Forschung an biofunktionalisierten Kunststoffen Gezuckertes Plastik: Möglichkeiten der Polymersynthese
In der Materialforschung entstehen immer wieder neue Technik-Überraschungen. Wer hätte vor der Entschlüsselung des Lotuseffektes schon gedacht, dass eine Oberfläche nicht glatt, sondern mikroskopisch zerklüftet sein kann, um perfekt wasserabweisend zu sein? Neue Materialfunktionen von Kunststoffen sollen nun in einem Projekt des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung und der Brandenburgisch Technischen Universität Cottbus-Senftenberg entwickelt werden.
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Potsdam-Golm – Durch Kombination von Kunststoffen mit Biobausteinen wie Peptiden, Enzymen oder Zuckermolekülen wollen Forscher des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP und der Brandenburgisch Technischen Universität Cottbus-Senftenberg Polymermaterialien mit neuen Eigenschaften entwickeln. In einer gemeinsamen Projektgruppe möchten sie vor allem deren technisch-industrielle Produktion ermöglichen.
Alte Materialien mit neuen Eigenschaften
Seit Jahrzehnten wird mit Erfolg daran gearbeitet, erprobten Materialien zusätzliche Eigenschaften zu verleihen. Schmutz- und wasserabweisende Autolacke oder Metalle mit Formgedächtnis sind vielleicht die berühmtesten Ergebnisse der Materialforschung in dieser Richtung. Sie sind gleichzeitig Ausdruck für den steigenden Bedarf an Materialien, die unterschiedliche Eigenschaften vereinen.
Während man sich die Lotusbeschichtung noch von der Natur abgeschaut und nachgeahmt hat, baut man heute die biologische Funktionalität direkt in die Materialien ein. Dies ist Ziel der Fraunhofer-Projektgruppe „Biofunktionalisierung/Biologisierung von Polymermaterialien BioPol“ des Fraunhofer IAP, die von Juli 2018 an für fünf Jahre vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg bei ihrem Forschungsvorhaben unterstützt wird.
Zucker im Plastik als Bakterienabwehr?
Die Einsatzmöglichkeiten biologisierter Kunststoffe sind breit gefächert. „Der Einbau von Zuckermolekülen in Werkstoffe kann beispielsweise bewirken, dass Bakterien nicht mehr an der Oberfläche anhaften können. Simples Abwischen mit Wasser würde das Material wieder keimfrei machen“, sagt Prof. Johannes Ganster, derzeitiger Leiter der Projektgruppe. Aber die Forscher wollen noch mehr als biologisierte Oberflächen.
Die Durchdringung des gesamten Polymermaterials soll verhindern, dass durch Oberflächenabnutzung auch die spezifische Wirksamkeit verloren geht. „Neben antimikrobiellen Proteinen wollen wir auch Biomoleküle mit Polymermaterialien vereinen, die die Haftung erhöhen oder wasser- beziehungsweise ölabweisend sind. Auch mit enzymatisch aktiven Oberflächen oder Enzymen, die die Bioabbaubarkeit von Materialien ermöglichen oder verbessern, entstehen für die Industrie hochinteressante Produkte“, erklärt Dr. Ruben R. Rosencrantz, der in dem Projekt eng mit Ganster zusammenarbeitet.
* Dr. S. Mehlhase, Fraunhofer IAP, 14476 Potsdam-Golm
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