GMP GMP: Meilensteine und rechtliche Grundlagen, die Sie kennen sollten

Autor / Redakteur: Björn Niggemann, Reinhard Schnettler / Anke Geipel-Kern

Good Manufacturing Practice (GMP) unter der Lupe: Neben dem EU-GMP-Leitfaden gibt es noch eine ganze Reihe internationaler und nationaler Richtlinien und Vorschriften, die beachtet werden müssen, wollen Pharmabetriebe GMP-gerecht produzieren. Zwar ist in Sachen Arzneimittelsicherheit eine Harmonisierung gewünscht, bis diese jedoch in der Praxis umgesetzt werden kann, wird noch einige Zeit vergehen.

Anbieter zum Thema

Auf der Suche nach GMP im Behörden-Dschungel: Sind die Ursprünge der einzelnen Behörden bekannt, ist es leichter deren Aufgabe zu verstehen.
Auf der Suche nach GMP im Behörden-Dschungel: Sind die Ursprünge der einzelnen Behörden bekannt, ist es leichter deren Aufgabe zu verstehen.
( Fotolia, Geipel-Kern, [M]-Mager)

Seit dem 9. November 2006 steht die aktuell wichtigste Grundlage für den Aufbau eines Qualitätssicherungssystems als amtliche und gültige deutsche Version des EU-GMP-Leitfadens zur Verfügung. Es gibt jedoch noch einige weitere internationale Institutionen, die für und auf dem Gebiet der Guten Herstellungspraxis eine große Relevanz haben.

EMA – Die GMP–Anlaufstelle Nr. 1 in Europa

Die European Medicines Agency (EMA) in London ist Europas zentrale Zulassungsstelle für Human- und Tierarzneimittel. Die Agentur, die sich aus verschiedenen Ausschüssen zusammensetzt, übernimmt wesentliche Aufgaben bei der Beurteilung und Überwachung von Arzneimitteln. Die in der Regel hochrangigen Mitarbeiter nationaler Arzneimittelbehörden werden von Repräsentanten aus allen EU-Ländern und aus den EU-assoziierten Ländern Island, Liechtenstein und Norwegen gebildet.

WHO – Mutter der GMP-Regeln

Die Weltgesundheitsbehörde (World Health Organization, WHO) in Genf gab sich selbst bei ihrer Gründung eine Verfassung, in der als Aufgabe und Zweck die Erreichung des bestmöglichen Gesundheitszustandes der Weltbevölkerung festgelegt ist. Eine ihrer hieraus resultierenden Aufgaben ist die Entwicklung von Richt- und Leitlinien sowie Standards und Methoden.

Auf diese Weise kamen u.a. auch die ersten GMP-Regeln zustande, die 1967 durch die WHO veröffentlicht und damit internationalisiert wurden.

FDA – Arzneimittelsicherheit, Born in the USA

In Rockyville, Maryland/USA hat die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA, US-amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde), also das Pendant zum deutschen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ihren Sitz. Ihre Aufgabe ist der Schutz und die Verbesserung der Gesundheit der amerikanischen Bevölkerung.

Als Zulassungsstelle für Lebensmittel, Human- und Tierarzneimittel in den USA kontrolliert sie Wirksamkeit und Sicherheit von in den USA hergestellten, aber auch von importierten Zubereitungen und Wirkstoffen. Die GMP-Regelwerke der FDA sind verbindlich für alle Arzneimittel-exportierenden Betriebe (Export in die USA), Herstellerbetriebe in den USA sowie externe Dienstleister.

ICH – Ein gemeinsamer Weg für die globale Pharma-Branche

Die International Conference on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for Human Use (ICH) in Genf wurde als Organisation im Jahre 1990 von der FDA, der EMEA, dem japanischen Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Sozialwesen sowie den Arzneimittelhersteller-verbänden Pharmaceutical Research and Manufacturers of America, der European Federation of Pharmaceutical Industries and Associates und der Japan Pharmaceutical Manufacturers Association gegründet.

Das vorrangige Ziel der ICH ist die Harmonisierung und Globalisierung der Zulassungsanforderungen und Richtlinien im Rahmen der Bewertung, der Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit von Arzneimitteln.

