Ausgleichsregelung im EEG Ifo Institut fordert radikalen Umbau des Erneuerbare-Energien-Gesetz
Das Ifo Institut fordert bei der Ausgleichsregelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) Mut zu einem radikalen Umbau. Deutschland sollte seine Energiewende nicht über eine Umlage, sondern über Steuern finanzieren. Nationale Alleingänge bei der Klimapolitik, die die Produktionskosten inländischen Unternehmen erhöhen, würden Arbeitsplätze gefähren und dem globalen Klima nur wenig bringen.
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München – Wie neue empirische Forschungsergebnisse des Ifo Instituts zeigen, führen unilaterale Maßnahmen dazu, dass die saubere heimische Produktion durch CO2-intensive Importe ersetzt werden. Emissionen wandern ins Ausland ab, während die Kosten solcher Politik im Inland verbleiben.
Die Forscher des Ifo Instituts konnten die Effekte im Zeitraum 1997 bis 2007 für das Kyoto-Protokoll nachweisen, dass die EU durch das Europäische Emissionshandelsystem (ETS) umsetzt. Während das ETS im Wesentlichen ein europäischer Alleingang ist, hat sich Deutschland durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) auch innerhalb der EU exponiert.
Durch hohe Einspeisungsvergütungen und den Vorrang von so genanntem grünem Strom sind die Stromkosten hierzulande stärker gestiegen als in den meisten anderen OECD-Ländern. Das EEG beinhaltet eine besondere Ausgleichsregelung: Stromintensive Firmen des produzierenden Gewerbes jenseits einer Mindestgröße erhalten hohe Rabatte auf die Umlage zur Finanzierung des EEG. Dies wird mit dem Versuch begründet, die Abwanderung von Emissionen und Wertschöpfung ins Ausland (das so genannte Leakage-Phänomen) zu verhindern.
EU-Wettbewerbskommissar Almunia lässt diese Praxis prüfen. Er kritisiert, dass die Ausgleichsregelung eine unverhältnismäßige Beihilfe darstelle und nicht hinreichend begründet sei. In der Tat wird in der deutschen Praxis bei der Gewährung der Rabatte pauschal angenommen, dass alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes gleichermaßen im internationalen Wettbewerb stünden. Weil keine weiteren Differenzierungen vorgenommen werden, könnten größere Unternehmen ungerechtfertigter Weise gegenüber kleineren, weniger stromintensiven Firmen bevorteilt werden.
Chemieindustrie resistent gegenüber Leakage
Im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums hat das Ifo Institut Indikatoren für die Wahrscheinlichkeit von Leakage auf Branchenebene vorgeschlagen. Sich aber nur auf gemessene Handelsvolumina und die Stromintensität der Sektoren zu beziehen, wie das die Kommission vorgeschlagen hat, ist aus Sicht des Münchner Instituts allerdings nicht zielführend.
Die Indikatoren müssen messen, in welchem Ausmaß die ausländische Nachfrage auf Steigerungen der Stromkosten in einer Branche reagiert, und dabei die Lieferverflechtungen mit anderen in- und ausländischen Wirtschaftszweigen berücksichtigen. Es zeigt sich, dass die Metall-, Papier- und Holzindustrien besonders stark zu Leakage neigen. Prominente Sektoren, wie zum Beispiel Teile der Chemie, Kraftwagen oder Pharma, zeigen sich hingegen als relativ resistent gegenüber Leakage.
Das Ifo Institut sieht bei der Anwendung der Indikatoren allerdings große Schwierigkeiten. Ab welcher Schwelle ist ein Wirtschaftszweig auszunehmen? In welchem Ausmaß? Und wie sind die resultierenden Einnahmeausfälle durch die Gewährung von Rabatten zu kompensieren? Weitere Diskussionen und Konflikte mit der Kommission sind vorprogrammiert.
Emissionszertifikate verknappen und EEG abschaffen
In Deutschland werden zwei energiepolitische Ziele verfolgt. Zum einen die Verringerung der Verbrennung fossiler Brennstoffe und zum anderen der Atomausstieg. Für das erste Ziel steht das ETS zur Verfügung. Die Forscher des Ifo Instituts meinen, dass sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene mit aller Macht für eine Verknappung der Emissionszertifikate und für eine globale Ausdehnung des ETS einsetzen sollte. Dies sollte die notwendigen Ressourcen in den Ausbau erneuerbarer Energien lenken. Dann bräuchte man das EEG nicht mehr.
Ob das zweite Ziel, der Atomausstieg, eine über das ETS hinausgehende Förderung bestimmter alternativer Energien erforderlich macht, ist umstritten. In jedem Fall wäre eine Finanzierung des EEG über den allgemeinen Steuertopf besser als über eine Umlage: die internationale Wettbewerbsfähigkeit würde nicht gefährdet, es gäbe keine EU-rechtlichen Bedenken, und die Progressivität des Steuersystems würde für mehr Gerechtigkeit beim Tragen der finanziellen Lasten sorgen.
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