Störungsfrüherkennung Fitness-Check für die Pumpe
Wie kann der Betreiber erkennen, ob eine Pumpe schwächelt, sich ein Ausfall anbahnt? Die traditionelle Lösung: Man installiert an kritischen Stellen Sensoren – z.B. für Körperschall, Druck, Temperatur, Durchfluss, Leistungsaufnahme, Lagerposition – und wertet die anfallenden Daten kontinuierlich aus. Für eher unkritische Einsätze geht es auch einfacher...
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Im Film-Klassiker ‚Das Boot‘ ist zu sehen, wie der Maschinist mit dem Hörrohr – ein frühes Stethoskop – den Schiffsdiesel abhört, um Lagerschäden frühzeitig zu identifizieren. KSB hat das Hörrohr jetzt quasi durch eine App für Smartphones ersetzt, „Sonolyzer“ genannt. Es ist ein Algorithmus, um aus dem Geräuschspektrum eines Asynchronmotors die Effizienz von ungeregelten Pumpen zu ermitteln. Konkret: Das Messergebnis zeigt an, ob der Betriebspunkt innerhalb oder außerhalb des Teillastbereichs liegt.
Die Technologie dahinter steckt auch im „Pump Meter“, der das von Betreibern als zu komplex empfundene System „Pump Expert“ ersetzt. Mit beachtlichem Erfolg, wie Dr. Thomas Paulus, Projektleiter Startup Industrie 4.0 bei KSB, berichtet: „Ein Störungsfrüherkennungssystem darf für den Betreiber keinen zusätzlichen Aufwand bedeuten und sollte bereits im System integriert sein wie unser Pump Meter. Wir ermitteln mit wenigen Sensoren den Betriebspunkt und das Lastprofil der Pumpe – mit diesen Informationen kann man erkennen, ob die Pumpe gut betrieben wird oder eben nicht. Und es sind Rückschlüsse auf die zu erwartende Verfügbarkeit der Pumpe möglich. Der Markt hat dieses System sehr gut angenommen, etwa 35 000 Pump Meter sind bereits installiert. Mit rund 400 Euro liegen wir offensichtlich in einem von den Betreibern akzeptierten Kostenrahmen.“
Auch das Konzept des CR-Monitors von Grundfos kommt mit vergleichsweise wenigen Sensoren aus: Das System überwacht, ausgehend vom Ist-Zustand bei der Neuinstallation, Abweichungen von der ursprünglichen Effizienz des Pumpensystems. Dazu konfiguriert sich der CR-Monitor selbst, ein Controller überwacht die in der Lernphase vor Ort aufgenommenen Werte. Sollte die Messung vom Referenzwert abweichen oder die vom Betreiber anwendungsspezifisch festgelegten Grenzwerte überschreiten, gibt der CR-Monitor frühzeitig eine Warnmeldung vor potenziellen Störungen aus – z.B. per Datenbus an eine Leittechnik, per SMS oder auch einfach per Signalleuchte. Bei der Ausgabe einer Warnmeldung beschränkt sich CR-Monitor nicht auf komplizierte Rohdaten, sondern liefert bereits eine konkrete Fehlerauswertung.
Ingo Landwehr von Grundfos beschreibt die künftige Entwicklung: „Der CR-Monitor wird sukzessive ausgebaut zur Nutzung durch weitere Pumpen. Dazu implementieren wir die Funktionalität der Störungsfrüherkennung direkt in unserem MGE-Motor. Wir greifen beispielsweise die Daten zu Lagerlebensdauer und Verschleiß der Dichtungen ab und signalisieren dem Betreiber, welche Ersatzteile er bestellen muss. Im Übrigen gehen wir davon aus, dass die Betreiber in der Prozessindustrie die Daten des Störungsfrüherkennungssystems in ihr Prozessleitsystem einspielen wollen, um sie dort zentral zu analysieren. Die Marschrichtung dazu ist ja durch das Konzept der Industrie 4.0 vorgezeichnet.“
Low-Cost-Lösung für Leitsystem
Siemens macht das mit dem Monitoring-Baustein „Pump Mon“ für das Prozessleitsystem Simatic PCS 7 bereits vor: Pump Mon dient zur Warnung vor Schäden an Kreiselpumpen bei ungünstigen Betriebszuständen, zur Früherkennung von sich anbahnenden Pumpenschäden und langfristig zur Optimierung der Pumpenauslegung durch statistische Auswertung der Betriebsdatenerfassung des Lastkollektivs. Der Baustein kann für elektrisch angetriebene Kreiselpumpen sowohl mit konstanter als auch mit variabler Drehzahl verwendet werden.
