Bierbrauen Forscher wollen Braurückstände in Chemie- und Pharma-Rohstoffe verwandeln
Beim Brauen von Bier fallen viele Rückstände an, europaweit sind das rund 400.000 Tonnen im Jahr. Nur ein Teil davon wird als Tierfutter wiederverwertet. Wie dieser Abfall nachhaltig als Rohstoff für die Chemieindustrie oder als Quelle für pharmakologische Wirkstoffe genutzt werden kann, damit beschäftigt sich ein grenzüberschreitendes Projekt.
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Kaiserslautern – Beim Bierbrauen setzen Hefen die im Malz enthaltenen Zucker während der Gärung zu Alkohol und Kohlendioxid um. Weitere Bestandteile aus dem Getreidemalz benötigen die Mikroorganismen, um zu wachsen und sich zu vermehren. Trotzdem fällt beim Brauen viel Abfall an. „In diesen Rückständen, in Fachkreisen auch Treber genannt, stecken noch viele wertvolle Inhaltstoffe“, sagt Prof. Elke Richling, die an der Technischen Universität Kaiserslautern zur Lebensmittelchemie und Toxikologie forscht. Gemeinsam mit ihren Kaiserslauterer Kollegen Prof. Werner Thiel und Prof. Roland Ulber wird sie untersuchen, wie diese Abfälle künftig nachhaltig und ressourcenschonend genutzt werden können. Das Projekt betreuen neben der TU Kaiserslautern die Saar-Uni sowie die Universitäten in Lothringen, Luxemburg und Lüttich und das belgische Unternehmen Celabor. Der Europäische Strukturfond zur regionalen Entwicklung (EFRE) fördert es mit 1,84 Millionen Euro. Das Gesamtbudget liegt bei über drei Millionen Euro.
Thiel beschäftigt sich mit den Fetten, die im Treber enthalten sind und die letztendlich aus den Gerstenkeimen stammen. „In ihnen sind zum Beispiel viele ungesättigte Fettsäuren enthalten, die die Hefen bei der Gärung nicht brauchen“, sagt Thiel, der den Lehrstuhl für Anorganische Chemie innehat. Diese Stoffe möchte das Team um den Chemiker zunächst genauer identifizieren. In einem nächsten Schritt möchte es daraus Produkte für die Industrie aufbereiten. „Zum Beispiel lässt sich daraus Glyzerin gewinnen, das in der chemischen Industrie vielseitig einsetzbar ist; aus den ungesättigten Fettsäuren kann man Vorprodukte für die Kunststoffherstellung erhalten“, fährt der Professor fort. „Für diese Fragestellungen werden wir die nötigen Katalysatoren entwickeln.“
Ulber wird beispielsweise untersuchen, welche Substanzen anfallen, wenn die Rückstände weiter fermentiert werden. „Wir nutzen dazu verschiedene Mikroorganismen wie Pilze und Bakterien“, sagt der Professor, der sich an der TU Kaiserslautern auch in der Brau AG engagiert. „Die dabei anfallenden Stoffe wird im Anschluss Professorin Richling genauer unter die Lupe nehmen.“
Rückstände müssen toxikologisch untersucht werden
Zunächst wird Richling alle Substanzen oder Extrakte, die ihre Kollegen aus den Rückständen gewinnen, toxikologisch untersuchen. „Wir müssen uns rückversichern, dass von den Stoffen keinerlei Gefahr für die Gesundheit ausgeht“, sagt sie. Außerdem wird sich die Forscherin näher damit beschäftigen, wie die Substanzen den Zuckerstoffwechsel des Menschen beeinflussen. „Es gibt einige Hinweise darauf, dass verschiedene Stoffe aus dem Treber die Aufnahme von Zucker ins Blut unterbinden“, so Richling weiter. „Das werden wir überprüfen und uns anschauen, welchen Einfluss sie haben.“

Das Projekt wird von Lüttich aus koordiniert. EFRE fördert das Vorhaben im Rahmen seiner Interreg-Initiative. Wichtig hierbei ist, dass es für kleine und mittlere Unternehmen der Region, wie etwa für viele kleine Brauereien in Belgien, einen wirtschaftlichen Nutzen liefern kann. Aber auch lokale Brauereien aus der Region können davon profitieren. So bekundeten die Brauereien Karlsberg aus dem saarländischen Homburg sowie die beiden pfälzischen Brauereien Bischoff aus Winnweiler und Park&Bellheimer aus Bellheim bereits ihr Interesse an dem Projekt.
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