Anlagen-/Apparatebau/Technische Gase FDA-Standards erfüllen

Redakteur: Redaktion PROCESS

Um an Ferring Pharmaceuticals hochreinen pharmagerechten Stickstoff zur Inertisierung der Prozesse liefern zu dürfen, musste die Westfalen AG das gesamte maßgeschneiderte Versorgungskonzept nach internationalen Standards validieren und qualifizieren. Die Qualitätssicherungsmethode gewinnt zunehmend auch für Gasehersteller an Bedeutung, wie der folgende Beitrag zeigt.

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Um an Ferring Pharmaceuticals hochreinen pharmagerechten Stickstoff zur Inertisierung der Prozesse liefern zu dürfen, musste die Westfalen AG das gesamte maßgeschneiderte Versorgungskonzept nach internationalen Standards validieren und qualifizieren. Die Qualitätssicherungsmethode gewinnt zunehmend auch für Gasehersteller an Bedeutung, wie der folgende Beitrag zeigt.

Ferring Pharmaceuticals, ein weltweit tätiges pharmazeutisches Unternehmen, identifiziert, entwickelt und vertreibt innovative Produkte für die Reproduktionsmedizin, Urologie, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Endokrinologie und Geburtshilfe. Teil dieser internationalen Gruppe ist die in Kiel beheimatete Ferring GmbH. Diese stellt als Produktionsgesellschaft hochwirksame peptidische Arzneimittelbereitungen mittels aseptischer Verfahren her.

Als Technologien kommen Mikroverkapselung und Lyophilisation zum Einsatz. Sämtliche aseptische Produkte und Prozesse sind nach den strengen internationalen Standards für die pharmazeutische Industrie ausgelegt und geprüft. Diese Standards gewährleisten höchste Anwendungssicherheit und Patientenfreundlichkeit. Um hochreinen pharmagerechten Stickstoff zur Inertisierung der Prozesse liefern zu dürfen, musste Westfalen das gesamte maßgeschneiderte Versorgungskonzept nach internationalen Standards validieren.

Masterplan und Lastenhefte

Zunächst wurde von Ferring ein Masterplan als übergeordnetes Dokument aller Validierungs- und Qualifizierungsaktivitäten erstellt. In den Lastenheften legte Ferring dann unter Einhaltung der zu berücksichtigenden rechtlichen Gegebenheiten alle verfahrens-, produkt- und qualitätsrelevanten Anforderungen an die für den Herstellungsprozess benötigten Anlagen fest. Zudem wurden die Einflussgrößen auf die Produktqualität (Risikoanalyse) untersucht. Dazu wurde zu Beginn der Planung der Herstellungsprozess unter Berücksichtigung der einzelnen Schritte und der Anlagenklassen in Teilanlagen unterteilt.

Für die Qualifizierung waren die Teilanlagen zu ermitteln, in denen die Produktqualität beeinflusst werden kann. Das übergeordnete Dokument für die Qualifizierung aber ist der Qualifizierungsplan – erstellt vom Projektleiter von Ferring. Hier wurden u.a. alle produktqualitätsrelevanten Teilanlagen benannt.Die in den Lastenheften definierten Anforderungen an die Anlagenklassen wurden in der Planung der einzelnen Teilanlagen umgesetzt. Die gesamten aus der Planung hervorgegangenen Dokumente waren Bestandteil der Pflichtenhefte. Diese Pflichtenhefte mussten von Westfalen als Lieferant des pharmazeutischen Stickstoffs und der Gaseversorgungseinrichtungen vollständig umgesetzt werden.

Im ersten Qualifizierungsschritt, der Design Qualification, wurden die Inhalte der Pflichtenhefte mit den Anforderungen aus den Lastenheften verglichen. Für die zu qualifizierenden, von Westfalen gelieferten Teilanlagen waren während der einzelnen Qualifizierungsschritte (DQ, IQ, OQ) Prüfungen durchzuführen.Die einleitende Prüfung der Installation Qualification (IQ) war die Güteprüfung. Hier musste die Umsetzung der im Auftrag und in den Fertigungszeichnungen angegebenen Apparateeigenschaften bei den Vorlieferanten von Westfalen kontrolliert werden.

Durch die Wareneingangsprüfung wurde dann kontrolliert, ob das Equipment in ordnungsgemäßem Zustand geliefert worden war. Nach abgeschlossener Montage der Anlage wurde die Installation geprüft und mit den Vorgaben des Pflichtenheftes verglichen. Grundlage dafür waren das R&I-Fließbild und die dazugehörigen Stücklisten.