Dr. Thomas Müller-Heinzerling, Manager Chemical Industry Technology & Concepts: „Der Grundgedanke bei der Entwicklung unseres Pump Mon war, ein sehr kostengünstiges Diagnosesystem für Kreiselpumpen anbieten zu können. Dazu werden bereits aus dem Prozess bekannte Daten im Prozessleitsystem genutzt – also die Leistungsaufnahme, der Durchfluss und der Druck über der Pumpe. Durch die Auswertung dieser Informationen mit einer speziellen Software kann der Betreiber erkennen, ob seine Pumpe gesund ist oder eben nicht. Sind die relevanten Sensoren bereits im Prozess installiert, muss der Betreiber nur die entsprechende Software installieren – die Lizenzkosten hierfür betragen einen Bruchteil einer typischen Hardwarelösung und liegen deutlich unter 200 Euro.“
Aufwändige Überwachung von Verdrängerpumpen
Auch bei einer technisch ausgefeilten Verdrängerpumpe wie der Multisafe von Feluwa greifen Betreiber regelmäßig zu zusätzlichen, hochwertigen Überwachungseinrichtungen, wie Daniel Hagnbuchner, Regional Sales Manager Afrika, Nord- und Südamerika, berichtet: „Zur Störungsfrüherkennung bei unseren Pumpensystemen bieten wir verschiedene Systeme an – beispielsweise ein akustisches System, das den Verschleiß an Förderventilen anzeigt. Wichtig ist auch ein System, das mögliche Schäden an der Membrane signalisiert, bevor Fördermedium in den Hydraulikbereich der Pumpe eindringen kann. Weil unsere Pumpen in aller Regel in sensiblen Produktionsbereichen betrieben werden, greifen viele Kunden auf diese Störungsfrüherkennungssysteme zu – das sind mittlerweile schätzungsweise mehr als 4000 Installationen.“
In aller Regel sind das Betreiber von Prozessen, die man nicht ohne größere Probleme einfach stoppen kann – wie in der Kohlevergasung die Beschickung eines Vergasers. Oder wenn bei einem Minenbetrieb über mehrere Kilometer ein Feststoff-Slurry zu fördern ist – bleibt hier die Pumpe unerwartet stehen, ist die ganze Pipeline gefährdet. Mit einer Störungsfrüherkennung könne der Betreiber durchaus auf die Sicherheit einer redundanten Pumpeninstallation verzichten, so Hagnbuchner.
Die wahrscheinlichsten Störquellen von Prozess-Membranpumpen sind, abhängig vom Einsatz, die Fluidventile, die dynamischen Dichtungen – z.B. Kolbenabdichtung – im Hydraulikteil des Pumpenkopfes und natürlich die Membran selbst. Insbesondere bei großen Leistungen, hohen Drücken über 150 bar und hohen Kosten für Stillstände von Anlagen haben Überwachung und Schadensfrüherkennung einen entsprechenden Stellenwert für den Betreiber der Anlage.
