Kaltmembranverfahren zur WFI-Herstellung Kaltes WFI - Was Sie bei der Einführung von Membranverfahren beachten müssen

Von Susanne Handrick, Dipl.-Ing. Nils Ern*

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Herausforderungen und Potenzial des Kaltmembranverfahrens für WFI: Was lange in der EU nicht möglich war, ist seit drei Jahren Realität. Denn Wasser für Injektion (WFI) kann jetzt mittels Membranverfahren kalt hergestellt werden. Die Herausforderung: Zwar existieren behördliche Vorgaben für sicheres WFI, jedoch nicht für den Herstellungsprozess. Wird sich das Kaltmembranverfahren also auf Dauer durchsetzen können?

Kaltmembranverfahren (hier eine MWFI-Anlage von Pharmatec) sind im Vergleich zur Destillation wirtschaftlich und ökologisch effizienter.
Kaltmembranverfahren (hier eine MWFI-Anlage von Pharmatec) sind im Vergleich zur Destillation wirtschaftlich und ökologisch effizienter.
(Bild: Syntegon)

Trinkwasser ist der Ausgangsstoff zur Herstellung von Wasser für pharmazeutische Zwecke – und zwar in allen nationalen Pharmakopöen. Dabei unterscheiden die internationalen Pharmakopöen zwischen zwei Stufen pharmazeutischen Wassers: Purified Water (PW) und Water for Injection (WFI). Während PW meist als Ausgangsstoff für die Aufbereitung weiterer Pharmawasserstufen und zur Erzeugung von Reinstdampf eingesetzt wird, ist WFI zur Herstellung von Injektions- und Infusionslösungen für die parenterale Anwendung bestimmt.

Die Herstellungsverfahren schreiben die unterschiedlichen Pharmakopöen vor. Bis 2017 unterschieden sich die europäischen Vorgaben maßgeblich von vergleichbaren Pharmakopöen, beispielsweise in den USA oder Asien: Für die Herstellung von WFI war in der EU bis dahin die Destillation als einziges Verfahren erlaubt.

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Risikoanalyse vor der Umrüstung auf WFI
Nachgefragt bei Nils Ern, Gruppenleiter Membrantechnik

Nils Ern ist Gruppenleiter Membrantechnologie bei Pharmatec GmbH, a Syntegon Technology Company, Dresden.
Nils Ern ist Gruppenleiter Membrantechnologie bei Pharmatec GmbH, a Syntegon Technology Company, Dresden.
(Bild: Syntegon)

PharmaTEC: Wie sollten Betreiber vorgehen, wenn Sie bestehende HPW-Anlagen in WFI umrüsten wollen?

Ern: Für eine HPW-Anlage bestehen im Wesentlichen die gleichen Anforderungen wie für eine WFI-Anlage, jedoch wird das Endprodukt anders verwendet. HPW ist nicht für die parenterale Anwendung gedacht, sondern eher für Produktionsschritte wie den „Final Rinse“ in einem WFI-System. Aus diesem Grund ist eine Risikoanalyse vor der Umrüstung unabdingbar. Fachexperten sollten die Anlagentechnik prüfen und daraus Empfehlungen für potenziell erforderliche Umbaumaßnahmen ableiten. Gleichzeitig sollten die entsprechenden Empfehlungen, z.B. zur Heißwassersanitisierung der ISPE umgesetzt werden. Vor dem Umbau ist zudem zu klären, ob gesonderte Anforderungen regionaler Behörden, wie Monitoring des TOC, einzuhalten sind. Weiterhin muss der Umbau durch Behörden genehmigt werden und eine Requalifizierung erfolgen.

PharmaTEC: Biofilmbildung ist ein bekanntes Risiko bei Membranverfahren. Wie bekommt man das beim Anlagendesign in den Griff?

Ern: Um dieses Risiko zu vermeiden, sollte beim Anlagendesign von Anfang an das hygienische Design im Fokus stehen – was bei Syntegon Technology und den Pharmatec-Anlagen Standard ist. Die Verwendung von entsprechenden Materialien mit Oberflächen, die den Anforderungen gerecht werden, sowie die 3D-Regel sind dabei nur einige wesentliche Punkte. Aus verfahrenstechnischer Sicht sind Maßnahmen wie eine permanente Durchströmung sowie die Sanitisierung besonders gefährdeter Bereiche (Enthärter) ohne Stillstand empfehlenswert. Weitere Maßnahmen lassen sich anhand der Risikoanalyse ableiten.