Um die Installationsprüfung erfolgreich durchzuführen, mussten von Ferring oder von Westfalen für wünschenswert gehaltene Änderungen gekennzeichnet und nach festgelegtem Prozedere in die ursprünglichen Unterlagen eingearbeitet werden. Nach erfolgreicher Prüfung erhielt das R&I-Fließbild den Vermerk „as built“.

Audit und Übergabe

Voraussetzung für die Durchführung der Operational Qualification (OQ) war die abgeschlossene Design and Installation Qualification. Im Rahmen der OQ wurde die Funktionsfähigkeit der Anlage ohne gleichzeitige Herstellung des Produktes getestet. Hierzu mussten Funktionsprüfungen und Placebofahrten durchgeführt, aufgetretene Fehler in Reports festgehalten und nach vorgegebenem Prozedere beseitigt werden.

Für die erfolgreiche Anlagenqualifizierung war der Nachweis zu erbringen, dass alle für den Anlagenbetrieb zuständigen Mitarbeiter geschult worden sind. Alle Schulungen zur Gaseversorgungsanlage wurden vom Autor als zuständigem Projektingenieur von Westfalen vorgenommen. Inhalt, Schulungsleiter und Teilnehmer wurden in einem Schulungsnachweis erfasst.

Zum Abschluss der Qualifizierung erstellten die Beteiligten einen Qualifizierungsbericht, in dem die Verantwortlichkeiten (Qualifizierungsteam, Qualifizierungsmitarbeiter), die Zusammenfassung und Bewertung der Untersuchungsergebnisse, die Auflistung der Restarbeiten sowie eine Empfehlung zur Freigabe enthalten sind. Vor dem endgültigen Abschluss der Qualifizierung hatte die Abteilung Qualitätskontrolle von Ferring noch ein internes Audit durchzuführen.

Stichprobenartig wurde dabei die Einhaltung der FDA-Anforderungen überprüft und schriftlich festgehalten. Die geringfügigen Mängel an der Anlage wurden vor der Übergabe beseitigt. Dazu gehörten u.a. fehlende oder nicht der Nomenklatur entsprechende Betriebsmittelkennzeichnungen. Die Qualifizierung endete mit der Übergabe der Anlage an den Betriebsleiter von Ferring. Auch das wurde dokumentiert. Erst dann folgte die Performance Qualification, die von Ferring mit der Prozessvalidierung durchgeführt wurde.

Die FDA fordert einen dokumentierten Nachweis darüber, dass der Prozess dauerhaft ein Produkt liefert, das den festgelegten Anforderungen und Qualitätsparametern entspricht. Das wiederum erfordert eine umfangreiche Anlagendokumentation. Dazu ist eine Dokumentationssystematik unerlässlich, um jederzeit den Zugriff auf alle zu einer Produktionsanlage gehörenden Dokumente zu gewährleisten. Um deren Aktualität sicherzustellen, wurden einzelne Mitarbeiter zur Pflege der Dokumente bestimmt. Die Gesamtdokumentation ist in fünf Kapitel aufgeteilt:

  • Planungsgrundlagen;
  • Genehmigungen von Behörden, Immissionsschutz;
  • Dokumentation teilanlagenübergreifend;
  • Dokumentation nach Teilanlagen;
  • Qualifizierungsdokumentation.

Für die Zukunft gilt, dass Änderungen der Anlage, die Auswirkungen auf die Produktqualität haben, eine erneute Validierung und Qualifizierung nach sich ziehen. Die FDA fordert dazu in der „Guideline on General Principles of Process Validation“ ein Qualitätssicherungssystem, das Prozessänderungen (z.B. Änderungen bzgl. Verpackung, Ausrüstung, Herstellung) auf eine erforderliche Revalidierung prüft. Dieses Change Control System ist Voraussetzung für die Aufrechterhaltung des Validierungsstatus sowie der Compliance mit den Zulassungsunterlagen.

Für die exportorientierte deutsche Industrie – gerade auch für die mittelständischen Unternehmen – wird es immer wichtiger, die Wettbewerbsfähigkeit durch Übernahme international geltender Standards zu sichern. Insbesondere die Pharma-Industrie ist als hochmoderner und innovativer Wirtschaftszweig, der über großes Wachstumspotenzial verfügt, in besonderem Maße gefordert, solche Standards zu erfüllen.

Die gute Zusammenarbeit von Westfalen und Ferring ermöglichte es, die Zeit von der Planung bis zur Realisierung der Gaseversorgungsanlage und damit den gesamten Validierungs- und Qualifizierungsprozess gemäß FDA unter Einhaltung der GMP-Regeln signifikant zu verkürzen. Allein die Dokumentation des Projektes bei Westfalen umfasst rund 600 Seiten.

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