Um im Dauerbetrieb Kostenvorteile zu erzielen, müssen die entsprechenden Parameter über das Monitoring-System erfasst und analysiert werden, wie Joachim Bund, Verkaufsleiter Process Industry & Downstream bei Lewa, erläutert: „Mit unserem Störungsfrüherkennungssystem analysieren wir im Wesentlichen die Parameter Körperschall, Druck und Temperaturen. Es gibt zwei Ausführungen des Systems: Ein kostengünstiges Ampelsystem – Lewa CMS – für den Betreiber, mit dem er auf einen Blick den Zustand seiner Pumpe erkennt. Echtzeit-Angabe der Ursache erleichtert dem Betreiber die Analyse und Festlegung weiterer Maßnahmen. In einer weiteren Ausbaustufe werden die Daten einem anwendungsspezifischen Analysesystem zugeführt. Eine Option besteht auch darin, dass Lewa-Experten per Datenleitung und nach Absprache mit dem Kunden Zugriff auf die Daten der jeweiligen Pumpe haben.“
Während die relevanten Parameter derzeit noch durch mechanisch installierte Sensoren erfasst werden, könnten diese Sensoren zukünftig im Zuge der Industrie 4.0-Umsetzung bereits in der Pumpe integriert sein, erwartet Bund.
Leckagefrei, aber nicht wartungsfrei
Bei bestimmungsgemäßer Verwendung sind hermetische Kreiselpumpen mit Spaltrohrmotor hydrodynamisch (radial) und hydraulisch (axial) ausgeglichen und somit verschleißfrei. Doch wird Axialschubausgleich von der Betriebsweise der Pumpe, durch Anlagenverhältnisse und durch unterschiedliche physikalische Eigenschaften des Fördermediums beeinflusst. Zur frühzeitigen Er- kennung einer Fehlerquelle empfiehlt sich eine Rotor-Positionsüberwachung.
Dr. Andreas Wolf beschreibt die Lösung von Hermetic: „Unser Störungsfrüherkennungssystem MAP misst induktiv die axiale Verschiebung der Motorwelle. Wenn das System auf den Anwendungsfall kalibriert ist, hat der Betreiber damit einen entscheidenden Parameter, um schwerwiegende Schäden an der Pumpe frühzeitig ausschließen zu können. Um es anders auszudrücken: Wenn unsere Pumpe optimal am Betriebspunkt läuft, ist der Verschleiß gleich null.“ Betreiber in der chemischen Industrie nutzen bei etwa zehn Prozent der dort installierten Pumpen von Hermetic dieses Störungsfrüherkennungssystem – in aller Regel sind das Betreiber von kritischen Prozessen.
Störungen können selbstverständlich auch bei Magnetkupplungspumpen nicht ausgeschlossen werden, wie Carsten Holldack, Verkaufsleiter Pumpen Europa bei Richter Chemie-Technik, erläutert: „Unser Störungsfrüherkennungssystem basiert auf der im Spalttopf integrierten, berührungslosen Messung von Temperatur, Drehzahl und Drehmoment – aufgrund dieser Daten berechnen wir die Leistung und wissen, wo sich die Pumpe in ihrem Kennfeld bewegt. Heute rüsten wir etwa fünf Prozent – mit rapide steigender Tendenz – unserer Heavy-Duty-Pumpen der Baureihe MNK mit einem solchen System aus. Während die Betreiber das Störungsfrüherkennungssystem zunächst überwiegend bei kontinuierlichen Prozessen eingesetzt haben, sehen wir mittlerweile durch den höheren Komfort bei der Bedienung auch Applikationen bei Batch-Prozessen. Die Akzeptanz im Markt wächst kontinuierlich.“
Günstige Möglichkeit für unkritische Prozesse
Sensoren zur Überwachung von Temperaturen, Drücken, Körperschall und die Position der Wellenlager: Für besonders teure Pumpen oder wenn der Produktionsprozess unter keinen Umständen unterbrochen werden darf, bieten sie die bestmögliche Sicherheit vor einem ungeplanten Stillstand der Förderung. Für weniger kritische Einsätze haben insbesondere Kreiselpumpen-Hersteller mit dem Parameter Energieeffizienz einen deutlich kostengünstigeren Weg zur Überwachung ihrer Pumpen gefunden. Wenig überraschend ist, dass Industrie 4.0 beim Thema Störungsfrüherkennung schon heute konzeptionell einbezogen wird.
* Der Autor ist freier Mitarbeiter der PROCESS. Kontakt: redaktion@process.de
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