Wirksam beim Wirkstoff: So geht GMP für APIs

Eine sehr wichtige Richtlinie ist die Q 7: Good Manufacturing Practice Guide for Active Pharmaceutical Ingredients. Die Empfehlungen der ICH haben keinen verbindlichen rechtlichen Status.

Dennoch sind die ICH-Richtlinien (ICH-Guidelines) eine weltweit anerkannte Expertenmeinung mit der Konsequenz, dass Zulassungsbehörden innerhalb der EU, in Japan und in den USA die Empfehlungen in der Regel übernehmen.

PhEur – europäisches Wissen für die Arzneimittelsicherheit

Die europäische Pharmakopeia (europäisches Arzneibuch, PhEur) ist eine Sammlung amtlich anerkannter Regeln zur Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln, Vorschriften, nach denen Apotheken, Hersteller, Prüforganisation und sachkundige Dienstleister die Arzneimittel und ihre Wirkstoffe vorrätig halten, zubereiten, prüfen und lagern müssen. In Deutschland gelten aufgrund des Arzneimittelgesetzes das Europäische Arzneibuch, das Deutsche Arzneibuch (DAB) und das Homöopathische Arzneibuch (HAB) in ihrer jeweils aktuellen Ausgabe.

Arzneimittelsicherheit in der Praxis: Lernen Sie, wie Sie Ihren Qualifizierungsprozess gemeinsam mit einem Gerätehersteller optimieren können. Profitieren Sie dabei vom Fachwissen bei Dichtemessung, Polarimetrie und Refraktometrie. Jetzt im Webinar unserer Schwestermarke Laborpraxis! Zehn goldene GMP-Regeln

Die PhEur besteht aus einem allgemeinen Teil, welcher Bestimmungen und Verfahren für verschiedenste Bereiche der Pharmazie vorschreibt und aus den so genannten Monographien, die exakte Definitionen liefern und Prüfverfahren für Identitätsfeststellungen, Reinheitsprüfungen und Lagerungsvorschriften für Arzneimittel, Wirkstoffe und Chemikalien vorschreiben.

In Deutschland ist die Anwendung der Monographien amtlich vorgegeben. Die gesetzliche Grundlage hierfür findet sich im AMG wieder. Anders verhält es sich beispielsweise in den USA, denn die United States Pharmacopoea (USP) wird privatrechtlich betrieben.

Wie der Weg zur Harmonisierung aussehen könnte, lesen Sie auf der nächsten Seite

PIC – Grundlage für Inspektionen in Pharma, big & small

Die PIC hat nach ihrer Gründung im Jahre 1970 ebenfalls einen GMP-Leitfaden verfasst. In der PIC haben sich verschiedene EU-Länder zusammengeschlossen, um eine gemeinsame Inspektionsgrundlage auf Grundlage einheitlicher GMP-Regeln auf der Basis des Völkerrechts (Convention) zu definieren. Dadurch hatte die PIC aber einen legalen Status. Wichtig zu wissen ist hierbei, dass der EU GMP-Leitfaden als auch die PIC-GMP-Regelungen deckungsgleich sind.

Da die EU auch im Arzneimittelsektor alle Rechtsvereinbarungen exklusiv vereinbart, wurde die PIC zur PIC/S. 1995 schlossen sich Behörden zur PIC/S zusammen. Die Abkürzung bedeutet: Pharmaceutical Inspection Co-Operation Scheme.

Mit diesem internationalen Abkommen organisieren beispielsweise die Mitglieder Trainingsprogramme der Gesundheitsbehörden und Inspektorate, welche die vorschriftsmäßige Herstellung und Qualität neu eingeführter pharmazeutischer Produkte sicherstellen sollen. Somit bekam die PIC einen informellen Status.

Die wesentlichen Ziele der PIC/S sind:

  • die Vernetzung und Vertrauensbildung zwischen den nationalen Überwachungsbehörden sowie die gegenseitige Anerkennung von Inspektionen;
  • die Entwicklung von Qualitätsstandards bei Inspektionen;
  • die Mitarbeit bei der weltweiten Harmonisierung der GMP-Regeln.

