Herstellung pharmazeutischer Pellets Die wichtigsten Verfahren zur Pelletherstellung

Autor Anke Geipel-Kern

Die Renaissance der Pellets treibt innovative Technologien voran. Formulierungen, die auf Pellets basieren, liegen in den letzten Jahren im Trend. Neue Technologien ermöglichen es, Schutzrechte an Wirkstoffen zu umgehen und stehen bei den Pharmakunden deshalb hoch im Kurs. Welches sind die wichtigsten Verfahren?

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Pefekte Pellets liefert das CPS-Verfahren.
Pefekte Pellets liefert das CPS-Verfahren.
(Bilder: Glatt)

Pellets sind die Tausendsassas unter den festen Darreichungsformen. Angesiedelt irgendwo zwischen Pulver und Granulat, machen sie bittere Medizin verträglich und befriedigen in phantasievollen Darreichungsformen, sogar den Spieltrieb von Kindern.

Bekanntestes Beispiel ist der Xstraw, ein als Trinkhalm gestaltetes, mit Wirkstoffpellets gefülltes Kunststoffröhrchen, durch das Kinder oder ältere Menschen die Medizin mit Wasser aufsaugen können. Auch als Pellets in Tabletten – Zwitterwesen, welche die Vorteile von Pellets und Tabletten kombinieren, machen sie Furore.

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MUPS und mehr

Vorreiter für die Entwicklung der, kurz MUPS (Multiple Unit Pellet System) genannten Formulierung, war 1999 Astra Zeneca. Der Schachzug der Galeniker, den Protonenpumpenhemmer Omeprazol in Mikropellets einzubinden und in einer schnellzerfallenden Tablette zu verpressen, wurde damals preisgekrönt.

Die Entwicklung von MUPS und Xstraw steht für die Triebkräfte, welche in den letzten Jahren die Pellettechnologie befeuert haben. „Neue Hilfsstoffe, Coatingmaterialien und weiterentwickelte Prozesse erlauben es, sowohl Patentlaufzeiten für Wirkstoffe zu verlängern als auch Darreichungsform attraktiver zu gestalten“, erklärt Klaus N. Möller, Leiter Business Development bei Glatt in Binzen.

Die Zahl der jährlich angemeldeten Patente für pelletbasierte Formulierungen sei exponentiell gestiegen und dieser Trend werde weiter anhalten. Marktzahlen des Marktforschungsinstituts IMS Health zufolge, wächst der OSD-Markt (Oral Solid Dosage Forms) mit sechs bis acht Prozent pro Jahr und auch die Zahl der von der FDA zugelassenen Arzneimittel spiegelt diesen Trend: 2015 waren mehr als die Hälfte Solida-Produkte.

Die Kugel ist das Ideal

Pellets – von Pharmaziepapst Prof. Dr. Peter Kleinebudde als isometrische Agglomerate von Pulverpartikeln von annähernd kugeliger oder zylindrischer Form definiert – sind ein Fall für Perfektionisten. Je glatter und runder, desto besser können die Teilchen ihre Aufgabe erfüllen.

Apparatebauer Glatt und die Spezialisten von Pharmaceutical Services treibt das Thema Pellets seit Jahren um. Prinzipiell gibt es zwei Methoden zur Herstellung von Wirkstoffpellets: die Direktpelletierung, bei der sich die Pulverkomponenten aus Wirk- und Hilfsstoff in einer Matrix zusammen fügen und das Wirkstoff-Layering mittels Side-Spray- oder Wurster-Technologie, bei dem der Wirkstoff auf einen Starterkern aus Zucker oder mikrokristalliner Cellulose aufgetragen wird.

Eine interessante Verfahrensvariante für Matrix-Pellets ist die Extrusion von Feuchtgranulat im Basketex­truder und anschließender Rundung im Spheronisierer. Möller erläutert: „Durch eine kontinuierliche Nassgranulation mit nachgeschalteter Extrusion, Rundung und Trocknung gibt es heute die Möglichkeit, diesen Prozess kontinuierlich zu betreiben. Die so hergestellten Wirkstoff-Pellets könnten danach mit funktionellen Coatings versehen werden, weiterhin kontinuierlich mit Hilfsstoffen vermischt, und zu einer MUPS-Tablette direkt verpresst werden. Die Herausforderung liegt darin, dass es nicht zu einer Entmischung der Bestandteile kommt und die Pellets während des Verpressens nicht zerstört werden.“

Finetuning für Pelletverfahren

Glatt hat alle bekannten Verfahren zur Granulation und Pelletherstellung im Portfolio und im Verlauf der vergangenen Jahren weitere Verfahrensvarianten entwickelt, die dem Pelletprozess noch einmal ein „Finetuning“ verpassen und darüber hinaus auch eine Reihe neuer interessanter Möglichkeiten für das Lifecycle-Management von Wirkstoffen eröffnen.

