetze einzelne Komponenten, z.B. fossil befeuerten Kessel auf Wasserstoff umrüsten oder durch elektrisch beheizten Kessel ersetzen.

Fachbuch „Wärmeträgertechnik mit organischen Fluiden“Das Buch „Wärmeträgertechnik" erläutert den Stand der Technik beim Einsatz organischer Fluide sowie neueste Vorschriften, deren Kenntnis unabdingbar für Planung, Bau und Betrieb von Wärmeträgeranlagen ist. Ein umfangreicher Anhang bietet Stoffdaten von organischen Wärmeträgermedien.

Bei Neuanlagen bestehen mehr Möglichkeiten, um hybride Konzepte einzubringen. Beispiel für eine hybride Versorgungsstruktur:

  • Solarthermie (+ Photovoltaik) als Primärenergiequellen
  • Optimale Betriebsführung
  • Elektrischer Erhitzer mit Speichereinbindung
  • Absorptionskältemaschine

Die Lösung zur industriellen Prozesswärmewende gibt es nicht. Es gilt vielmehr betriebsspezifische Konzepte durch Einsatz verschiedener Technologien zu entwickeln. Dabei steht die Versorgungs- und Betriebssicherheit als auch eine kosteneffiziente Energieversorgung im Vordergrund. 

* *P. Burkhart ist Managing Director, J. Leicht Vertriebsingenieur bei Aura

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