AMG – Was es in Sachen Arzneimittelsicherheit in Deutschland zu beachten gilt

Das Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (das Arzneimittelgesetz, AMG) ist die zentrale Rechtsvorschrift in Deutschland. Das AMG trifft zusammen mit den auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen umfassende Regelungen zum Arzneimittelbereich, nämlich über Herstellung, Zulassung, klinische Prüfung, Vertrieb, Abgabe, Sicherung und Kontrolle der Qualität, Tierarzneimittel, Arzneimittelrisiken, Überwachung, Einfuhr und Ausfuhr, Haftung, Straf- und Bußgeldvorschriften. Tierimpfstoffe sind vom Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes ausgenommen und werden im Tierseuchenrecht geregelt.

Mit dem AMG werden durch europäisches Recht harmonisierte Anforderungen an den Verkehr mit Human- und Tierarzneimitteln umgesetzt (z.B. die kodifizierten Richtlinien 2001/82/EG und 2001/83/EG).

Weitere wichtige bundesgesetzliche Regelungen sind das Betäubungsmittelgesetz (BtMG), das Transfusionsgesetz, das Apothekengesetz, die Apothekenbetriebsordnung, die Verordnung über tierärztliche Hausapotheken sowie das Heilmittelwerbegesetz.

GMP in Deutschland – eine Erfolgsstory

Die Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung ist in Deutschland das staatliche GMP-Regelwerk und bildet damit die verbindliche Grundlage für Hersteller von Arzneimitteln oder Wirkstoffen bzw. Dienstleistern, die in Deutschland produzieren, testen, prüfen, lagern, verpacken oder in Verkehr bringen. Die AMWHV ist die Umsetzung der einschlägigen EU-Richtlinien, z.B. der EU GMP-Richtlinie 2003/94/EG. Auch die Inhalte des EU GMP-Leitfadens sind dort teilweise umgesetzt. Die vorangegangene Bezeichnung vor 2006 lautete Pharmabetriebsverordnung (PharmBetrV).

Der Titel in seiner Gesamtheit lautet: Verordnung über die Anwendung der Guten Herstellungspraxis bei der Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen und über die Anwendung der Guten Fachlichen Praxis bei der Herstellung von Produkten menschlicher Herkunft.

Die Gute Fachliche Praxis GFP beinhaltet die technischen Anforderungen und deren Anpassung an den wissenschaftlichen sowie technischen Fortschritt gemäß Artikel 28 der EG-Richtlinie 2004/23/EG. Hiermit sind im Wesentlichen die Anforderungen an Gewebe und Gewebezubereitungen umschrieben.

Harmonisierung bleibt das oberste Ziel der GMP-Verantwortlichen

Das grundlegende und gemeinsame Wunschziel und somit der Grundgedanke aller GMP-relevanten Regelwerke ist deren gegenseitige Anerkennung. Auch die gegenseitige Anerkennung der Überwachungsaktivitäten von Behörden (Inspektionen) ist ein weiteres Wunschziel.

Dies meint im Einzelnen, dass es weltweit harmonisierte Standards gibt, die gleichermaßen für die Qualität als auch die Arzneimittelsicherheit gelten und die entsprechenden Vorschriften unmissverständlich in Produktion, Forschung, Entwicklung, Vertrieb und Lagerung angewendet werden. Das soll nichts anderes bedeuten, als dass die Qualität, Wirksamkeit und Einheitlichkeit von Wirkstoffen und Arzneimitteln nicht dem Zufall überlassen sein darf.

Arzneimittelsicherheit? Gemeinsam klappt's!

Ein weiteres wesentliches Ziel ist, durch eben diese Vereinheitlichung der rechtlichen Regelungen den Abbau von Handelshemmnissen zu erreichen, um so den glo- balen Markt einfacher durchdringen zu könen.

Die Regeln des GMP einzuhalten, ist gar nicht so schwer. Ein pharmazeutisches Unternehmen kann dieses Ziel erreichen, indem es basierend auf den Gesetzen, Richtlinien und Verordnungen ein umfassendes Qualitätssicherungssystem etabliert, das neben GMP auch eine Qualitätskontrolle beinhaltet.

Die allgemeinen Anforderungen für GMP als auch deren Aufbau und Struktur lassen sich so vereinfacht durch die „Säulen der Guten Herstellungspraxis“ darstellen.

* B. Niggemann ist freier Mitarbeiter, R. Schnettler ist Geschäftsführer der PTS Training Service, Arnsberg.

(ID:28427690)