Aus heiß wird kalt – oder doch nicht?

Die Revision der WFI Monografie 0169 der Europäischen Pharmakopöe kann als eine kleine Revolution bezeichnet werden. Seit ihrem Inkrafttreten am 1. April 2017 sind auch der Destillation gleichwertige Methoden in Europa zulässig, wie etwa die „kalten“ Membranverfahren Umkehrosmose und Elektrodeionisation in Kombination mit einer zusätzlichen Ultrafiltrationsstufe.

Die Membranverfahren sind im Vergleich zur Destillation wirtschaftlich und ökologisch effizienter, da sowohl die benötigten zusätzlichen Anlagen als auch die Energieaufwände zur Erzeugung von Heizdampf und die damit verbundenen Kosten entfallen. Eine endgültige Marktentscheidung bezüglich des bestmöglichen Herstellungsverfahrens ist seitdem allerdings noch nicht erfolgt.

Aktuell testen Pharmaunternehmen unterschiedliche Kaltmembranverfahren. Denn Veränderungen in der Pharmabranche brauchen naturgemäß Zeit – schließlich geht es um die Sicherheit von Patienten. Entsprechend strikt sind die regulatorischen Vorgaben an das Endprodukt WFI. Doch obwohl sich Behörden wie EMA und WHO sowie Fachorganisationen wie ­ISPE ausführlich mit dem Thema beschäftigen, existieren bislang noch keine detaillierten Regularien oder Empfehlungen für einen einheitlichen Produktionsprozess.

In einem Punkt aber sind sich alle einig: Es braucht einen risikobasierten Ansatz bei Anlagenplanung und Betrieb. Liefern also die aktuellen Pilotprojekte stabile und kosteneffiziente Ergebnisse, sollte einer verbreiteten Anwendung nichts mehr im Weg stehen.

Mit risikobasiertem Ansatz zum Ziel

Die Entscheidung, welcher WFI-­Herstellungsprozess sich für einen Pharmahersteller am besten eignet, hängt dabei vor allem von der Bewertung des mikrobiologischen Risikos ab – eine Verkeimung hätte fatale Folgen. Deshalb lautet die alles entscheidende Frage: Wie lässt sich die bestmögliche Betriebssicherheit herstellen? Damit das im kalten Membranverfahren hergestellte Pharmawasser sämtliche Qualitätsanforderungen erfüllt, müssen die möglichen Risiken einer Verkeimung bewertet und soweit wie möglich minimiert werden.

Zu Beginn der Aufbereitungskette kommt der Vorbehandlung eine besonders wichtige Rolle zu. Sie entfernt Inhaltsstoffe aus dem Wasser, die die nachfolgenden Membranverfahren schädigen oder Ablagerungen bilden könnten. Die Verfahren zur Vorbehandlung variieren je nach vorhandenen Wasserinhaltsstoffen und können in unterschiedlicher Reihenfolge oder Kombination eingesetzt werden.

Um gröbere Partikel aus dem Wasser zu entfernen, sind zunächst verschiedene Filtrationsstufen empfehlenswert. Auch oxidative Stoffe, Mikroorganismen und organischer Kohlenstoff (TOC) müssen in der Vorbehandlung aus dem Wasser entfernt werden. Aktivkohle adsorbiert TOC, während sich Mikroorganismen entweder mittels oxidativer Chemikalien wie Chlor oder Ozon abtöten oder durch UV-Strahlung inaktivieren lassen.

Sanitisierung als entscheidender Faktor

Die nachgeschaltete Enthärtung des Trinkwassers verhindert, dass so genannte „Härtebildner“ wie Kalzium oder Magnesium unlösliche Verbindungen im Wasser eingehen. Alternativ zur Enthärtung lässt sich die Löslichkeitsgrenze der Härtebildner mittels Chemikalien, so genannter Antiscalants, erhöhen. Betreiber müssen in einigen Fällen gegenüber den Behörden nachweisen, dass sich im Endprodukt keine Antiscalants mehr befinden. Eine Enthärtung des Wassers mittels Kationen-Austauscherharzen ist daher insgesamt empfehlenswerter und betriebssicher.

