Reinraumtechnik Die komplette Reinraumtechnik auf 130 m2

Redakteur: Anke Geipel-Kern

Viel Technik auf kleinstem Raum – das waren die Anforderungen an die GMP-gerechte Fertigung von Zytostatika in einer Klinik. Besonders trickreich war die Ausstattung des Reinraumes mit verschiedenen Differenzdruckwerten.

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Das Metallklemmkassettensystem bleibt bis zum endgültigen Abschluss der Inbetriebnahmearbeiten teilgeöffnet und wird nach Abschluss der Arbeiten mit Reinraumsilikon versiegelt.
Das Metallklemmkassettensystem bleibt bis zum endgültigen Abschluss der Inbetriebnahmearbeiten teilgeöffnet und wird nach Abschluss der Arbeiten mit Reinraumsilikon versiegelt.
(Bild: Wisag)

Moderne Krankenhausapotheken und Kliniken übernehmen immer häufiger auch die Herstellung von Zytostatika, um individuell zugeschnittene Arzneimittel für ihre Patienten herzustellen. Die Lübbener Spreewaldklinik, einer der Standorte des Klinikums Dahme-Spreewald, verfügt seit Anfang Februar dieses Jahres über eine neue, zweigeschossige Krankenhausapotheke, die einen 130 m2 großen Reinraum für die sterile Herstellung von Arzneimitteln, u.a. Zytostatika, beherbergt.

Die Wisag, einer der führenden deutschen Industriedienstleister, war als Generalunternehmer für den gesamten Reinraumausbau der Krankenhausapotheke zuständig. Mit dabei: Mitarbeiter der Wisag Gebäude- und Industrieservice Mitteldeutschland, Niederlassung Dresden.

„Reinraumtechnologie ist im Gesundheitswesen ein wichtiges Werkzeug zur Qualitätssicherung. Nur mit sterilen Räumen sind die hohen Hygiene- und Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Für die vorgesehenen pharmazeutischen Prozesse im Klinikum wurde der Reinraum gemäß den EU-GMP-Richtlinien gebaut. Eine besondere Herausforderung bei diesem Projekt war die Ausstattung des Raumes mit verschiedenen Differenzdruckwerten,“ erklärt Frederic Irmscher, zuständiger Projektleiter bei der Wisag.

Hierzu müssen die einzelnen Abteilungen des Reinraumes vollkom-men abgeschlossen und die Regelungs-technik 100-prozentig darauf abgestimmt sein. Hinzu kommt, dass der Reinraum im Verhältnis zur gesamten Fläche der Krankenhausapotheke relativ klein ist, dennoch aber sehr viel technische Ausstattung benötigt. Dies alles unterzubringen, sei die größte Schwierigkeit für die Mitarbeiter gewesen.

Großer Aufwand für einen kleinen Raum

In viermonatiger Projektarbeit haben die Wisag-Spezialisten den Reinraum der Klinikumsapotheke errichtet – u.a. mit einer neuen Reinluftanlage, die die Außenluft konditioniert. Die Anlage kühlt, be- und entfeuchtet bzw. erwärmt die Luft und bringt diese über Filterzuluftauslässe in den Reinraum. Für die in der Druckkaskade benötigten Überdrücke in den Räumen wird mehr Zuluft als Abluft in die Räume gefördert. Die Druckkaskade muss unter allen Betriebszuständen aufrecht gehalten werden. Dafür wurde eine komplexe Regelungsanlage sowie eine autarke Überwachung (Monitoringsystem) durch die Spezialisten der Wisag installiert.

Die Frischluftanlage stellt den hygienisch notwendigen Außenluftwechsel sowie die Zuluftzufuhr für die Überdruckhaltung sicher. Für den notwendigen erhöhten Luftwechsel werden so genannte FFU-Einheiten eingesetzt, die die Luft über Filter im Umluftbetrieb reinigen. Mit dieser Lösung können erhebliche Betriebs-kosten gespart werden.

Hierbei ist darauf zu achten, dass in Zytostatika-Herstellungsräumen ein Umluftbetrieb aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt ist. Die Räume werden komplett mit Zu- und Abluft versorgt. Laut GMP-Richtlinien muss die lufttechnische Anlage in Herstellungsräumen der Reinheitsklasse B in einer Stunde etwa 60 mal die gesamte Laborluft filtern.

Zytostatika-Werkbänke gewährleisten absolute Keimfreiheit während des Herstellungsprozesses der Krebsmittel, die bei den Patienten innerhalb der nächsten 120 Minuten zur Anwendung gebracht werden müssen. Die Angestellten der Krankenhausapotheke müssen sich viermal umkleiden, waschen, desinfizieren sowie spezielle Reinraumkleidung anziehen.

Ein Monitoring-System überwacht kontinuierlich den Luftdruck, die Temperatur, die Feuchtigkeit und die Anzahl der Keime und Partikel in der Luft. Hierfür wurden Temperatur und Feuchtefühler im Reinraum sowie Partikelsensoren in den Arbeitswerkbänken installiert. Die einzelnen Parameter müssen auf einem Rechner bzw. Datenlogger manipulationssicher gespeichert und als Chargennachweis für die Produkte mindestens zehn Jahre archiviert werden.

Auch individuelle Anforderungen werden erfüllt

Die neue Krankenhausapotheke wird ab Februar diesen Jahres 13 Krankenhäuser mit rund 2500 bis 3000 Betten versorgen. „Die Apotheke unseres Klinikums stellt sicher, dass die speziellen Arzneimittel rechtzeitig, in präziser Menge, in einwandfreier Qualität am richtigen Ort zur Verfügung stehen, um einen bestmöglichen Heilungsprozess unserer Patienten zu gewährleisten“, so Jürgen Schulte, Prokurist und Leiter Facility Management der Klinikum Dahme-Spreewald.

Das Spektrum reicht dabei von der individuellen Arzneimittelberatung über die Einzelanfertigungen von Präparaten, die industriell nicht verfügbar sind bis hin zur Versorgung vieler Krankenhäuser in Brandenburg, Sachsen und auch Berlin. In der neuen Krankenhausapotheke sollen pro Jahr etwa 8000 Krebsmedikamente unter aseptischen Bedingungen hergestellt werden. Insgesamt investierte die Klinik 1,2 Millionen Euro in den neuen Reinraum und insgesamt mehr als fünf Millionen Euro in den Neubau der Krankenhausapotheke.

Bei der Herstellung von Zytostatika gelten strenge Richtlinien. So muss die Produktion der Arzneimittel zur Krebstherapie sowohl den Bestimmungen des Arbeitsschutzes, als auch den pharmazeutischen Standards genügen. Unter die Herstellung fallen hier alle Bearbeitungsvorgänge bis zum Erreichen einer anwendungsfertigen Darreichungsform. Darüber hinaus muss die Zahl von Partikeln und Keimen in der Luft noch niedriger sein als in Operationssälen für besonders infektionsgefährdete Bereiche. Sicherheit für die Patienten und Schutz des Personals ist hier das oberste Gebot.

Da der Anteil individualisierter Krebstherapien stetig zunimmt, wird auch zukünftig die Nachfrage nach Krankenhausapotheken in Deutschland steigen. Außerdem sind diese ein wirtschaftliches Instrument zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Kliniken. Denn nur eine technisch hochwertig ausgestattete Krankenhausapotheke spart langfristig gesehen Personal- und Betriebskosten.

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