Aber was unterscheidet Granulat- von Pelletherstellung? Pharmazeutisch gesehen sind beide eng zwar verwandt, doch die Partikelform trennt die beiden: Die Kugelform ist der Idealzustand des Pellets. Verfahrenstechnisch gibt es durchaus Gemeinsamkeiten.

„Die Wirbelschicht kann man sowohl für Granulierverfahren als auch für den Pelletaufbau verwenden. Wir konfigurieren deshalb Wirbelschichtanlagen auf Wunsch als Multipurposeanlagen, die dann auch kontinuierliche Pelletherstellung erlauben. Die einzelnen Prozessmodule für Direktpelletierung mit der Rotor-Technologien, für Wirkstoff-Beschichtung und Coating von Pellets mit der Wurster-Technologie oder für eine einfache Trocknung von Feuchtgranulaten können modular je nach Bedarf ausgetauscht werden,“ erkärt Möller.

In der Praxis wird seit vielen Jahren das Wurster-Verfahren genutzt: Das ist ein Wirbelschicht-​Bottomspray-Verfahren bei dem Starterkerne mit einer Wirkstoffschicht oder die so entstandenen Wirkstoffpellets mit einem funktionellen Coating besprüht werden.

Robust aber langwierig

„Das Verfahren ist robust und aufgrund seiner Prozessstabilität generell der populärste Pellet-Prozessor“, betont Möller, allerdings auch langwierig, was vom Betreiber eine Menge Geduld erfordert.

Prozesse können – je nach der Rezeptur der Pellets – acht bis zehn Stunden dauern. Das Verfahrens-Know-how besteht darin, die Herstellprozesse mit Blick auf Effizienz und Zeiten zu optimieren. Außerdem empfiehlt Möller, sich rechtzeitig bei der Entwicklung der Pellet-Formulierung und des Herstellprozesses Hilfe von Experten zu holen: „Das hilft, Fehler zu vermeiden und Prozessdauer sowie Herstellkosten von Anfang an im Blick zu haben.“

Wie man etablierten Prozessen den Feinschliff verpasst, haben die Entwickler von Glatt beim Wirbelschichtagglomerationsverfahren Micropx demonstriert. Der Trick des Kontiverfahrens, ausgetüftelt in den Laboren der Pharmaceutical Services in Binzen: Zunächst wird die Wirkstoff-Hilfsstoffflüssigkeit im Wirbelbett zu einem sehr feinen Produktstaub sprühgetrocknet und zu winzigen Primärpartikeln agglomeriert.

Schichtweise bauen sich dann die Mikropellets bis zur gewünschten Größe auf. Herzstück der Technologie ist ein klassifizierender Zickzacksichter, der Partikel mit der passenden Korngröße über Luftsichtung kontinuierlich aus dem Prozess ausschleust, während noch zu kleine Teilchen in die Prozesskammer zurückgeführt und dort weiter aufgebaut werden. „Auf diese Weise entsteht ein hochdosiertes Wirkstoffpellet im Größenbereich von 100 bis 400 Mikrometern bei sehr enger Korngrößenverteilung mit Wirkstoffgehalten von regelmäßig 90 bis 95 %“, erläutert Möller.

Schlucken einfach gemacht

Damit ist eine wesentliche Einschränkung von früher vom Tisch: lange Zeit war nämlich bei gleicher Dosis und Rezeptur das Volumen einer mit Pellets gefüllten Kapsel größer als das einer entsprechenden Tablette – und damit deutlich schwerer zu schlucken.

Auch der Geschmack wird durch die Mikroverkapselung, die bitteren Wirkstoffe in geschmacksneutrale Mikropartikel verwandelt, deutlich besser. Zu MUPS-Tabletten oder Tabletten, die bereits im Mund zerfallen, können die Mikropellets ebenfalls verpresst werden. Pharmaunternehmen finden das Verfahren vor allem deshalb spannend, weil Micropx völlig neue Formulierungen ermöglicht und deshalb eine Umgehung der Schutzrechte erlaubt.

Auch dem Geheimnis des perfekten Pellets sind die Technologieexperten auf der Spur gekommen. Die Lösung liefert die Complex Perfect Spheres Technology. Hinter dem Kürzel CPS verbirgt sich ein aufgepepptes Rotorwirbelschichtverfahren, das mittels Direktpelletierung funktionalisierte Pellets und Mikropellets mit perfekter Rundung und Oberfläche liefert.

Im Unterschied zur den klassischen Rotortechnologie arbeitet bei der modifizierten Technologie eine konisch geneigte, rotierende Scheibe, die eine gerichtete Partikelbewegung und einen definierten Endpunkt der Pelletierung ermöglicht. Ergebnis sind perfekt gerundete Pellet, die über exakt definierte Größen zwischen 100 und 1500 Mikrometern bei extrem enger Größenverteilung verfügen. Auf diese Weise entstehen auch die von Ingredientpharm, Tochter der Glatt Gruppe, vertriebenen Cellets aus mikrokristalline Cellulose, die sich als Trägerkerne für Pellets und z.B. im Wurster-Verfahren eingesetzt werden können – womit sich der Formulierungskreislauf geschlossen hat.

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