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Von der Enthärtung des Wassers geht allerdings auch das größte Risiko einer Verkeimung des Pharmawassers aus. Daher ist eine Heißwasser-Sanitisierung des Harzes während des Produktionsbetriebs empfehlenswert.

Die Sanitisierung spielt in der Pharmawasseraufbereitung über alle Prozessschritte hinweg eine wesentliche Rolle für die Minimierung des Verkeimungsrisikos. Sie kann mittels Chemikalien oder Heißwasser erfolgen. Eine chemische Sanitisierung erfordert dabei eine geringere Investition, ist allerdings nur teilautomatisiert und weniger effektiv als eine Sanitisierung mit Heißwasser.

Die anschließende Umkehrosmose (RO) ist ausschließlich für die Abreinigung von Ionen und die Rückhaltung von Partikeln, Mikroorganismen und anderen Inhaltsstoffen vorgesehen. Dabei produziert die RO stets eine gewisse Menge Abwasser, die sich durch verfahrenstechnische Maßnahmen auf ein Minimum reduzieren lässt. Somit können Pharmaunternehmen mithilfe geeigneter Anlagen auch Aspekten wie Nachhaltigkeit und ressourcenschonender Produktion Rechnung tragen.

Wie bekommt man die Leitfähigkeit in den Griff?

Die RO hält gelöstes Kohlendi­oxid nicht zurück, wodurch die Leitfähigkeit im Wasser steigt. Ein vielfach gewähltes Verfahren, um dieses freie CO2 zu entfernen, ist die Membranentgasung im Stripluftbetrieb. Dieses Vorgehen ist verhältnismäßig einfach und kosteneffizient, da in der Regel kein zusätzlicher Stickstoff oder das Anlegen eines Vakuums erforderlich sind.

Die kontinuierliche Elektrodeionisation (EDI) ist eine Kombination von Membranverfahren und Elektrodialyse, mit der Werte von unter 0,2 µS/cm für die Leitfähigkeit im Produkt erreicht werden können. Die nachgeschalteten Ultrafiltrationsmodule dienen der Abscheidung von Endotoxinen und Bakterien, damit das Produkt die Grenz­werte einhält. Das durch die ­Ultrafiltration (UF) entstandene Konzentrat kann anschließend vor die RO rezirkuliert werden, sodass kein Abwasser entsteht. Eine regelmäßige Kontrolle des Transmembrandruckes und Integritätstests geben Auskunft über den Zustand der Filtermodule und die Wirksamkeit der Abscheidung.

Mit Prozess-Expertise zum Erfolg

Sind sämtliche Schritte entlang des WFI-Herstellungsprozesses bestmöglich geplant und aufeinander abgestimmt, profitieren Pharmaunternehmen von immensen Einsparungen an Energiekosten und einer verbesserten Umweltbilanz. Genau deshalb kommt die Änderung der WFI Monografie 0169 in Europa zum richtigen Zeitpunkt.

In keiner anderen Region schießen die Energiekosten so in die Höhe wie in Europa. Gleichzeitig ist keine andere Region so um nachhaltigere Produktionsprozesse bemüht. Wenn sich das Kaltmembranverfahren hier durchsetzt, werden transkontinentale Unternehmen den Prozess sicher auch auf andere Regionen ausweiten.

Doch das ist noch Zukunftsmusik. Aktuell geht es darum, aus den laufenden Projekten die richtigen Schlüsse zu ziehen, Anpassungen vorzunehmen und den Roll-out auf hiesige Standorte zu bewerkstelligen.

Mut und Weitsicht sind gefordert

Dafür braucht es zunächst den Mut, in ein neues Verfahren zu investieren. Es braucht auch die nötige Weitsicht – denn Veränderungen in der Pharmabranche brauchen Zeit und ein gründliches Vorgehen. Darüber hinaus braucht es einen Partner, der nicht nur das Equipment liefert, sondern auch über Prozess-Know-how verfügt und bei Risikobewertung, Planung, Validierung und Dokumentation unterstützen kann. Dann zahlen sich Investitionen in zukunftsweisende Technologien aus und können den Weg für eine Nutzung des Kaltmembranverfahrens ebnen.

* * S. Handrick ist Mitarbeiterin Marketing & Sales, N. Ern Gruppenleiter Membrantechnologie bei Pharmatec GmbH, a Syntegon Technology Company, Dresden. Kontakt: Susanne.Handrick@syntegon.com

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